Zorneding:Besuch in der Geschichts-Werkstatt

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Zu seinem 30-jährigen Bestehen informiert der Heimatkundekreis Zorneding an diesem Wochenende im alten Schulhaus über die Historie der Gemeinde - und über sich selbst

Von Anselm Schindler, Zorneding

Im Jahr 1935 stellte die Familie Ritzl vom Schneiderhandwerk auf die Produktion von Limonade um. "Bist du müde, bist du fade, trinke Ritzls Limonade", zitiert Hans-Joachim Lang den Werbeslogan von damals. Lang ist bereits seit mehr als einem Jahrzehnt im Heimatkundekreis Zorneding aktiv. Er könne sich noch sehr lebhaft an die Limonade erinnern, die in der Bucher Straße 29 ⅓ bis in die Siebzigerjahre hergestellt wurde, sagt der ehemalige Versicherungsfachwirt - Adressen waren damals auch in bayerischen Orten oft noch mit einer Bruchzahl, statt einem Buchstaben, geordnet.

Bereits im November vergangenen Jahres jährte sich die Gründung des Vereins zum 30. Mal. Zu diesem Jubiläum werden am Wochenende im Haus der Vereine in der Anton-Grandauer-Straße Exponate aus der Geschichte Zornedings und der des Vereins ausgestellt. Und unter den Exponaten findet sich auch eine der Limonadenflaschen, die in der Bucher Straße befüllt wurden. Der Heimatkundekreis wurde 1986 im Gasthof Post als Abteilung des örtlichen Trachtenvereins ins Leben gerufen, 1993 wurde daraus ein eigenständiger Verein. Derzeit zählt der Verein um die Vorsitzende Anne Agyekum-Sabraw-Perfler 64 Mitglieder.

Das Fotoarchiv des Heimatkreises ist in den vergangenen Jahren Stück für Stück digitalisiert worden, wie Rosi Trenkler, zweite Vorsitzende des Vereins, erklärt. Während der Ausstellung wird ein Beamer im Büro des Vereins laufend Fotos und Filme über Zorneding an eine Leinwand projizieren. Neben den vielen Fotos werden diverse alte Urkunden, Schriftstücke und Zeichnungen vorgestellt. Darunter ein Skizzenbuch von Matthias Holzmeier, der in der Gemeinde von 1865 bis 1904 als Volksschullehrer unterrichtete. Für eine der detailreichsten Skizzen in dem Buch - sie zeigt das Alpenpanorama von Zorneding aus gesehen - hat sich Holzmeier zum Zeichnen aufs Dach der Schule gesetzt.

Mit der Ausstellung, an deren Gestaltung neben Trenkler und Lang auch Hans Huber, Franz Pfluger und Martin Burgmayer mitwirkten, führt der Heimatkundekreis die Besucher nicht zuletzt in seine eigene Werkstatt: Im Haus der Vereine werten seine Mitglieder seit Jahren die Dokumente, Zeitschriften und Bücher aus dem bemerkenswerten Fundus des Heimatkundekreises aus. Anfang der Neunzigerjahre publizierte der Verein sein erstes Buch - den Bildband Zorneding. Es folgten vier Heimatbücher über Ingelsberg (2009), Wolfesing (2011), Zorneding (2013) und Pöring (2015). Die mehr als 700 Seiten dieser vier Bücher machen die Geschichte von Zorneding und seinen Ortsteilen greifbar: Dem Heimatkundekreis ist es in den Büchern gelungen, jahrhundertealte Geschichte so nah an ihren Protagonisten entlang zu erzählen, dass es auch für Nicht-Zornedinger spannend ist, die Bücher zu durchstöbern.

Hans-Joachim Lang fährt mit seinem rechten Zeigefinger an einer Zeittafel entlang, auch sie ist am Wochenende im alten Schulhaus ausgestellt. Zum ersten Mal schriftlich erwähnt wurde Zornkeltinga - so wurde der Ott damals geschrieben - zu Beginn des neunten Jahrhunderts. Das im Ortsnamen enthaltene "Zorn" weist darauf hin, dass es sich bei dem Gebiet, auf dem der Ort entstand, um eine Rodungsinsel handelte, abgeleitet ist "Zorn" wohl von zerren, einem alten Wort, das lange Zeit auch als Synonym für brandroden verwendet wurde. Einige hundert Jahre später hatte sich der Ortsname von Zorneding mit "Zornolting" dem heutigen Namen schon weiter angenähert. Zu finden ist das Wort auf einer Karte aus dem Jahr 1560 - auch sie ist an diesem Wochenende im Haus der Vereine ausgestellt.

Mehr als 130 Vortragsabende hat der Heimatkundekreis seit seiner Gründung vor rund drei Jahrzehnten organisiert - fast alle waren sie gut besucht. Das hat wohl vor allem mit der Entwicklung des Ortes Zorneding zu tun, das nach dem Zweiten Weltkrieg ein Dorf war und jetzt fest zum Münchner Speckgürtel gehört. Gerade weil sich der Ort so rasant entwickelt hat, gibt es ein gesteigertes Interesse an den alten Fotos und den Geschichten von den Höfen. An einer Zeit, in der alles noch überschaubar war.

Die Ausstellung im Haus der Vereine ist am Samstag, 11. März, von 13 bis 17 Uhr und am Sonntag, 12. März, von 10 bis 16 Uhr geöffnet.

© SZ vom 11.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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