Amtsgericht Erding:Weiter unter Hochdruck

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Die Amtsgerichtsdirektorin Ingrid Kaps zieht Bilanz und weist auf die Leistungsfähigkeit ihres Teams hin. Neun Richterstellen sind derzeit nicht besetzt, aber das ist nicht das einzige Problem

Von Philipp Schmitt, Erding

"Wir haben bisher Glück gehabt und sind ganz gut durch das Corona-Jahr gekommen." Das sagte die Amtsgerichtsdirektorin Ingrid Kaps bei der Jahrespressekonferenz, bei der sie am Dienstag mit dem stellvertretenden Leiter und Pressesprecher Stefan Priller trotz der vielen Herausforderungen eine positive Jahresbilanz zog - auch wenn derzeit neun Richterstellen in Erding nicht besetzt sind. Beide hoffen, dass bald noch mehr Sitzung per Video abgehalten werden können. Laut Kaps hat es bisher keine Corona-Infektionen im Amt gegeben.

"Die Tatsache, dass das Amtsgericht die immense Arbeitsbelastung in angemessener Zeit bewältigt, ist auf die hohe Motivation und den Einsatz aller Mitarbeiter zurückzuführen", betonte Kaps. Das habe sich deutlich gezeigt. Zumindest zeitweise arbeiten die Richterinnen und Richter sowie die weiteren Mitarbeiter des Amtsgerichts im Homeoffice. Die Digitalisierung wurde intensiviert. Am Amtsgericht an der Münchner Straße herrscht jedoch Platzmangel, in vielen Büros arbeiten mehrere Mitarbeiter. Daher mussten neue Pläne für den Schichtdienst ausgetüftelt werden. Räume und Sitzungssäle wurden mit Desinfektionsmitteln und Hygieneschutzwänden ausstaffiert. Auch ein neues Lüftungskonzept gibt es am Amtsgericht. Wo es möglich war, seien Sitzungen als Videokonferenzen absolviert worden. Derzeit gibt es dafür im Amtsgericht eine Anlage, aber Kaps und Priller hoffen auf eine weitere, damit die mobile Konferenztechnik nicht mehr zwischen den Sitzungssälen hin und her transportiert werden müsse.

Um im Gerichtsgebäude Platz zu schaffen, ist die Nachlass-Abteilung in ein Haus am Gestütring umgezogen. Künftig soll auch das Betreuungsgericht dort arbeiten. Das Ziel, langfristig alle Abteilungen des Amtsgerichts wieder unter einem Dach zu bündeln, scheint wegen der Corona-Krise und den damit verbundenen finanziellen Belastungen des Bundes und der Länder in weite Ferne gerückt. "Derzeit ist das Geld dafür nicht da", hieß es. Auch die Justiz müsse ihren Beitrag leisten in diesen schwierigen Zeiten. Irgendwann soll es aber ein gemeinsames Gebäude für alle Abteilungen des Amtsgerichts geben.

Als erfreulich bezeichnete Kaps, dass die offene Richterstelle durch den Weggang der Richterin Lisa-Marie Kapser im Mai nachbesetzt werden kann. Derzeit arbeiten am Amtsgericht Erding 20 Richter, davon sind 13 Frauen. Der Altersdurchschnitt der Richter liegt mit 38 Jahren deutlich unter dem bayerischen Durchschnitt, der 46 Jahre beträgt. Ein Viertel der Erdinger Richter arbeitet Teilzeit, eine Richterin werde ihre Arbeitszeit im Mai aufstocken. Die Fluktuationsquote liegt mit 33 Prozent über den Landesdurchschnitt von 21 Prozent. Aber auch die Arbeitsbelastung der Erdinger Richter lag 2020 deutlich über dem Landesdurchschnitt. "Es fehlen uns neun Richter", sagte Kaps. Auch die Arbeitsbelastung der Rechtspfleger, Mitarbeiter der Geschäftsstellen und Wachtmeister sei hoch. In Erding bräuchte man in vielen Bereichen deutliche personelle Verstärkungen. Trotz der vielfältigen Belastungen sehen Kaps und Priller das Amtsgericht Erding aber auf einem gutem Weg in die Zukunft. Ende 2020 waren mit den Auszubildenden 114 Mitarbeiter am Amtsgericht Erding tätig, 88 Mitarbeiter sind weiblich, etwa die Hälfte der Mitarbeiter arbeitet Teilzeit, der Altersdurchschnitt liegt bei 43 Jahren.

Am Amtsgericht Erding wurden 2020 insgesamt 9077 Zivilsachen verhandelt (2019 waren es 8880), 1092 Familiensachen (1016), 519 Scheidungen (522), 283 Kindschaftsangelegenheiten (246), 84 Gewaltschutzsachen (80) und 1127 neue Strafbefehlsverfahren (1110). Anklagen vor dem Einzelrichter wurden 988 (1135) registriert, 190 Jugendrichterverfahren (187), 43 Schöffenverfahren 43 (63) und 37 Jugendschöffensachen (35), Haftrichter- und Ermittlungsrichter wurden 223 Mal tätig (598). Hier wirke sich aus, dass seit Mai Landshut zuständig sei. Weil der Flughafen von der Corona-Pandemie stark betroffen ist, lagen 2020 die Fallzahlen bei der Abschiebehaft mit 187 deutlich unter dem Vorjahr (324). Zurückgegangen sind auch die Ordnungswidrigkeiten; von 542 auf 435. Es wurden 1910 Betreuungsverfahren (1845) und 460 neue Betreuungsverfahren (569) verzeichnet, dazu 690 Unterbringungsverfahren (558) und 11408 neu eingereichte Grundbuchanträge (11332). Testaments- und sonstige Nachlasssachen gab es 2488 (2548).

© SZ vom 31.03.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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