Zorneding:Ungenutztes Instrument

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Die Kommunen im Landkreis verzichten auf eine Satzung, mit der man gegen Leerstände von Wohnraum vorgehen könnte. In Poing allerdings soll über das Thema zumindest einmal beraten werden

Von Barbara Mooser, Zorneding

Es ist ein durchaus stattliches Haus, nicht heruntergekommen, mit reichlich Platz für mindestens zwei Familien. Doch seit acht Jahren wohnt hier niemand mehr. Immer wenn Helmut Obermaier, Gemeinderat der Grünen in Zorneding, an diesem Haus in Bahnhofsnähe vorbei geht, ärgert er sich. "Es kann doch nicht sein, dass man Flüchtlinge in Turnhallen unterbringt, während solche Häuser leer stehen", sagt er.

Anders als die Landeshauptstadt hat Zorneding aber keine Möglichkeit, gegen solche Entwicklungen vorzugehen. Eine entsprechende Zweckentfremdungssatzung gibt es nicht, auch generell wird dieses Instrumentarium im Landkreis bisher nicht genutzt. Der Arbeitsaufwand wäre sehr groß, überdies gebe es ohnehin kaum Leerstände, so die Argumente in den Gemeindeverwaltungen. In Poing allerdings strebt Bürgermeister Albert Hingerl (SPD) zumindest einmal eine Diskussion im Gemeinderat an.

Die Satzung gibt Kommunen die Möglichkeit, eine Zweckentfremdung von Wohnraum zu verhindern - sie ist also ein Instrument, um gegen Leerstand, Umwandlung in Gewerbeflächen oder aber auch die illegale Nutzung als Ferienwohnung vorzugehen. Doch sie bringt auch immens viel Arbeit mit sich: In der Landeshauptstadt wurden allein im Jahr 2013 mehr als 17 000 Wohnungen durch Außendienstmitarbeiter überprüft, im Jahr 2014 waren es knapp 15 000 Wohnungen. Das Ergebnis: 159 beziehungsweise 158 Wohnungen konnten anschließend vor einer Zweckentfremdung geschützt werden.

In Zorneding wäre nach Einschätzung von Bauamtsleiterin Diana Saiger die Umsetzung einer Satzung bei der derzeitigen personellen Ausstattung gar nicht möglich: "Wir wären zu knapp besetzt." Eine Satzung sei aber nur sinnvoll, wenn man auch die Möglichkeit habe, sie zu vollziehen. Ohnehin sieht Saiger aber in Zorneding den Bedarf nicht unbedingt: Es sei ja eher so, dass bei den hohen Preisen für Wohnraum viele daran interessiert seien, auch noch den letzten Dachboden in Wohnraum umzuwandeln. Normalerweise sprächen auch wirtschaftliche Gründe dagegen, Immobilien lange leer stehen zu lassen. Wenn dies doch geschehe, seien das meist "sehr spezielle Einzelfälle", erläutert sie. In Kirchseeons spricht Bürgermeister Udo Ockel (CSU) von ähnlichen Erfahrungen. Es gebe sehr wenig Leerstand und es passiere auch so gut wie nie, dass Wohnungen in Gewerbeflächen umgewandelt würden. Vielmehr laufe es eher in die entgegengesetzte Richtung: dass Gewerberäume in Wohnraum umgewandelt würden. So sei es etwa bei einem kleinen Supermarkt in der Rathausstraße gelaufen, in dem sich heute mehrere Wohnungen befänden. Doch auch aus einem anderen Grund spricht sich Ockel gegen eine Zweckentfremdungssatzung aus: "Mir ist das zu viel staatlicher Eingriff." Er versuche überdies, auch die Motive der Betroffenen zu verstehen. Jeder solle schon selbst entscheiden dürfen, was er mit seinem Wohneigentum anfange. Auch in Ebersberg war eine Satzung noch nie ein Thema, sagt Hauptamtsleiter Erik Ipsen. Was es hier an Leerständen gebe, sei "sehr überschaubar". Wenn mal Wohnraum nicht genutzt werde, gebe es dafür meist triftige Gründe. "Gefühlsmäßig" ist nach Einschätzung von Bürgermeister Albert Hingerl Leerstand zwar auch in Poing kein großes Thema. Angesichts der großen Nachfrage nach Wohnraum sei es aber zumindest sinnvoll, über das Thema einmal zu diskutieren. Eine derartige Satzung könnte schließlich auch Fehlentwicklungen präventiv vorbeugen.

In Zorneding hat Grünen-Gemeinderat Helmut Obermaier einen der Eigentümer des leeren Hauses bereits angesprochen. Dieser habe private Gründe dafür angeführt, dass es nicht genutzt werde. Auch andere, ähnlich gelagerte Fälle sind Obermaier in Zorneding bekannt. Einen Vorstoß, dort eine Satzung nach Münchner Vorbild einzuführen, will Obermaier aber dennoch nicht unternehmen. "Ich bin Realpolitiker und weiß inzwischen, was im Gemeinderat durchgehen wird und was nicht", sagt er. Bedauerlich seien Entwicklungen wie die am Bahnhof aber dennoch: "Man hätte mit diesem Haus in all den Jahren so viel Sinnvolles machen können."

© SZ vom 26.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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