Zorneding:Freiheit dank Technik

Lesezeit: 1 min

Bewohner des beschützten Bereichs könne sich nun auch im Außenbereich frei bewegen. (Foto: Christian Endt)

Demenzkranke im Seniorenheim erhalten Funkarmbänder

Es ist ein Stück Freiheit: Ein Armband am Handgelenk ermöglicht es den Bewohnern des beschützten Wohnbereiches im Seniorendomizil Haus Bartholomäus seit Kurzem, sich frei im Haus zu bewegen. Die Eingangstüre zum Wohnbereich im Erdgeschoss, die bisher nur mit einem elektronischen Zahlencode zu öffnen war, steht nun offen. Bewohner des Obergeschosses nutzen nach Belieben den Aufzug. Die meist demenzkranken Bewohner, die hier mit richterlichem Unterbringungsbeschluss des Amtsgerichtes wohnen, können sich nun auch im Außenbereich gefahrlos aufhalten.

Möglich macht dies ein Funkarmband am Handgelenk, das voller Technik steckt. Der Transponder löst beim Betreuungspersonal sofort Alarm aus, wenn sich der Träger aus dem überwachten Bereich entfernt. Dabei sind der Standort und die Identität des Bewohners sofort ersichtlich. Damit das System funktioniert, waren umfangreiche technische Vorarbeiten notwendig. An den Türen und im Außenbereich des Haus Bartholomäus mussten viele Meter Schleifenantennen im Boden verlegt werden.

Bei einer Demenzerkrankung spielt die Realität eine untergeordnete Rolle. Die zeitliche und räumliche Orientierung ist nicht mehr oder nur noch eingeschränkt vorhanden. Die Erkrankung alleine macht es noch nicht notwendig, einen Bewohner beschützend unterzubringen. Es ist eher die Weglaufgefährdung und die daraus resultierende Gefahr, auf eine Straße zu laufen, sich zu verirren oder nicht mehr nach Hause zu finden. Die meisten Bewohner sind auf der Suche nach ihrem Zuhause, ihren Kindern, ihrer Arbeit und greifen manchmal stundenlang an den verschlossenen Türgriffen. Sie fühlen sich eingesperrt. "Der Weglaufdrang ist eigentlich ein Hinlaufdrang", erklärt Einrichtungsleiter Stefan Schmidt. Der Umgang mit der Weglauftendenz von Demenzkranken habe in der Vergangenheit zu beschützten, abgeschlossenen Wohnbereichen in Senioreneinrichtungen geführt. Zugleich ist im Grundgesetz das Recht auf Freiheit für jede Person verankert. Der Spagat zwischen Freiheit und Schutz sei für Mitarbeiter in Seniorenheimen und Angehörige oft schwierig.

Für Einrichtungsleiter Stefan Schmidt war die Öffnung des Bereiches die richtige Entscheidung. Die Bewohner reagierten sehr gut auf den vergrößerten Bewegungsradius und freuten sich, dass sie im Haus nun unterwegs sein können. Die Hausgemeinschaft insgesamt sei dadurch auch gestärkt worden. "Insgesamt muss die Betreuung individueller und flexibler werden, da sind wir alle aufgefordert", ist Stefan Schmidt überzeugt.

© SZ vom 12.08.2016 / sz - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: