Zorneding:Die Tragik in Bildern

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Am Baum im Eingangsbereich hat Bianca Poschenrieder (rechts) Bilder von Zornedinger Asylbewerbern aufhängen lassen. Eines zeigt zwei Friedenstauben. (Foto: Endt)

Warum fliehen Menschen? Eine Ausstellung im Zornedinger Rathaus berührt mit Fakten und Fotos

Von Isabel Meixner, Zorneding

Das Foto zeigt ein vielleicht fünf Jahre altes Mädchen auf einer zerbombten Straße sitzend. Dem rosa Kinderwagen neben ihr fehlen zwei Räder, sie selbst hält ihre Barbie fest in der Hand, kämpft mit Tränen. "Wir fanden Tag und Nacht kaum Schlaf, weil wir Angst um unser Leben hatten", steht auf dem Plakat. Das Foto wurde vor zwei Jahren in einem Vorort von Damaskus aufgenommen. Es zeigt auf bedrückende Weise, warum Tausende Menschen aus ihrer Heimat fliehen und in Europa auf Sicherheit, Perspektive und ein besseres Leben hoffen.

"Man hat bisher nur wahrgenommen, dass die Flüchtlinge da sind, aber nicht gefragt: Wo kommen sie eigentlich her? Es ist wichtig, darüber aufzuklären", sagte Zornedings Bürgermeister Piet Mayr am Freitag bei der Eröffnung der Ausstellung "Asyl ist Menschenrecht" im Rathaus. Sie geht in 25 Plakaten auf die Fluchtgründe ein, den Krieg in Syrien, den oft lebensgefährlichen Weg über das Mittelmeer und die europäische Abschottungspolitik und stellt Aussagen wie "Warum kommen die eigentlich alle zu uns?" Fakten gegenüber. 86 Prozent aller Flüchtlinge bleiben in ihrem Land oder in ihrer Region, heißt es auf einem Plakat; auf einem anderen, dass mindestens 23 000 Schutzsuchende seit dem Jahr 2000 ihr Leben im Mittelmeer verloren. Das entspricht zweieinhalb Mal der Größe Zornedings. "Europa kann nicht akzeptieren, dass viele tausend Menschen an seinen Grenzen umkommen", heißt es auf einem Plakat. Darunter: ein vollkommen durchweichter Reisepass, der in der Ägäis angeschwemmt wurde.

Die Ausstellung der Menschenrechtsorganisation "Pro Asyl" hat zweite Bürgermeisterin Bianka Poschenrieder, die gemeinsam mit Jugendpfleger Florian Hoffmann die Ausstellung initiiert hat, ergänzt durch selbstgemalte Bilder von Zornedinger Asylbewerbern, die im Erdgeschoss des Rathauses zu sehen sind. Sie zeigen Motive von der Flucht oder aus der Heimat, etwa das einfache Dorfleben oder einen Fischer auf See. Im Obergeschoss hängen Werke des senegalesischen Künstlers Bakary Sarr, der als Flüchtling in Ebersberg untergebracht ist und im Speicher des dortigen Rathauses sein Atelier hat aufbauen dürfen. Auch er verarbeitet seine Erlebnisse der Flucht in seinen Bildern, wenngleich auf abstrakte Weise. Doch wer genau hinschaut, kann in seinen Werken Schiffe entdecken, die kurz vor dem Untergang sind.

Sie habe die bedrückenden Fakten mit Kunst auflockern wollen, erklärt Poschenrieder. Eine dunkle Vorahnung, was auf die Menschen in den Krisenregionen und in Europa noch zukommen könnte, zeigt ein Foto, auf dem fünf junge Männer mit Rucksack und Umhängetasche zu sehen sind. Sie gehen über eine Wiese, einer ungewissen Zukunft entgegen. "Es geht nicht um die Wahl, ob die Menschen ein besseres Leben haben oder nicht", steht auf dem Plakat. "Es geht um Leben und Tod . . . Egal, was passiert, die Menschen werden weiterhin fliehen."

Die Ausstellung "Asyl ist Menschenrecht" der Menschenrechtsorganisation "Pro Asyl" ist bis 19. Februar im Rathaus Zorneding zu den üblichen Öffnungszeiten zu sehen. Die gleiche Ausstellung ist demnächst auch im Rathaus Poing zu sehen. Sie wird am Freitag, 29. Januar, um 18 Uhr mit einem Vortrag über "Rassismus gegenüber Geflüchteten. Hintergründe, Vorurteile und Gegenargumente" eröffnet.

© SZ vom 25.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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