Zorneding:Wacker gereimt

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Birgit Hufnagl erfindet sich gerade erst neu: als Frau des Worts. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Hofnärrin Hufnagl spielt mit Worten in der Café-Bar Herzog

Von Peter Kees, Zorneding

Geschrieben und getextet hat sie schon als Kind. 27 Jahre lang war sie Beamtin bei der Telekom, Fernmeldeobersekretärin. Bürgerlich: Birgit Hufnagl, Künstlername: Hofnärrin Hufnagl. 48 Jahre alt ist die gebürtige Münchnerin, die in Eglharting lebt, und seit vier Jahren bastelt sie nun an einer zweiten Karriere: als Reimschreiberin, Dichterin, Autorin. Irgendwo zwischen Lesung und Kabarett bewegen sich ihre Auftritte auf diversen Kleinkunstbühnen. Witz, Ironie und jede Menge Schrägheit gehören zu ihr. Zwei Bücher hat sie mit ihren 500 bis 800 Reimen bereits veröffentlicht, zwei weitere kommen demnächst heraus, an einem fünften schreibt sie derzeit. Tatsächlich reimt es sich darin immer irgendwie. Und das mit einem ganz besonderen Kniff: Sie wiederholt Worte x-mal. In ihrem "Zahnarzt-Rap" beispielsweise kommt 25mal das Wort "Zahn" vor.

Vergangenen Samstag ist die schräge Höfnärrin gemeinsam mit dem Münchner Singer-Songwriter-Duo DiebessereHälfte in der Cafe-Bar Herzog aufgetreten. Man wechselte sich ab. Zu Beginn sangen und spielten Bini Eichhoff (Gesang und Gitarre) und der Songwriter Christian Holzer (Gitarre) ein Set aus eher sozialkritischen bayrischen Songs. Um Menschlichkeit ging es, um den Aufbruch hin zu einer besseren Welt, um Liebe, Liebeskummer, um gruslige Tage, die durch Freunde zu Sommertagen werden, um das einfache Sein, ein Leben ohne Stress und Druck - und so ohne Burnout und Herzinfarkt. Nett, harmlos, gut gemeint, durchaus mit authentischer Emotionalität erklangen die jazzigen Lieder - man diskutierte mit dem Publikum, ob mit oder ohne Mikrofon gesungen werden sollte. Das Mikrofon siegte.

Dann trat Birgit Hufnagl vors Publikum, solo. Mit Sicherheit hätte sie den Abend auch alleine getragen. Die Schlüsselworte ihres ersten Textes: "Zeit" und "wenig". Schon damit war die Botschaft klar: Einfachheit bestimmt das Leben, denn "es sind die kleinen Dinge, die glücklich machen,... es dreht sich nicht alles um Luxus." Freilich kann dieses Statement als ein wenig platt verstanden werden. Hufnagl wechselte allerdings schnell vom ernsten zum witzigen Ton. Ihren "Zahnarzt-Rap" rappte sie, zumindest versuchte sie es. Das gelang ihr mit derart viel Selbstironie ("ich mach mich gern zum Affen"), dass die Nummer mehr als Schmunzeln auf den Gesichtern der Zuhörer hervorrief. Dass dabei das Wort Zahn leitmotivisch in allen möglichen Verbindungen eingesetzt wurde war schlüssig und hat Methode. In ihrem Bierreim tauchte das Wort "Bier" ganze 42 mal auf, in Ausdrücken wie "Bierbänken" oder "Bierleichen", aber auch in Verben wie "kollabieren", "probieren" oder "flambieren". Mit viel Sprachwitz erzählt sie mitunter makabre Geschichten: Von Annegret, die Dietmar ermorden lässt, weil die Ehefrau das Konto plündert; von Fatima, die von ihrem Geliebten eine Schönheitsoperation geschenkt bekommt, an der sie stirbt - das Vermögen geht an ihn; oder von Fritz, der beim Autofahren ein Reh tötet. Hübsch trocken sagt sie dazu: "Manchmal muss halt einer abdanken."

Ihre Texte sind nicht zwingend Geschichten, bisweilen reine Wortspielerei, assoziativ zusammengesetzt, etwa beim Gedicht über den Kaffeebesitzer Klaus. Hufnagel hat einen individuellen Still. Sie ist originell, hat schrägen Witz. Dass sie mit Mitte Vierzig begann, ihre Leidenschaft zu leben, gefällt ihr. "Das Leben macht seither vielmehr Spaß," sagt sie. "Ich schreibe jeden Tag einen Reim." Wer weiß, vielleicht sieht man sie bald auf größeren Bühnen, ihre Sachen tragen. Nach der Pause gab's nochmals DiebessereHälfte und einen zweiten Teil von der Hofnärrin. Hufnagl hätte auch das Zeug für einen Soloabend.

© SZ vom 28.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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