Zorneding:Hürden und Hoffnung

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Angelika Burwick berichtet bei der FDP vom Helferkreis

Von Barbara Mooser, Zorneding

Antwortmails aus dem Landratsamt kommen häufig samstags oder sonntags und sehr oft spät in der Nacht. "Alle dort arbeiten rund um die Uhr, sieben Tage die Woche, das kann nicht funktionieren", sagt Angelika Burwick vom Zornedinger Helferkreis für Asylbewerber über die Zuständigen in der Behörde. Der Ton werde zunehmend gereizter angesichts der ständig wachsenden Zahl an Flüchtlingen, für deren Unterbringung und Betreuung das Landratsamt zuständig ist. "Es ist inzwischen äußerst, äußerst schwierig", berichtete Burwick beim jüngsten Stammtisch der FDP in der Taverna "Marathon". Einen Vorwurf könne man aber den Mitarbeitern angesichts der großen Arbeitslast auch nicht machen.

Die Liberalen hatten Burwick eingeladen, über ihre Erfahrungen zu berichten. Denn seit einem Dreivierteljahr leben etwa 50 Asylbewerber in der Containerunterkunft am Bahnhof - und an die 150 Zornedinger - "Tendenz steigend" - haben es sich zur Aufgabe gemacht, ihnen den Start in ihrer neuen Heimat zu erleichtern, ihnen bei der Eingewöhnung zu helfen und auch dabei, schnell auf eigenen Beinen stehen zu können. Nicht ganz einfach war es laut Burwick schon allein, einige der jungen Männer zum Deutschlernen zu motivieren. Erst als sich gezeigt habe, dass sie nur dann gute Chancen auf einen Job hätten, wenn es auch mit der Sprache klappt, habe ein Umdenken stattgefunden. Auch der Sinn der Hausregeln leuchtete nicht jedem der Bewohner sofort ein, "und die Brandschutzrichtlinien waren schon gar nicht verständlich zu machen", so Burwick. Inzwischen ist vieles auf einem guten Weg, eine gewisse Routine ist eingekehrt - wenn nicht gerade ein kaputter Wasserhahn den Sanitärraum unter Wasser setzt oder ein Herd durchbrennt.

Die Helfer sind aber nicht nur in diesen Fällen zur Stelle, sie haben auch eine große Verantwortung, beispielsweise, wenn es darum geht, gemeinsam mit den Flüchtlingen die Anhörungsbögen zum Asylverfahren auszufüllen. Sehr gewissenhaft und genau müsse dies geschehen, so Burwick, an den Antworten auf zwei Fragen hänge im Grunde das weitere Schicksal der Menschen. Immer wieder müssen die Helfer auch eingreifen, wenn die Flüchtlinge an Menschen geraten, die mit ihnen nur illegale Geschäfte machen wollen. Handys oder dubiose Arbeitsverträge würden den jungen Asylbewerbern angeboten, berichtete Burwick, sogar in der Unterkunft selbst seien solche Leute schon angetroffen worden. Die Konsequenz: Die Helfer bekommen jetzt Ausweise - wer keinen Ausweis hat, kommt an der Security nicht mehr vorbei.

Doch auch bürokratische Hürden kosten oft Zeit und Nerven. Beispielsweise, so Burwick, habe man als Geschenk einen hochwertigen Herd angeboten bekommen, als Ersatz für einen, der kaputt gegangen sei. Doch man habe den Herd nicht einbauen lassen dürfen, weil aus dem Landratsamt die Anweisung gekommen sei, so etwas sei ausschließlich Sache der Behörde. Die jungen Flüchtlinge selbst müssten sich jeweils von der Berufsschule befreien lassen, um im Landratsamt persönlich ihr Geld abzuholen, das sei nämlich nur an einem bestimmten Tag zu bestimmten Zeiten möglich. "Das halte ich für ganz, ganz großen Unfug", sagte Burwick. Grundsätzlich zog sie aber ein positives Fazit der bisherigen Arbeit des Helferkreises: Man sei sehr gut organisiert, jeder wisse, wofür er zuständig sei. Und auch generell sieht sie in Zorneding eine eher positive Einstellung gegenüber den Flüchtlingen. "Weniger als zehn Prozent" verträten tendenziell rechte Ansichten.

Einig war sich Burwick mit den FDP-Vertretern über die Einordnung der "Causa Boher". Es gebe ohnehin genügend Herausforderungen, mit denen bei der Arbeit mit Flüchtlingen derzeit zu kämpfen sei, sagte FDP-Gemeinderat Peter Pernsteiner: "Da hilft es absolut nicht, wenn noch einer hetzt." Und Kreisvorsitzender Alexander Müller warnte die CSU davor, auf diese Weise in manchen Wählerkreisen punkten zu wollen. "Wer rechts blinkt, bekommt rechts", sagte Müller. Die Wähler, die sähen, dass rechtes Gedankengut nun toleriert werde, entschieden sich dann aber wahrscheinlich nicht für die CSU, sondern gleich für die AfD.

© SZ vom 28.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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