Zorneding:Die Kehrseite des Best-of

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Beim "Boxenstopp", einem Rückblick auf 20 Jahre Bühnenpräsenz, reiht Django Asül in der Zornedinger Trattoria "Limone" bekannte Pointen aneinander. (Foto: Christian Endt)

Mit seinem neuen Programm "Boxenstopp" kann Django Asül bei der Premiere im Pöringer "Limone" nicht ganz überzeugen

Von Thorsten Rienth, Zorneding

Schlecht ist diese Bilanz sicher nicht: 1996 den Kabarett Kaktus bekommen, Münchens ältesten Kleinkunstpreis. Vier Jahre später den Bayerischen Kabarettpreis in der Sparte Senkrechtstarter. Dann ist Django Asül Fastenredner auf dem Münchner Nockherberg. Schließlich Festredner beim Maibockanstich im Hofbräuhaus. Seit 2011 strahlt der BR seinen satirischen Jahresrückblick "Rückspiegel" aus. Sein neues Programm "Boxenstopp", das er am Freitag- und Samstagabend in der Zornedinger Kleinkunstbühne im "Limone" gespielt hat, wird dieser Bilanz jedoch nicht gerecht. Vielmehr ist es ein gutes Beispiel für die schlechte Seite eines "Best-of".

Genau das soll der "Boxenstopp" nämlich sein, ein Rückblick auf 20 Jahre Bühnenpräsenz. Um zu sehen, wo er gelandet sei, schreibt der Niederbayer auf seiner Homepage. "Und um nachvollziehen, welche Strecke zurückgelegt wurde." Anstatt eines Diaabends präsentiere er also Klassiker aus zwei Jahrzehnten. Doch genau darin liegt das Problem: Bei diesem "Boxenstopp" wird man einfach den Eindruck nicht los, dass hier längst bekannte Pointen wahllos aneinander gereiht werden, auf dass daraus irgendwie ein neues Programm entstehe.

Das beginnt mit der Frage, was an Asyls Geburtstag, dem 19. April, eigentlich noch so alles passiert sei? "Adenauers Tod, Elstners Geburt und die gescheiterte Invasion in der Schweinebucht." Per fiktivem Stammtischbruder folgt ein kurzer Einblick ins deutsche Schulsystem. Seien doch eh fast alles Ausländer in den Klassen: "Türken, Ukrainer, Österreicher, und der Lehrer kommt aus Sachsen - niemand versteht niemand." Das ist abgestanden wie muffiges Wasser in einem verrosteten Wasserhahn. Später wird der Mann vom Stammtisch selbst zum Lehrer. "Die Nato ist die EU, nur mit echten Patronen." Schließlich mimt Asül den Jugendfußballtrainer, der zum Kicker sagt: "Du darfst gerne ein Russe sein. Solange du dich nicht wie einer aufführst."

Diesen Szenen folgen ein paar Geschichten aus Django Asüls Leben. Zum Beispiel die von der Polizeikontrolle auf der A 92. Als ihn Zivilpolizisten anhalten wollen, morst er die Antworten auf die Anzeige in der Polizei-Heckscheibe mit dem Fernlicht. Der Sketch wirkt wie der niederbayrische Versuch, an Hans Söllners (oberbayrische) "Fahrzeugkontrolle" heranzukommen. Auch zu hören ist die Story mit dem Konsulatsbeamten, der wissen will, ob Asül zufälligerweise Komiker sei. "Ja, sogar hauptberuflich." Zwischendurch sind Sätze zu hören wie: "Die Türkei ist mein persönlicher Gaza-Streifen." Oder: "Was in der DDR die Stasi war, sind in Bayern die Trachtenvereine."

Schade eigentlich, denn immer dann, wenn Django Asül sich selbst in die Zeitgeschichte einordnet, wird er richtig gut. Die Passage etwa, als er die deutsche Staatsbürgerschaft bekommt: "Am Morgen will ich aufstehen - aber es geht nicht. Es geht einfach nicht." Er sinniert, woran das liegen könnte. Dann kommt's ihm: "Das muss die historische Verantwortung sein!" Oder der Abschnitt, indem er - nur ganz nebenbei - plötzlich zum Berater allerlei bayrischer Ministerpräsidenten und CSU-Generalsekretäre wird, Trendsetter in der Umweltpolitik, Taktgeber beim Integrationsgipfel, kreativer Kopf bei regionalproporz-bedingten Rochaden im bayrischen Kabinett. Dass er es war, der niederbayrische Türke, der in Wirklichkeit die vergangenen Jahre freistaatlicher Landespolitik gestaltet hat - das wäre doch mal eine tolle Klammer für einen Rückblick gewesen!

Am Montag, 7. Dezember, 20.30 Uhr, ist Django Asül mit seinem "Rückspiegel 2015" im Alten Kino. Der Vorverkauf beginnt am Montag, 5. Oktober.

© SZ vom 15.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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