Amtsgericht Ebersberg:Dicke Nase, dicke Strafe

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Faustschlag gegen neue Freundin ihres Mannes endet mit Anzeige

Von Wieland Bögel, Ebersberg

"Schauen Sie mich an, ich bin doch körperlich gar nicht in der Lage, jemandem das Nasenbein zu brechen". In der Tat sieht die zierliche Frau auf der Anklagebank des Ebersberger Amtsgerichts nicht aus wie eine brutale Schlägerin. Dort sitzt die 31-Jährige, weil sie der neuen Freundin ihres Noch-Ehemannes mindestens einen so heftigen Faustschlag auf die Nase verpasst haben soll, dass diese brach.

Eine Tatsache, die kurioserweise erst durch die Angeklagte selbst Thema der Verhandlung wurde. Ursprünglich war die 31-Jährige wegen Körperverletzung zwar per Strafbefehl zu 90 Tagessätzen zu je 40 Euro verurteilt worden. Allerdings war das Gericht da noch davon ausgegangen, dass die Nase der Kontrahentin lediglich geprellt war. Die Angeklagte hatte dagegen Einspruch eingelegt, sie beteuerte, die andere Frau nicht geschlagen, sondern beim Gestikulieren höchstens leicht an der Nase berührt zu haben.

Dem entgegen steht ein Befund der Kreisklinik Ebersberg. Genauer sogar zwei Befunde: Einer, der am Abend des Streites in der Notaufnahme gestellt wurde und in dem von einer geprellten Nase die Rede ist. Den hatte die Geschädigte offenbar bei der Polizei vorgezeigt, als sie die nun Angeklagte anzeigte. Der zweite Befund entstand am nächsten Morgen, nach einer gründlichen Betrachtung des Röntgenbilds aus der Notaufnahme durch den Radiologen.

Wie die Assistenzärztin, welche die erste Bescheinigung ausgestellt hatte, und der Chefarzt der Unfallchirurgie vor Gericht erklärten, sei dies nicht ungewöhnlich. "Grobe Brüche sieht man natürlich sofort, aber feine Haarrisse nicht immer", so der Chefarzt. Dies sei auch bei der Geschädigten der Fall gewesen, sie habe einen Bruch ohne Verschiebung am unteren Teil des Nasenbeins gehabt. Dies wurde dann in der Krankenakte berichtigt und die Patientin informiert. Für diese und deren Behandlung habe sich durch den neuen Befund aber nichts geändert.

Wohl aber in der juristischen Bewertung. Bereits am ersten Verhandlungstag hatte Richterin Vera Hörauf der Angeklagten nahegelegt, den Einspruch zurückzunehmen. Dass sie das nicht tat, liegt wohl an der Gesamtsituation, die zu dem Streit und letztlich zu den Anzeigen führte, es geht um Unterhalt und Sorgerecht für die beiden Kinder. Weil der Ex, statt die Tochter zur vereinbarten Zeit heimzubringen, mit ihr bei den Großeltern zum Essen einkehrte, fuhr die Angeklagte dorthin, wenig überraschend kam es zum Streit.

Wie handfest der ausfiel und wer schuld ist, darüber gehen die Meinungen auseinander. Allerdings war es auch hier die Angeklagte, die den juristischen Teil der Sache ins Rollen brachte. Sie hatte nämlich bei der Polizei Anzeige gegen den Ex erstatten wollen, dieser habe sie geohrfeigt. Zwei Streifenpolizisten fuhren daraufhin zu den Eltern des Noch-Ehemannes, dort erklärte dann dessen neue Freundin, von der Angeklagten auf die Nase geboxt worden zu sein und erstattete ihrerseits Anzeige.

Für Verteidiger Florian Haenisch reine Taktik im Sorgerechtsstreit, zu der auch der Nasenbeinbruch der Geschädigten gehört: "Ich halte es definitiv für möglich, dass ein Schlag geführt wurde, der nicht von der Angeklagten stammt." Er forderte Freispruch und berief sich auf die Aussagen der Streifenpolizisten, die bei der Geschädigten keine Schwellung an der Nase bemerkt hatten - aber auch anmerkten, dass dies schwierig sei, wenn man jemanden das erste Mal sehe.

Richterin Hörauf wollte dem Antrag der Verteidigung indes nicht folgen, für eine Selbstverletzung der Angeklagten im Rahmen einer "konspirativen Verschwörung" gebe es keine Anhaltspunkte. Stattdessen habe sich bestätigt, dass die Angeklagte ihre Kontrahentin auf die Nase geschlagen habe - und das auch noch fester, als noch im Strafbefehl angenommen. Die dort verhängten 90 Tagessätze reichten daher "in keinster Weise" aus, angemessen seien 120. Zwar wurde deren Höhe auf 30 Euro gesenkt, so dass die Verurteilte außer den Gerichtskosten nicht mehr bezahlen muss. Allerdings gilt man ab 91 Tagessätzen als vorbestraft. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

© SZ vom 05.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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