Amtsgericht Erding:Auf die falsche Bahn geraten

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Geldstrafe wegen unerlaubten Drogenbesitzes wird zur Bewährung ausgesetzt

Von Gerhard Wilhelm, Erding

Vermutungen sind vor Gericht eher nicht erwünscht, aber nachdem der 30-jährige Angeklagte nicht selber zur Verhandlung erschienen war und deshalb keine Auskunft darüber gehen konnte, warum er Drogen nimmt, hatte der Polizist, der bei der Wohnungsdurchsuchung dabei war, einen Verdacht: "Er hat sich wohl mit den falschen Freunden eingelassen". Zur Verhandlung wegen unerlaubten Besitz von Betäubungsmitteln war nur sein Pflichtverteidiger gekommen. Sein Mandant ist nämlich stationär auf Therapie. Allerdings wegen Alkoholproblemen und dazu habe man bei ihm Borderline festgestellt. Geschützt hat es den 30-Jährgen aber trotzdem nicht vor einer Verurteilung, auch wenn es nur um geringe Mengen Amphetamin und Kokain-Amphetamingeschmisch handelte, um "Anhaftungen". Amtsrichterin Michaela Wawerla verurteilte ihn zu einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen zu je 15 Euro. Die muss er aber erst dann zahlen, wenn er die Therapie nicht schafft und innerhalb eines Jahres rückfällig wird. Deshalb muss er jeden Monat dem Gericht berichten, wie der Stand ist.

Gefunden wurden die "Anhaftungen" bei einer Wohnungsdurchsuchung am 26. April. Keine gewöhnliche Durchsuchung, denn die Polizei hatte dazu nach Aussage des Kriminalbeamten ein Unterstützungskommando (USK) angefordert, Spezialkräften der Polizei, da der 30-Jährige einen sogenannten Kampfhund besitzt und schon früher psychisch auffällig war. Der Angeklagte war dann aber gar nicht da, sondern mit dem Hund unterwegs. Anwesend waren nur die Eltern des 30-Jährigen. Der Kriminalbeamte beschrieb sie als "höflich, nett" und auf eine Durchsuchung des sehr sauberen, ordentlichen Elternhauses habe man verzichtet, da die beiden gesagt hätten, dass ihr Sohn im Gartenhaus wohnt und nur zum Essen rüber komme. Der Zustand des Gartenhauses sei vollkommen entgegengesetzt zum Elternhaus gewesen: unordentlich, vermüllt, voller Bierflaschen. An Drogenbesteck habe man dann Spuren der Drogen gefunden. "Gerade noch wiegbar", sagte der Polizist aus.

Warum ihr Sohn so auf die schiefe Bahn geraten sei, hätten sich seine Eltern auch nicht erklären können. Seine beiden Geschwister seien das Gegenteil. Einmal hätten sie ihm auch die ihm auferlegte Geldstrafe wegen mehrfacher Beleidigung bezahlt, damit er nicht ins Gefängnis muss.

Bei der Leibesdurchsuchung, als er mit seinem Hund vom Spaziergang zurück gewesen sei, fand man keine weitere Drogen. Der Angeklagte sei "sehr kooperativ" gewesen, sagte der Beamte. Daraufhin habe er ihm "ins Gewissen geredet". Er solle sich andere Freunde suchen und sich am besten eine Woche auf eine einsame Berghütte einquartieren, um über seine Drogensucht nachzudenken und davon wegkommen. Schließlich, so der Polizist, habe er doch alles. Offenbar hat es gefruchtet: er macht eine Therapie.

© SZ vom 29.11.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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