Zorneding:Familien sollen Business-Tarif berappen

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Das schnelle Internet in Zorneding wird deutlich teurer als erwartet. Die Leute sollen für Highspeed-Fasern zahlen, die sonst nur größere Firmen brauchen.

Von Anselm Schindler, Zorneding

Matthias Dunkel ist sauer. Zu Beginn des Jahres hatte er, wie viele Zornedinger, Werbung für die Deutsche Glasfaser GmbH gemacht. Jetzt würde er das nicht mehr tun. Die Firma verspricht, alle Zornedinger Privathaushalte künftig mit einem Glasfaser-Anschluss für schnelles Internet zu versorgen - und die Verlegung soll für diejenigen, die bereits einen Antrag gestellt haben, kostenlos erfolgen. 100 Megabit Übertragungsrate für knapp 35 Euro, das sind die Konditionen für Privatkunden. Doch Matthias Dunkel und andere Bürger, die im Nordwesten der Gemeinde leben, sind verunsichert. Denn im Mischgebiet rund um den Georg-Wimmer-Ring biete die Glasfaser nun nur einen Business-Anschluss an, wie Dunkel erklärt.

Das Angebot ist eigentlich für größere Geschäftskunden geeignet - und kostet zwischen 250 und 1000 Euro im Monat. Offenbar habe das Unternehmen nicht bedacht, schimpft Dunkel, dass das Gebiet am Georg-Wimmer-Ring kein reines Gewerbe- sondern ein Mischgebiet ist, wo auch gewohnt wird. Wenn sich aber in einem Gebäude sowohl Privatwohnungen als auch Gewerbe befänden, müsse wohl auch für den Wohnbereich ein Business-Anschluss her. Diese Regelung beträfe dann auch Matthias Dunkel: In dem Haus, in dem er wohnt, befindet sich auch ein "Heil- und Gesundheitszentrum", das er und eine Kollegin betreiben.

Man werde sich die Lage vor Ort ansehen, und eine "flexible Lösung" finden, heißt es von Benjamin Ogles, einem Sprecher der Glasfaser. Versprechen könne man allerdings noch nichts. Nach den Pfingstferien wolle man sich mit den Zornedinger Unternehmern zusammensetzen und die Lage erklären, sagt Ogles.

Down- und Uploads können - geht man vom preiswertesten Business-Tarif der Glasfaser aus - mit einer Übertragungsrate von 200 Megabit pro Sekunde getätigt werden. Das Streamen eines Filmes beispielsweise benötigt je nach Qualität sekündlich zwischen zehn und 30 Megabit. Auch viele Gemeinden haben in ihren Rathäusern einen 200-Megabit-Anschluss, so ist das auch in Zorneding. "Ein Privatkunde braucht so ein großes Datenvolumen im Regelfall natürlich nicht", erklärt FDP-Gemeinderat Peter Pernsteiner. "Und viele kleinere Unternehmen ebensowenig".

Dem Anbieter hätte das Problem bekannt sein müssen

Neben den hohen monatlichen Kosten haben die Business-Tarife noch einen weiteren Nachteil: Während die Kabel für Privatkunden kostenlos bis ins Haus verlegt werden, verlangt die Deutsche Glasfaser für den Business-Anschluss mindestens 500 Euro - je nach Länge der zu verlegenden Kabel kann dieser Preis auch noch steigen.

Auch Zornedings Bürgermeister Piet Mayr (CSU) teilt die Einschätzung, dass weder kleinere Unternehmen noch Privathaushalte einen Business-Tarif bräuchten. Zudem könne er nicht verstehen, wie der Anbieter nun einigen Privatkunden Business-Anschlüsse anbieten könne: "Bei den Polygonen war das Mischgebiet jedenfalls mit drin", sagt Mayr. Polygone, das sind geometrische Figuren, die unter anderem bei der Planung von Glasfaserkabelnetzen verwendet werden.

Dem Anbieter hätte, so Bürgermeister Mayr, theoretisch bekannt sein müssen, dass in dem Gebiet am Georg-Wimmer-Ring auch privater Wohnraum angeschlossen werden muss. Möglicherweise habe es bei der Planung "Unschärfen" gegeben. Mayr hofft nun, dass die Firma in ihrer Planung noch nachbessert und auch allen Privatleuten im Nordwesten der Gemeinde reguläre Tarife anbietet. Und was, wenn sich die Firma weigert, das zu tun? "Dann haben wir ein Problem", sagt Mayr. "Auch mit unserer Glaubwürdigkeit".

Der Bürgermeister hatte im vergangenen Jahr zusammen mit Pernsteiner und anderen Mitstreitern bei Veranstaltungen, über Facebook und auf anderen Kanälen recht offensiv für die Deusche Glasfaser geworben. Fast schon euphorisch reagierten Lokalpolitiker und Gemeindeverwaltung als Anfang dieses Jahres klar wurde, dass die Mindestanzahl der für eine Verlegung der Kabel nötigen Anträge erreicht war. 40 Prozent der Haushalte hatten im Zuge der Werbekampagne einen Anschluss beantragt.

Von dem Angebot des Business-Anschlusses habe er erst erfahren, als er vor einigen Tagen einen Info-Flyer der Glasfaser in seinem Briefkasten fand, berichtet Matthias Dunkel. Er kritisiert auch die Informationspolitik der Deutschen Glasfaser GmbH. "Da muss sich was verbessern", pflichtet ihm auch FDP-Mann Pernsteiner bei. Ob er einen Anschluss zum Gewerbe-Tarif nehmen würde? "Ganz sicher nicht!", sagt Dunkel. Im Zweifel bleibe man lieber beim alten Kupferdraht-Anschluss der Telekom. Dafür haben sich auch andere im Zornedinger Nordwesten entschieden. "Als wir unseren Technik-Berater gefragt haben, ob wir zur Glasfaser sollen, da hat er sehr schnell abgeraten", erklärt eine Mitarbeiterin der Steuerkanzlei Siegel.

Unklarheit besteht auch darüber, wann in Zorneding die Bagger für die Verlegung der Glasfaserkabel rollen. Noch im Februar hatte es von Seiten der Gemeinde geheißen, dass die Bauarbeiten bereits bis Ende dieses Jahres abgeschlossen sein könnten. Auf einen Zeitpunkt will sich Rathauschef Mayr jetzt allerdings nicht mehr festlegen. Am Daxenberg führe man gerade Verhandlungen mit einem Grundstückseigner, heißt es aus dem Rathaus. Konkret geht es dabei um Platz für die Errichtung eines Knotenpunkts für die Kabelanbindungen. Erst wenn der Grund dafür sichergestellt sei, könne es mit der Planung weitergehen, erklärt Mayr.

© SZ vom 03.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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