Amtsgericht Ebersberg:Angeklagter soll zum Arzt gehen

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54-jähriger Exhibitionist will sich mit Geisteskrankheit rausreden

Viel Geduld hat Richterin Vera Hörauf mit einem 54-jährigen Mann bewiesen, der sich wegen exhibitionistischer Handlungen vor dem Amtsgericht Ebersberg verantworten musste. Der Mann gestand zwar sofort, dass er im Dezember vergangenen Jahres in der S-Bahn nachts um 1.50 Uhr vor einer schräg gegenübersitzenden Frau an seinem Penis manipuliert hatte. Verworren war aber die Geschichte, mit der er seine Tat zu begründen versuchte. Den Prozess verfolgte eine neunte Klasse der Realschule Vaterstetten, die Schülerinnen und Schüler reagierten verschämt bis erschrocken.

Laut Anklageschrift suchte der Mann Blickkontakt mit der Frau. Diese aber stellte sich schlafend - und filmte die Szene unbemerkt mit ihrem Handy. Am S-Bahnhof Baldham stieg der Mann aus. Im Gerichtssaal erklärte er auf Nachfrage der Richterin, wie es zu der Tag gekommen war. Eigentlich sei es nicht er gewesen, sondern seine Krankheit. "Eine schreckliche Geschichte", begann er und redete wild durcheinander. Er sei vom Teufel besessen gewesen. Seine Kollegen seien eifersüchtig auf ihn gewesen, da er seine Arbeit so gut gemacht habe. Einer habe ihn sogar mit dem Messer bedroht.

Die Richterin fragt immer wieder nach, um was für eine Krankheit es sich denn bei ihm handele. Der Mann sagt, es sei so etwas wie eine Geisteskrankheit. Eine Diagnose gebe es keine, aber Medikamente. Die aber nehme er nicht, weil sie ihn müde machten. Er höre mitunter Stimmen, er sei terrorisiert gewesen, als hätten ihn Dämonen besetzt. Die Richterin ist ratlos. "Was machen wir jetzt mit Ihnen?", fragt sie den Angeklagten. Der 54-Jährige hatte Einspruch gegen den Strafbefehl eingelegt. Der Staatsanwalt schlägt eine Einstellung vor. So wird es auch gemacht. Gegen die Zahlung von 800 Euro an die Fachambulanz für Suchterkrankungen wird das Verfahren vorläufig eingestellt.

Dann reden Staatsanwalt und Richterin auf den Mann ein. "Bitte gehen Sie noch einmal zum Arzt. Sie brauchen einen Facharzt für Psychiatrie." Der Staatsanwalt erläutert ihm, dass er sich auch freiwillig ins Klinikum Haar einweisen lassen könne. Sollte er ein zweites Mal wegen exhibitionistischer Handlungen auffallen oder gar mehr passieren, würde er in die Psychiatrie eingewiesen, ermahnt ihn der Staatsanwalt. Der Mann macht eine ausholende Armbewegung und sagt lapidar. "Ja, dann gehe ich halt mal zum Arzt."

© SZ vom 16.07.2019 / lela - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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