Zukunftsplanung:Kleine Geschenke und viele Informationen

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Auf der Berufsinformationsmesse in Kirchseeon präsentieren sich zum sechsten Mal Betriebe aus dem Landkreis. Das Interesse der Jugendlichen ist groß

Von Yvonne Münzberg, Kirchseeon

Hörsäle in Universitäten sind brechend voll, doch wenn es um Ausbildungsplätze geht, ist das Interesse sehr begrenzt. Das lassen zumindest Statistiken verlauten. Aber stimmt das auch im Landkreis? "Es findet eine Gegenbewegung statt", bemerkt Landrat Robert Niedergesäß (CSU), während er sich an den Ständen der Berufsinformationsmesse umsieht. Auf den Gängen des Berufsbildungswerks St. Zeno herrscht großes Gedränge. Schülerinnen und Schüler sind, zum Teil in Begleitung ihrer Eltern, erschienen, um sich an den Ständen der rund 50 Betriebe über mögliche Berufschancen zu informieren. Die Messe ist eine Kooperation des Mittelschulverbunds Ebersberg-Süd mit dem Markt Kirchseeon, dem dortigen Berufsbildungswerk, der Kreishandwerkerschaft und der Agentur für Arbeit Ebersberg.

Natürlich, so Niedergesäß, sei sowohl die berufliche als auch die akademische Ausbildung wichtig. Dennoch sei die Stärkung des ersten Wegs ein großes Anliegen im Landkreis, denn: "Das Handwerk hat einen goldenen Boden." Bereits vor fünf Jahren habe man eine Berufsschule beantragt. Aufgrund von angeblich fehlendem Bedarf sei dieser Antrag abgelehnt worden. Inzwischen allerdings gibt es konkrete Pläne für ein gemeinsames Berufsschulzentrum der Landkreise Ebersberg und München.

Auch die Polizei präsentiert sich mit einem Stand auf der Messe. Manche Jugendliche staunen allerdings, dass sie für einen Ausbildungsplatz bei der Bundespolizei in diesem Jahr schon zu spät dran sind. (Foto: Christian Endt)

Und auch, wenn man sich in den insgesamt drei Hallen mit den Messeständen umsieht, bekommt man nicht den Eindruck, dass Ausbildungsberufe bei den jungen Leuten nicht auf Interesse stoßen: Aufmerksam lassen sich die Jugendlichen alles erklären und sammeln verschiedene Flyer, die an den Ständen ausliegen. Von Kfz-Mechatronik, Platz eins der Lieblingsberufe der jungen Männer im Landkreis, bis zu Polsterei ist hier eine große Bandbreite an möglichen Ausbildungsberufen vertreten. Um den Nachwuchs dann auch für sich zu begeistern, lassen sich die Betriebe so einiges einfallen. Neben Kugelschreibern und Feuerzeugen finden sich auch Besonderheiten: Am Stand eines bekannten Möbelhauses gibt es den roten Stuhl im handlichen Kleinformat, für den Beruf des Gärtners wird mit Postkarten geworben, auf denen "Der Gärtner war's" oder "Folge deinen Trieben!" zu lesen ist, das Hotel Gut Sonnenhausen verteilt hippe Bio-Limonaden. "Man muss die Schüler abholen", erklärt Kathrin Stemberger von der Arbeitsagentur. Keiner solle zu einem Beruf gedrängt werden.

"Die Messe hilft Schülern dabei, sich beruflich zu orientieren," lobt auch Landtagsabgeordneter Thomas Huber (CSU). Er freut sich über den großen Andrang und betont: "Weltweit beneiden uns alle um die duale Berufsausbildung". Das müsse man weiterhin fördern.

Bei der Zielgruppe selbst kommt die Messe ebenfalls gut an. Paula Grimm ist mit ihrer Mutter gekommen. Eigentlich interessiert die 15-Jährige sich für Augenoptik - ausgerechnet diese Branche ist aber heuer nicht auf der Messe vertreten. Dafür hat aber der Vertreter der Orthopädietechnik-Firma Gottinger, der verschiedene Prothesen mitgebracht hat, ihr Interesse geweckt. Ebendiese Stände zum Anfassen kommen bei den jungen Leuten besonders gut an. Neben Schokolade aus Aluminium und natürlich aus Kakao am Stand der Firma Brunner werden Frisuren gesteckt, die Metzgereien Heimann und Vinzenzmurr locken mit hauseigenen Produkten und Rezeptideen. Aber auch vor den Ständen der verschiedenen Gemeinden und Ämter oder auch einer Steuerberatungskanzlei sammeln sich interessierte Schüler. "Der Alltag ist immer abwechslungsreich", schwärmt Steuerberater Oliver Braun. "Ich finde, ich habe den besten Job der Welt." Alles eine Frage der Präsentation also.

Am Stand der Bayerischen Blumenzentrale gibt es kleine Frühlingsboten, auch für Kreishandwerksmeister Johann Schwaiger. (Foto: Christian Endt)

Zurück zu den Statistiken: Zwar sind Bewerberzahlen und Ausbildungsstellen nicht deckungsgleich, so waren im September 2017 noch 158 von insgesamt 871 Stellen in den Betrieben vakant. Doch im Berufsbildungswerk wird klar, dass Interesse und Nachfrage definitiv vorhanden sind. Was die Messe auch deutlich macht: Je früher man sich als Schüler informiert, desto besser. Am Stand der Bundespolizei stehen zwei Mädchen. "Wir können uns erst für 2019 bewerben?", fragt eine der beiden ungläubig. Der Polizist zuckt mit den Schultern. Die Frist für dieses Jahr ist schon vorbei.

© SZ vom 02.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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