Zorneding:Verwaltungsjura statt Sprachkurs

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Bei dem Treffen des Helferkreises Zorneding kochen die Gemüter hoch - vor allem die Wohngebühr-Forderung regt zu heftigen Diskussionen an. (Foto: Christian Endt)

Beim Treffen des Helferkreises wird vor allem eines deutlich: Die Aufgaben der Ehrenamtlichen haben sich verändert, besonders die Bürokratie schreckt viele ab

Von Valentina Antonucci, Zorneding

An einem heißen Sommerabend haben sie sich im Neuwirt zusammengefunden. Etwa 15 Ehrenamtliche des Helferkreises Zorneding sind zum angesetzten Treffen erschienen. Hier soll in traditionell bayerischer Umgebung und lockerer Atmosphäre das weitere Vorgehen in Sachen Flüchtlingsbetreuung besprochen werden.

"Die Zeit der Willkommenskultur ist vorbei", sagt Alfred Nowosad, Ansprechpartner für den Arbeitskreis Paten. Die Bereitschaft zum Helfen habe nachgelassen. Vor zweieinhalb Jahren, als die ersten Flüchtlinge nach Zorneding kamen, bestand die Arbeit des Helferkreises hauptsächlich aus der Organisation von Deutschkursen oder der Vermittlung elementarer Dinge wie beispielsweise das Kaufen einer Fahrkarte. Mit der Zeit hat sich jedoch einiges geändert: Die Helfer beschäftigten sich nun viel mit der Asylpolitik, vor allem das Thema Familiennachzug habe einen hohen Stellenwert. Hilfe wird deswegen vor allem bei der Bearbeitung von bürokratischen Formularen oder bei Behördengängen benötigt. Das schrecke viele zuvor sehr hilfsbereite Helfer ab, ist Nowosad überzeugt.

Ein solch schwieriges Thema ist auch die rückwirkend erhobene Wohngebühr für Flüchtlinge. Wer bereits eine Aufenthaltsgenehmigung erhalten hat, jedoch aufgrund der Wohnungsnot weiterhin in der Unterkunft bleibt, muss dafür bezahlen. 280 Euro kostet ein Schlafplatz pro Monat - im Schnitt stehen jedem Asylbewerber jedoch bloß zehn Quadratmeter zur Verfügung - ein Spitzenpreis also von 28 Euro pro Quadratmeter, rechnete ein Teilnehmer vor. Grundsätzlich, berichten die Helfer, hätten die Flüchtlinge kein Problem damit, für ihre Unterkunft finanziell aufzukommen, jedoch stehe die geforderte Gebühr in keinem Verhältnis mit der Unterkunft. Unverständnis herrscht auch darüber, dass das Landratsamt den Flüchtlingen zwar erlaubt habe, weiterhin in den Containern zu wohnen - etwaige Kosten, die auf die Bewohner zukommen könnten, seien dabei jedoch mit keiner Silbe erwähnt worden. Einen Lichtblick gibt es aber: Das Jobcenter will sich um die Sache kümmern und die geforderte Gebühr unter Umständen übernehmen, genauso wie das Arbeitslosengeld II.

Dies gelte allerdings nur für Flüchtlinge ohne Einkommen, hieß es. Diejenigen, die bereits Arbeit gefunden hätten, müssten für alle Kosten selbst aufkommen. Die Arbeitslosigkeit werde ihnen damit schmackhaft gemacht, ein eindeutig integrationsfeindliches Konzept, wie einer der Anwesenden treffend anmerkt. Ein weiteres Problem ist, dass es sich um eine Wohngebühr handelt, also eine staatliche Forderung. Denn eine Gebühr ist, per Definition, eine öffentlich-rechtliche Geldleistung, die für individuell zurechenbare öffentliche Leistungen erhoben wird. Das bedeutet, dass nicht gegen den übertriebenen Quadratmeterpreis vorgegangen werden kann, da das Wohnrecht in diesem Fall keine Anwendung findet - aufgegeben wird deswegen aber noch lange nicht.

Es sind komplexe juristische und bürokatische Probleme wie diese, die es dem Helferkreis zusätzlich erschweren, neue Mitstreiter zu finden. Dabei wäre es gerade jetzt nötig, dass sich wieder mehr Leute engagieren, aktuell gibt es nur noch etwa 40 aktive Helfer, die sich um mehr als doppelt so viele Flüchtlinge kümmern. Deswegen kann das Ideal der 1:1 Betreuung in Pöring auch nicht mehr gewährleistet werden. Die letzte Hoffnung des Helferkreis ist nun der Pöringer Verein "D' Bianga". Mit dessen Hilfe sollen die Flüchtlinge in ein "brauchbares Sozialleben" integriert werden, so Nowosad. Es gibt bereits einen Ansatz für eine Zusammenarbeit: Am Samstag, 5. August, wird in Poing am Dorfplatz das Weinfest des Vereins ausgerichtet, die Flüchtlinge helfen beim Auf- und Abbau. Es handelt sich quasi um einen Probelauf, um zu testen, wie sich alle Beteiligten verstehen. Vielleicht kein großer Durchbruch, aber immerhin ein Schritt in die richtige Richtung.

© SZ vom 03.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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