Zorneding:Über Kopfsteinpflaster und Bordsteinkanten

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Bei einer Ortsdurchquerung in Zorneding stellt der VdK sein neues Konzept für Barrierefreiheit vor. Für Rollstuhlfahrer soll es im Gemeindegebiet künftig weniger Hindernisse geben - ähnlich wie in Vaterstetten

Von Antonia Heil, Zorneding

Rollstuhlfahrer, Blinde, Menschen mit Gehwagen und alle anderen, die in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt sind, sollen sich künftig ohne Schwierigkeiten in Zorneding bewegen können. Das ist zumindest das Ziel, das sich der VdK-Ortsverband Zorneding-Pöring gesteckt hat. Im Rahmen der Kampagne "Weg mit den Barrieren" machten die Mitglieder um den Vorstandsvorsitzenden Werner Voigt einen Rundgang durch den Ortskern.

Dabei zeigte Franz Ziepl, der ebenfalls im Vorstand ist, welche Maßnahmen am und im Rathaus sowie rund um den Friedhof und das Pfarramt Sankt Martin notwendig sind, um Rollstuhlfahrern Zugang und Nutzung zu erleichtern. Im Erdgeschoss des Rathauses versammelten sich neben Bürgermeister Piet Mayr (CSU) und seiner Stellvertreterin Bianka Poschenrieder (SPD) einige Gemeinderäte sowie interessierte Bürgerinnen und Bürger, bevor man zu der kleinen Tour aufbrach.

Es ist ein ähnliches Konzept wie jenes, das kürzlich in Vaterstetten vorgestellt wurde, wo Bürgermeister Georg Reitsberger (FW) und Landrat Robert Niedergesäß (CSU) ebenfalls die Tauglichkeit der Gemeinde für Rollstuhlfahrer getestet hatten. Voigt erklärte, dass er gemeinsam mit Ziepl eine Liste angefertigt habe, in der vermerkt sei, wo es in Zorneding und Pöring bei der Barrierefreiheit Nachholbedarf gebe. Diese Liste läge Mayr bereits vor, hieß es. Sie hätten sich bei der Tour bewusst dafür entschieden, schwerpunktmäßig auf Unstimmigkeiten im Ortskern hinzuweisen. "In der Gemeinde hat man diese Stellen noch nicht so sehr im Zusammenhang mit Barrierefreiheit betrachtet", so Voigt.

Bürgermeister Piet Mayr (schwarzes Jackett) machte mit seiner Stellvertreterin Bianka Poschenrieder (bunter Schirm) den Selbstversuch. (Foto: Christian Endt)

Gleich am Rathaus hatten er und Ziepl einiges auszusetzen: Eine Behindertentoilette sei zwar vorhanden, dort gebe es aber keinen Knopf für Notrufe, zudem sei die Toilette nicht ausgeschildert. Die weiteren Kritikpunkte überprüften Mayr und Grünen-Gemeinderat Moritz Dietz gleich selbst im Rollstuhl sitzend. Sie mussten feststellen, dass die Flügeltüre am Eingang ohne Automatik schwer passierbar ist, und dass man in größeren Rollstühlen im Rathausfahrstuhl nicht wenden kann. Fachkundig beriet die beiden dabei Werner Perfler, der selbst querschnittsgelähmt und auf den Rollstuhl angewiesen ist. Um zu zeigen, dass ein Betroffener an einem Behindertenparkplatz eineinhalb Meter Platz zum Ein- und Aussteigen braucht, fuhr er mit dem Auto vor und demonstrierte den Vorgang für die Zuschauer.

Bürgermeister Mayr ließ es sich nicht nehmen, mit dem Rollstuhl vom Rathaus bis zum Schmiedweg zu fahren, wo gegenüber dem Haus der Vereine eine öffentliche Behindertentoilette aufgestellt werden soll. So lautet zumindest der Vorschlag des VdK: "Wir stellen uns hier ein Häuschen vor, in dem eine Toilette und ein Waschbecken auf ungefähr sechs bis sieben Quadratmetern untergebracht sind", sagt Ziepl, das koste etwa 100 000 Euro. Alternativ käme eine Toilette in Frage, die in den geplanten Anbau des Rathauses integriert und nur von außen erreichbar sei.

Weiter ging es, über den Kirchenweg zum Martinstadl. Von jetzt an saß die zweite Bürgermeisterin Poschenrieder im Rollstuhl: "Das wird mit der Zeit nämlich ganz schön anstrengend. Wer nicht selbst betroffen ist, kann sich überhaupt nicht vorstellen, welche Hindernisse sich einem hier in den Weg stellen", sagte Mayr, bevor er seine Kollegin über die Bordsteinkante an der Kreuzung bei der Alten Posthalterei schob. Dort auf dem gesamten Bürgersteig sowie gegenüber an der Einmündung des Kirchenwegs ist durchgehend Kopfsteinpflaster, was für Rollstuhlfahrer ein Hindernis darstellt. Hier muss die Stadt unbedingt etwas ändern, so die Forderung des VdK.

Auch am Pfarramt Sankt Martin ist die Auffahrt eine "Huckelpiste", wie Ziepl es nannte, und zwar aus Pflastersteinen. Hier soll sich aber bald etwas ändern, das Verfahren wurde bei der Gemeinde schon in Angriff genommen. Unter Ziepls und Werners aufgelisteten Barrieren sind unter anderem noch der Mairsamer-Saal in Pöringund etliche unüberwindbare Bordsteine, und es fehlen Behindertenparkplätze am Sportpark sowie Hinweise auf eben diese Parkplätze in Pöring an der Kirche Sankt Georg und am Dorfplatz.

© SZ vom 11.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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