Eklat bei der Sicherheitskonferenz:Die Kanzlerin geht lieber zu Käfer

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Eklat bei der Sicherheitskonferenz: Wie ein Rechtsanwalt dem Organisator Teltschik die Schau stiehlt

Stefan Kornelius und Christian Mayer

Begleitet von den erwarteten Demonstrationen ist gestern Abend die Sicherheitskonferenz eröffnet worden. Mehr als 250 Teilnehmer aus 50 Ländern diskutieren bis Sonntag im Bayerischen Hof über internationale Fragen. Für einen Eklat sorgte die Teilnahme der Kanzlerin bei einem informellen Abendessen im Restaurant Käfer.

Angela Merkel (Foto: Foto: AFP)

Angela Merkel, für ihr außenpolitisches Geschick immer wieder gelobt, hat ausgerechnet vor ihrem Debüt bei der Münchner Sicherheitskonferenz für protokollarische Verstimmung gesorgt.

Während der georgische Präsident Michail Saakaschwili am Freitagabend im Bayerischen Hof die Dinner-Rede hielt und der amerikanische Verteidigungsminister Donald Rumsfeld pflichtschuldig lauschte, amüsierte sich die Kanzlerin im Restaurant Käfer, zog den Großteil der amerikanischen Delegation vom Konferenzprogramm ab und spaltete damit die Veranstaltung.

Das Konkurrenz-Abendessen im Käfer wird seit Jahren vom Münchner Anwalt Wolfgang Seybold organisiert - zum Verdruss von Konferenzchef Horst Teltschik, der über Seybolds "Trittbrettfahrerei" schimpft. In der Tat erweckt Anwalt Seybold als Gastgeber der Abendveranstaltung den Eindruck, als sei sein Essen zumindest inoffizieller Teil der Konferenz - eine Täuschung, der wohl auch die Kanzlerin erlegen ist.

Nach heftigen Telefonaten zwischen München und Berlin in den Stunden vor der Konferenz stellte sich heraus, dass den Neulingen im Kanzleramt die Rivalität wohl nicht bekannt war. Auch Wirtschaftsminister Michael Glos, der ebenfalls auf Seybolds Gästeliste stand, schien überrascht. Merkel aber konnte und wollte den Termin wohl nicht mehr absagen - immerhin hätte sie damit Freunde wie die Verlegerin Liz Mohn (Bertelsmann) oder Ex-Siemens-Chef Heinrich von Pierer verprellt, die den Abend mit ihr verbringen wollten.

Allerdings schien das Kanzleramt den Konflikt entschärfen zu wollen. Nach ihrer Ankunft in München traf Merkel Konferenzchef Teltschik zu einem Fototermin - eine bewusst gewählte, versöhnliche Geste.

Seybold lädt zu einem Abendessen "zu Ehren der Spitzen der US-Delegation bei der Münchner Sicherheitskonferenz" - ein Zusammenhang, der Teltschik empört. Die Konferenz musste den Verlust der meisten amerikanischen Senatoren, Abgeordneten und Generäle verschmerzen, die es vorzogen, den Abend in Begleitung Münchner Gesellschaftsdamen wie Uschi Glas oder Christine Neubauer zu verbringen.

Aus Sicherheitsgründen waren die hochrangigen US-Generäle dabei dieses Mal in Zivil und nicht in Gala-Uniform erschienen.

Mit der Teilnahme Merkels erhält das Essen nun einen ganz anderen Charakter, auch die Sicherheitsvorschriften wurden verschärft. Angela Merkel schien sich bei Käfer sehr gut zu unterhalten; sie saß neben Wolfgang Seybold und Senator John McCain und wandte sich besonders den amerikanischen Gästen zu.

Der Gastgeber begrüßte die Anwesenden auf Englisch und sprach davon, er sei extrem erfreut, dass die Kanzlerin an seinem Dinner teilnehme. "Ich bin froh, dass das Kapitel der Kanzlerschaft von Gerhard Schröder vorbei ist", sagte Seybold, der Angela Merkel ausdrücklich für ihre bisherige Arbeit als Regierungschefin lobte, und erhielt für diese Bemerkung viel Applaus.

Der Münchner Anwalt Wolfgang Seybold verdankt seine Kontakte einer alten Freundschaft: William Cohen, ehemaliger US-Senator und Verteidigungsminister, ist der Gegenpol auf amerikanischer Seite, der für die Präsenz der führenden Delegationsteilnehmer sorgt. Cohen betreibt inzwischen in Washington eine Lobby-Gruppe und vermittelt Geschäftsbeziehungen zwischen Wirtschaft und Politik.

Gute Kontakte pflegt Gastgeber Seybold, der sich als treuen Freund Washingtons bezeichnet und gerne in US-Militärjets mitfliegt, auch zum Senator John McCain, der heute Abend bei einem festlichen Essen in der Residenz die Friedensmedaille erhält. Der Republikaner ist Stammgast der Käfer-Runde. "Die Amerikaner freuen sich das ganze Jahr auf unser Essen, da will ich sie natürlich nicht enttäuschen", sagte Seybold.

Selbst die Demonstranten gegen die Konferenz haben das Dinner in der Prinzregentenstraße inzwischen als lohnendes Ziel ausgemacht und in das Protestprogramm aufgenommen. Teltschik, der schon genug Ärger wegen der Sicherheitsmaßnahmen rund um den Promenadeplatz hat, sagt, er sei nicht bereit, "die Verantwortung für den erhöhten Sicherheitsaufwand" zu übernehmen.

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