Einbruchstatistik für München:Schön, chic, skrupellos

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Innerhalb von Sekunden knacken sie Schlösser, hebeln Türen auf und stehlen Schmuck und Bargeld: Die Zahl der Einbrüche steigt in München kontinuierlich. Die Experten der Polizei warnen besonders vor einer neuen Tätergruppe: Junge Frauen.

Von Susi Wimmer, München

Die Damen sind meist chic gekleidet, jung, attraktiv, und sehen so aus, als ob sie gerade zum Shoppen gehen würden. In guten Münchner Wohngegenden fallen sie nicht weiter auf. Allerdings sind sie durchaus ausgekocht: Innerhalb von Sekunden knacken sie Schlösser, hebeln Türen auf und stehlen Schmuck und Bargeld. "Es wird immer öfter untertags in Mehrfamilienhäuser eingebrochen, und wir haben Frauen als Täter", sagt Kriminaldirektor Thomas Fichtner. Jetzt, zu Beginn der Pfingstferien, rechnet die Polizei wieder mit steigenden Einbruchszahlen.

Im Vergleich zu anderen deutschen Großstädten haben es die Ermittler der Polizei in München noch mit relativ wenigen Eigentumsdelikten zu tun: Während es in München pro 100 000 Einwohner im vergangenen Jahr 94 Wohnungseinbrüche gab, waren es in Hamburg 399. Spitzenreiter ist Bonn mit 563. In absoluten Zahlen: Im Jahr 2013 wurden in München 1452 Wohnungseinbrüche verübt. Damit steht München auch im Bundesdurchschnitt noch ziemlich gut da. "Was uns aber mehr als diese absolute Zahl beschäftigt, ist der kontinuierliche Anstieg in diesem Bereich", sagt Fichtner, Leiter des zuständigen Fachdezernats. Er rechnet für das Jahr 2014 mit einem Negativ-Rekord.

Die meisten Fälle zur Advents- und Osterzeit

Viele Täter kommen aus Ungarn, Rumänien, Serbien, Bosnien-Herzegowina und Kroatien, um in der wohlhabenden Stadt auf Einbruchstour zu gehen. Sie übernachten in Zelten, bei Bekannten, in Pensionen oder im Auto, erkunden kurz mögliche Objekte und brechen dann ein - "ohne großen Aufwand, ohne großen Widerstand, nur schnell zugreifen und weg", sagt Fichtner. Die meisten Einbrüche passieren in der Advents- und Osterzeit. Das hat zum einen mit der Urlaubszeit zu tun, zum anderen damit, dass die Täter in der Dämmerung zuschlagen, wenn viele Bewohner noch nicht von der Arbeit heimgekommen sind, es aber schon dunkel wird.

Allerdings haben Fichtner und seine Experten jetzt eine Verschiebung ausgemacht. Während in der Dämmerung eher männliche Einbrecher zugange sind, brechen weibliche meist tagsüber ein: Sie suchen sich Mehrfamilienhäuser aus, knacken Wohnungstüren, meist in den oberen Stockwerken, weil dort weniger Parteiverkehr herrscht. Vergangenen Montag wurde in der Rumfordstraße eine 16-jährige Rumänin festgenommen, als sie gerade mit einer Komplizin in einem Wohnhaus zugange war.

Einbruchswerkzeug im Pulloverärmel

Ein anderer Fall: In der Nähe des Harras war ein Auto mit französischem Kennzeichen aufgefallen, das langsam durch ein Wohnviertel fuhr. Im Treppenhaus eines Mehrfamilienhauses ließen dann zwei Frauen aus dem Auto, zwei 39-Jährige aus Serbien und der Türkei, ihre Schraubendreher aus dem Ärmel des Pullis und der Handtasche gleiten und versuchten, eine Wohnungstüre aufzuhebeln, während im Auto ein 27-jähriger Ungar wartete. Zivilpolizisten griffen ein. Wie Ermittler Winfried Kotschenreuther berichtet, war das Einbrecher-Trio ausnahmsweise gesprächig. "Sie haben uns erzählt, dass sie zum Einbrechen aus Italien angereist waren." Das brachte ihnen prompt einen Platz in der Justizvollzugsanstalt ein. Meist aber schweigen Tatverdächtige, für die Ermittler ist der Nachweis der Tat dann extrem schwierig.

Längst haben die Bürger erkannt, dass Schutzmaßnahmen an Türen, Fenstern und Kellerschächten mehr als angebracht sind. Die Polizei kommt zur Beratung sogar ins Haus, "allerdings sind wir bis September ausgebucht", sagt Arno Helfrich vom Kommissariat für Prävention. Wer unter www.polizei.bayern.de den Suchbegriff "technische Beratung" eingibt, kann sich aber auch selbst helfen. Nach Helfrichs Erfahrung kann zudem "eine gute Nachbarschaft mit aufmerksamen Menschen Gold wert sein". So kommt es nämlich auch, dass in München 22,2 Prozent der Einbrüche aufgeklärt werden. Das ist im bundesweiten Vergleich Spitze.

© SZ vom 06.06.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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