Giorgio Ballabeni lächelt zur Zeit wieder sein italienisches Lächeln. Der 55-jährige Gelatiere hat dieses Schmunzeln, das irgendwo zwischen kindlicher Begeisterung und einem sehr starkem Selbstbewusstsein rangiert: eine Prise Lebensfreude, dazu etwas Stolz, gemischt mit viel Selbstsicherheit und einem winzigen Schuss Arroganz. So wirkt der Italiener nach acht höchst erfolgreichen Jahren als Eismacher in München.
Und so steht er da, der Giorgio, Professor für Gelato, Sterne-Eismacher, in weißen Plastikschuhen, mit beiger Hose, weißem Kittel und weißgrauem Bart, und erzählt von seiner neuen Errungenschaft, einer Eis-Werkstatt. Das "next big thing" der Branche. In der Seidlstraße 28 am Stiglmaierplatz. Damit will er das Gelato endgültig zu einer Delikatesse machen.
"Impuls-Eis von der Tankstelle"
Ballabeni hat ein Gespür für Zeit. Das ist bei der Eis-Herstellung genauso wichtig wie beim Erkennen von Trends. Als er im Jahr 2006 in der Theresienstraße sein erstes Geschäft eröffnete, war Eis in München vor allem eines: "Das sogenannte Impuls-Eis von der Tankstelle". Man kaufte es, wenn man spontan darauf Lust hatte. "Heute gibt es außerdem das Meditativ-Eis", sagt Ballabeni. Geplanter Genuss. Die Kunden, nicht nur in seinen Geschäften, sondern auch in anderen der jüngeren Eis-Manufakturen, setzen den Besuch auf die Tagesordnung. "Heute kommen manchmal abends Männer in Smoking und Frauen in Abendkleidern, die sich mit dem Taxi herfahren lassen, um nach der Oper noch ein Eis zu essen."
Und einige Restaurants in der Nähe würden schon die Dessertkarte eindampfen, sagt Ballabeni, weil ohnehin der Nachtisch in gekühlter Kugelform gegenüber vom Museum Brandhorst eingenommen wird. Eis ist kein klebriges Süßzeug mehr aus Papphüllen, es ist ein sommerliches Kultobjekt, das man langsam löffelt. Ähnlich wie beim italienischen caffé oder beim schottischen Whisky gibt es Aficionados, die statt über die Nachreifung im Sherry-Fass oder den richtigen Mahlgrad der Bohne nun über Konsistenz und die Zutaten von Ballabenis Eisbällen sprechen - und immer häufiger auch über ihre Kreationen daheim.
"Vor zehn Jahren gab es in München genau eine Eismaschine im Laden zu kaufen, heute sind es unzählige Modelle, von 60 bis 900 000 Euro." Es ist also jetzt die richtige Zeit, um Eiskurse anzubieten. Deshalb heißt das Geschäft in der Seidlstraße, das auch Tagesbar und Eisdiele ist: Werkstatt. Dort kann man pro Person und Abend für 100 Euro das Handwerk lernen, und seine eigene Maschine mitbringen. Weinverkostungen und Kaffee-Kurse kennt jeder, jetzt geht's zum Gelato-Seminar. Wobei sein Eis die Nummer eins sei, sagt Ballabeni, italienisch lächelnd. Allerdings kann er diese Behauptung auch begründen. Wieder geht es um die richtige Zeit.
In Ballabenis Werkstatt stehen ein halbes Dutzend Eismaschinen nebeneinander in einem weiß gefliesten Nebenraum, den man über eine Glasschiebetür betritt. Sie sehen aus wie Toplader-Waschmaschinen, nur dass sie mit Flüssigkeit statt mit Stoffen gefüllt werden. Das Geheimnis für gutes Eis sind zum einen natürlich die Zutaten, aber vor allem die cremig zarte Konsistenz. "Je schneller das Eis friert, desto kleiner werden die Eiskristalle", sagt Ballabeni, "desto geschmeidiger ist das Eis."