Amtsgericht Erding:Alkohol, Drogen und Gedächtnislücken

Lesezeit: 2 min

30-Jähriger kann sich an seinen Beitrag an einer gemeinschaftlichen Schlägerei kaum noch erinnern

Von Gerhard Wilhelm, Erding

Am Ende der Auseinandersetzung in einem Dorfener Asylbewerberheim hatte es den 30-jährige Angeklagten am schlimmsten erwischt. Er lag bewusstlos am Boden, hatte Schnittwunden am Rücken und am Hals und musste in ein Krankenhaus gebracht werden. Nichtsdestotrotz musste sich der Mann am Amtsgericht Erding wegen gefährlicher Körperverletzung verantworten. Ein Zeuge hatte gesehen, wie jener, bevor er selbst zu Boden ging, mindestens einmal mit der Faust zugeschlagen hatte. Der Angeklagte bestritt das nicht. Es könne schon sein, sagt er, er habe aber wegen eines Filmrisses kaum noch Erinnerungen. Der Angeklagte war mit 1,54 Promille Alkohol im Blut zur Tatzeit ziemlich betrunken und hatte zusätzlich auch noch Drogen konsumiert. Sein massiver Rausch wurde letztlich als mildernder Umstand berücksichtigt. Inklusiver zweier bereits zuvor erfolgter Verurteilungen wegen eines Drogendelikts und einer weiteren Körperverletzung verurteilte ihn Amtsrichter Björn Schindler zu einer Gesamtgeldstrafe von 1350 Euro.

Alles in allem war es ein schwieriges Verfahren und kaum möglich, herauszufinden, was an jenem Februartag tatsächlich vorgefallen war. Zu Beginn der Verhandlung hatte es das Gericht noch mit zwei Angeklagten zu tun gehabt. Das Verfahren gegen einen dritten, zunächst ebenfalls angeklagten Mann, war schon vorher abgetrennt worden, weil nicht bekannt ist, wo sich der dritte Mann aktuell aufhält. Der zweite Angeklagte beteuerte dann vehement, dass er überhaupt nicht nachvollziehen könne, warum er vor Gericht stehe. Er sei zum Zeitpunkt des handfesten Streits gar nicht in der Unterkunft gewesen und habe von der Schlägerei erst am nächsten Tag erfahren. Da dies vom einzigen erschienenen Zeugen bestätigte wurde, wurde das Verfahren gegen den zweiten Angeklagten folgenlos eingestellt.

Der eigentliche Geschädigte war nicht vor Gericht erschienen. So wie auch andere Zeugen des Vorfalls. Die Polizei hatte allerdings Probleme gehabt, die Personalien richtig aufzunehmen, da die verschiedenen Männer ähnlich klingende Namen hatten. Auch der Angeklagte hieß dann doch nicht so, wie es in der Akten von Richter Schindler vermerkt war. Sein Name sei bei der Ankunft in Deutschland vor drei Jahren von den Behörden falsch eingetragen worden, sagte der Angeklagte.

Wodurch die Schlägerei ausgelöst worden war, wurde in der Verhandlung nicht bekannt. Die Polizei vermutete einen Streit um ein Drogengeschäft. Die Unterkunft sei schon länger im Visier der Drogenfahnder. Der einzige Zeuge wusste indes nur zu berichten, dass an jenem Tag im Zimmer des Angeklagten viel Alkohol geflossen sei. Es habe Bier und Wodka gegeben. Und es sei ziemlich laut zugegangen, als er mal in dem Zimmer vorbeigeschaut habe. Definitiv habe aber nicht der Angeklagte den ersten Schlag gesetzt. Die Schlägerei habe der spätere Geschädigte mit einer anderen Person begonnen. Danach seien dann aber insgesamt vier Personen auf den Geschädigten losgegangen, darunter der Angeklagte. Der Geschädigte erlitt dabei einen Nasenbeinbruch und eine Schädelprellung. Der Zeuge sagte, er habe nur einen Schlag des Angeklagten ins Gesicht des anderen gesehen. Wer die drei anderen Täter gewesen sein, konnte er nicht zweifelsfrei sagen.

Vom Angeklagten war recht wenig zu erfahren. Er konnte sich nur noch erinnern, dass er und die anderen viel getrunken hatten und dass es irgendwie zu einem Streit kam. Sonst wisse er erst wieder, wie er im Krankenhaus aufgewacht sei.

Richter Schindler, der Anwalt des Angeklagten und die Staatsanwältin einigten sich letztlich auf einen mildes Strafmaß, da der Angeklagte ja doch geständig war, auch wenn er nicht mehr viel wusste. Ein Schlag sei nicht nichts, sondern ein Beitrag zur gemeinschaftlichen und somit gefährlichen Körperverletzung, egal, ob der Angeklagte ebenfalls im Krankenhaus gelandet sei.

© SZ vom 04.06.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: