Zorneding:Schnaps von gestern

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Die alte Brennerei mitten in Zorneding an der früheren B 304 ist eines der letzten historischen Gebäude der Gemeinde - und wird bald Geschichte sein. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Auf dem Zornedinger Brennerei-Areal entstehen Wohnungen

Von Anselm Schindler, Zorneding

Sie wird fehlen, die alte Brennerei im historischen Ortskern von Zorneding. Ziemlich genau ein Jahrhundert stand sie dort, unweit der Katholischen Kirche. Es ist eine idyllische Kulisse, im Vordergrund die alte Brennerei, im Hintergrund der Zwiebelturm der Kirche, der die umliegenden Dächer überragt. Bald werden die Bagger anrücken, dann geht es einem der letzten historischen Gebäude des alten Zornedings an den Kragen.

Bei ihrer jüngten Sitzung stimmten die Zornedinger Gemeinderäte über einen Vorbescheid zur künftigen Bebauung der Brennereiinsel - so nennt sich das Areal, ab. Was schon jetzt feststeht: Auf drei Etagen werden dort künftig Menschen wohnen. Dass das Grundstück zur Wohnbebauung freigegeben werden soll, das steht schon seit Februar fest, jetzt werden langsam die Details klar. Im Vorbescheid ist von rund 1300 Quadratmetern Wohnfläche die Rede - abzüglich der Dachschräge.

"Die Vorentwürfe gefallen dem Gemeinderat", erklärt Bauamtsleiter Diana Saiger. Das Gremium wolle deshalb auf einen detaillierten Bebauungsplan verzichten. Wenn der Bauantrag für das Grundstück dann tatsächlich vorliegt, dann wird sich der Gemeinderat erneut mit dem künftigen Wohnhaus auf der Brennereiinsel beschäftigen. Davor wartet man aber noch darauf, dass das Landratsamt den Vorbescheid durchgehen lässt. Wann die Behörde zustimmt - oder aber Änderungen verlangt, ist bislang noch unklar. "Wir wollen so bald wie möglich verkaufen", erklärte Jakob Festl, ein Mitglied der Brennereigenossenschaft, die in dem Gebäude bis vor vier Jahren Schnaps gebrannt hat. "Weil weiter machen können wir ja nicht", sagt Festl und klingt dabei etwas wehmütig.

Am liebsten wollte man das historischen Gebäude auf dem 1250 Quadratmeter großen Gelände einfach stehen lassen und weiter Kartoffeln in Hochprozentiges verwandeln, so Festl. Der Haken: Nach fast 100 Jahren steht das deutsche Branntweinmonopol vor dem Aus. In der Vergangenheit hatte der Staat den Brennereien unter die Arme gegriffen, und ihnen den Schnaps für gutes Geld abgekauft, - um ihn nachher billiger weiterzuverkaufen. Die Europäische Union aber will den Markt für Branntwein liberalisieren und hat das staatliche Monopol und seine Subventionen kurzerhand gekippt. Was für viele kleine Brennerei-Betriebe das Aus bedeutete. Auch für die Zornedinger Genossenschaft. 1918 hatte Jakob Festls Großvater Ludwig Festl die Brennerei zusammen mit einem befreundeten Landwirt aufgebaut. In kleinem Umfang. Doch die Brennerei wuchs, in den vergangenen Jahren wurden jährlich bis zu 2100 Hektoliter Branntwein destilliert. Das würde reichen, um 1500 Badewannen zu füllen. Sobald das Gebäude abgerissen ist, wolle die Brennereigenossenschaft das Grundstück verkaufen, sagt Festl.

© SZ vom 05.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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