Eigernordwand:Der Rauschberg

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Bei einer Sondervorstellung des Films "Nordwand" diskutieren Bergkünstler über "Magic Mushroom" - eine neue Route durch die Eigernordwand im neunten Grad.

Tanja Rest

Es ist dann schon eine Art Anti-Klimax, als der Bergsteiger Christoph Hainz nach dem Film erzählt, er habe die Eigernordwand mal in viereinhalb Stunden gemacht. Eben noch tobte der tagelange Überlebenskampf der Männer um Toni Kurz über die Maxx-Leinwand - als alle tot sind, die Lichter angehen und die Moderatorin sehr richtig bemerkt, das sei ja nun "kein Happy-End" gewesen, ist man versucht, sich erstmal den Schnee aus den Augen zu reiben und das Eis von der Stirn zu klopfen.

Lohn der Angst: Christoph Hainz und Roland Schäli auf dem Gipfel des Eiger. (Foto: Foto: oh)

Ein Bergsport-Ausrüster hat zur "Nordwand"-Sondervorstellung mit anschließender Podiumsdiskussion geladen, was bedeutet, dass die Multifunktionsjacken-Dichte an diesem Münchner Kinoabend noch höher ist als sonst. Auf dem Podium sitzen, neben dem "Nordwand"-Produzenten Benjamin Herrmann zwei echte Bergkünstler: der Südtiroler Hainz, 46, und der Schweizer Roger Schäli, 30.

Gemeinsam haben sie im vergangenen Oktober eine neue Route durch die Eigernordwand eröffnet: "Magic Mushroom" im alpinen neunten Grad, dagegen ist die historische Heckmair-Route ein Spaziergang. Aber aufspielen wollen sie sich nicht. Schäli merkt höflicherweise an, er sei "nicht sicher", ob er den Weg der Erstbesteiger mit der Ausrüstung von damals schaffen würde. Und Hainz beteuert, dass er notfalls zwar auch in der Eigernordwand übernachte, "aber viel lieber schlaf' ich zuhause im Bett."

Nach zwei Stunden und 47 Minuten auf dem Gipfel

Der freundliche Bergführer aus Reischach ist seit vielen Jahren einer der großen Alpinisten: 30 schwere Erstbegehungen hat er allein in den Dolomiten vollbracht, andere in Grönland, in Jordanien, am indischen Shivling... Und doch habe er immer das Gefühl gehabt, als Bergsteiger nicht komplett zu sein, ohne eine eigene Linie durch die mythische Eigerwand. "Insofern rundet die 'Magic Mushroom' das Ganze jetzt ab."

1989 ist Christoph Hainz zum ersten Mal durch die Wand geklettert, über die Heckmair-Route, und in den Ausstiegsrissen von schlechtem Wetter überrascht worden. Er kann sehr schön davon erzählen, wie er eine Nacht lang da oben saß und "jedes Auto zählte", das unten durch Grindelwald fuhr.

Mit seinen viereinhalb Stunden ist Hainz übrigens noch längst nicht der Schnellste am Eiger. Den Speed-Rekord in der Nordwand hält der Schweizer Ueli Steck: Er stand im Februar dieses Jahres nach zwei Stunden und 47 Minuten auf dem Gipfel.

© SZ vom 30.10.2008/af - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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