Zorneding: Bürgerhaushalt:Die Bevölkerung als Kämmerer

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Die Bevölkerung soll künftig entscheiden, wie in Zorneding Geld ausgegeben wird - so wünschen es sich Lokalpolitiker in großer Einheit. Und doch ist der "Bürgerhaushalt" ein Wunschtraum.

Wieland Bögel

Die Zornedinger sollen künftig bei der Planung des Haushalts der Gemeinde mitreden dürfen. Dies hat die CSU-Ortsvorsitzende Sylvia Boher vorgeschlagen. Vertreter anderer Parteien begrüßen zwar die Idee von mehr Bürgerbeteiligung, weisen aber auch auf mögliche Probleme hin. Die Kommunalaufsicht gibt zu bedenken, dass laut Gemeindeordnung die Bürger gar nicht direkt über Haushaltsfragen abstimmen können.

Wie wird das Geld ausgegeben? Zornedinger Lokalpolitiker wollen die Bevölkerung in diesen Entscheidungsprozess einbeziehen. (Foto: istockphoto)

"Die Bürger lernen abzuwägen. Es entsteht ein Bewusstsein für die Kosten kommunaler Aufgaben", lobt Boher die Vorzüge eines Bürgerhaushaltes. Statt die Schuld an leeren Gemeindekassen oder abgesagten Projekten "auf die gewählten Politiker abzuwälzen", stünden die Bürger dann selbst in der Verantwortung, so Boher. Dies kritisiert allerdings der stellvertretende Bürgermeister Werner Hintze (SPD). Grundsätzlich sei Bürgerbeteiligung immer zu begrüßen, so Hintze, sie dürfe der Politik aber nicht als Mittel dienen, sich von Verantwortung zu befreien.

Für Boher hat der Bürgerhaushalt noch weitere Vorteile. Er könne etwa ein Mittel gegen Politikverdrossenheit sein. Hätten die Bürger die Möglichkeit, sich einzubringen, "werden breite Teile der Bevölkerung mitwirken". Genau das bezweifelt der Fraktionssprecher der Grünen, Helmut Obermaier.

Er vermutet, dass nur diejenigen zum Abstimmen kommen, die von der konkreten Entscheidung betroffen wären. Bei den Bürgerversammlungen "kommen auch immer die gleichen Leute", so Obermaier. Trotzdem sei Bohers Vorstoß "eine gute Idee", die man umsetzen solle. Die Grünen seien stets für mehr Bürgerbeteiligung in der Kommunalpolitik.

Doch trotz des vielversprechenden Namens Bürgerhaushalt fällt die konkrete Bürgerbeteiligung dabei eher gering aus, erklärt Paul Hofmann von der Kommmunalaufsicht des Landratsamtes. Laut bayerischer Gemeindeordnung dürfen Haushaltsentscheidungen der Kommunen nur von den gewählten Gemeinderäten vorgenommen werden.

"Mitbestimmung light"

Zwar könne im Rahmen des sogenannten Mitberatungsrechtes auf einer Bürgerversammlung über Vorschläge abgestimmt werden, diese seien aber für den Gemeinderat nicht bindend. Ein Bürgerhaushalt sei daher eher so etwas wie eine Meinungsumfrage, so Hofmann: "Das ist Mitbestimmung light." Auch Boher ist sich dessen bewusst. "Der Bürgerhaushalt ist ein Beratungs-, kein Mitbestimmungsinstrument", erklärt die Ortsvorsitzende. Über dessen Vorschläge würde nach wie vor der Gemeinderat abstimmen.

Die Einführung des Bürgerhaushaltes sei auch mit großem Aufwand verbunden, sagt Peter Schuster, der Kämmerer von Kirchanschöring. Diese Gemeinde führt Boher als Vorbild an, dort werde es bereits im kommenden Jahr einen Bürgerhaushalt geben. Doch laut Kämmerer Schuster ist mit der Einführung des "sehr aufwendigen" Projektes frühestens im Jahr 2012 zu rechnen.

Auch in Zorneding dürfte die Einführung des Bürgerhaushaltes noch etwas auf sich warten lassen, meint Bürgermeister Piet Mayr (CSU). Er hält Bohers Vorschlag zwar für eine gute Idee, ein konkretes Konzept gebe dafür es allerdings noch nicht. Zunächst will man die Erfahrungen anderer Gemeinden mit dieser Art der Mitbestimmung betrachten, so Mayr, danach werde sich der Gemeinderat "ohne Zeitdruck mit dem Bürgerhaushalt befassen".

© SZ vom 28.06.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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