Amtsgericht Erding:40.000 Euro "abgeschöpft"

Lesezeit: 2 min

Der Automat der Freisinger Postbank war manipuliert, Kunden wurden ungewollt um insgesamt 40.000 Euro erleichtert: Ein 29-Jähriger muss jetzt ins Gefängnis.

Florian Tempel

Ein 29 Jahre alter Mann aus Rumänien ist vom Amtsgericht Erding wegen seiner Beteiligung an einem sogenannten Skimming-Fall zu 18 Monaten Gefängnis ohne Bewährung verurteilt worden.

Über das Präparieren eines Geldautomaten der Postbank am Freisinger Bahnhof konnten Kriminelle insgesamt 40.000 abschöpfen. (Foto: dapd)

Mit Skimming - das ist das englische Wort für abschöpfen - ist das Präparieren von Geldautomaten mit elektronischen Geräten gemeint, um die auf EC-Karten gespeicherten Kontodaten und die PIN-Nummer eines Kontoinhabers auszuspionieren. Mit nachgemachten Magnetstreifenkarten wird dann später an anderen Geldautomaten Bargeld abgeräumt.

Der Angeklagte in Erding wurde schuldig befunden, bei Skimming-Attacken im Juni 2008 in Freising, die den Tätern durch Abhebungen in Italien und Rumänien 40.000 Euro einbrachten, zumindest Beihilfe geleistet zu haben. Die Überführung des Mannes gelang durch einen Fingerabdruck.

Anfang Juni 2008 war der Geldautomat der Postbank am Freisinger Bahnhofsplatz mehrere Tage lang von unbekannten Verbrechern mit Skimming-Geräten ausgerüstet worden. Am Eingang zum Automatenraum war über das Kartenlesegerät, das lediglich als Türöffner dient, unscheinbar ein zweites Gerät gebaut worden.

Mit dieser Apparatur wurden die Magnetstreifen der EC-Karten abgelesen und die darauf enthaltenen Kontodaten gespeichert. Am oberen Rand des Geldautomaten war eine ebenso unscheinbare Plastikleiste angebracht. In ihr befand sich ein Handy mit Kamera, das die Kunden beim Eintippen ihrer PIN-Nummern filmte.

Als das Ganze von einem aufmerksamen Kunden entdeckt wurde, waren die Skimminggeräte schon mehrere Tage im Einsatz. Der eigentliche Schaden wurde allerdings erst nach dieser Entdeckung angerichtet. Mit den Daten lassen sich Magnetkartenrohlinge codieren, mit denen sich zusammen mit der ausgespähten PIN-Nummer an jedem beliebigen Geldautomaten Geld abheben lässt.

Zwischen dem 14. und dem 30. Juni räumten Unbekannte in Italien und Rumänien von mehreren Dutzend Konten insgesamt 40.000 Euro ab. Experten vom Landeskriminalamt hatten derweil die in Freising verwendeten Geräte abmontiert und untersuchten sie genau.

Im Inneren des vorgebauten Kartenlesegerätes fanden sie auf einem Stückchen Isolierband, mit dem das elektronische Innenleben befestigt war, einen Fingerabdruck. Ein Abgleich mit der Datenbank der Polizei führte zu einem Treffer. Der Identifizierte war 2004 nach einem Diebstahl in Coburg von der dortigen Kripo erkennungsdienstlich behandelt worden.

Der 29-Jährige, der vor fünf Monaten in Rumänien festgenommen und nach Deutschland ausgeliefert worden war, beteuerte vor Gericht zwar, er habe nichts mit der Sache zu tun. Seine Ausrede - er musste ja irgendwie eine Erklärung für seinen Fingerabdruck auf dem Isolierband bringen - war jedoch nicht als besonders glaubhaft einzustufen:

Er behauptete, er habe Ende April einem ihm schon länger bekannten Autohändler einen Gefallen getan, indem er für ihn eine Tüte mit drei Plastikteilen von Rumänien nach Italien brachte - für 800 Euro Lohn. Um was es sich bei den Teilen handelte, habe er jedoch nicht gewusst.

Sie seien mit Klebeband umwickelt gewesen. Er habe aus Neugier das Klebeband abgemacht und dann anschließend wieder hingeklebt. Dabei müsse wohl sein Fingerabdruck auf das Klebeband gekommen sein. Und die wahren Täter müssten wohl später das Klebeband ein zweites Mal für die Montage der Elektronik verwendet haben.

Der Vorsitzende Richter Wolfgang Grimm sagte, es sei mehr oder weniger egal, ob diese "Story" stimme oder nicht. Entscheidend sei, dass der Angeklagte die Gerätschaften transportiert hatte. Der Transport war ja so großzügig entlohnt worden, dass er davon ausgehen musste, an strafbaren Handlungen beteiligt zu sein. Ergo habe er sich auch der Beihilfe zu den kriminellen Geldabhebungen schuldig gemacht.

© SZ vom 01.12.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: