Helferkreis Zorneding:Radlwerkstatt bekommt eigenen Raum

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Klein ist die Werkstatt; Zaid Kidane, Katharina Böhm, Seyon Samaki, Dieter Dellheimer, Michael Hofmann und Bianca Poschenrieder freuen sich dennoch. (Foto: Endt)

Für die Radlwerkstatt des Helferkreises hat die Zornedinger Tafel nun einen eigenen Raum zur Verfügung gestellt. Dort können die Radlbastler ungestört arbeiten.

Von Annalena Ehrlicher, Zorneding

Kein rotes Band wird zur Eröffnung der Fahrradwerkstatt des Zornedinger Helferkreises durchschnitten - und auch keine Fahrradkette. Ganz ohne große Gesten herrscht dennoch eine festliche Stimmung in den Räumen der Tafel in Zorneding: Denn ein eigener Raum steht hier den freiwilligen Handwerkern von nun an für die Fahrradreparatur zur Verfügung.

Mehr als sieben Menschen auf einmal passen zwar kaum in den schmalen Raum - doch er ist voll funktionsfähig und mit ausreichend Werkzeug ausgestattet. Darüber zeigen sich sowohl die Helfer als auch die designierten Radlbastler sichtlich stolz während der Begehung der Werkstatt. Und auch Schauspielerin Katharina Böhm, die die Schirmherrschaft der Werkstatt übernommen hat, ist glücklich.

Die Arbeit ist nicht nur eine reine Beschäftigung

Angelika Burwick vom Helferkreis erklärt, wie die Idee entstanden ist: "Uns wurden ja zunächst sehr viele Fahrräder gespendet - wir hatten so viele, dass jeder eins haben konnte." Da einige Räder aber nicht pfleglich behandelt wurden, kam die Idee auf, diejenigen, die nicht eindeutig einem Besitzer zuzuordnen waren, weiterzuverwenden. "So haben auch die Flüchtlinge, die in der Zukunft vielleicht neu angekommen, die Möglichkeit, für wenig Geld ein Fahrrad zu erstehen", erläutert Burwick. Außerdem biete die Werkstatt eine Anlaufstelle, bei der sich die Flüchtlinge vernetzen können.

Denn für die jungen Männer, die die Räder reparieren, ist dies nicht nur eine reine Beschäftigung. "Beschäftigt sind die alle - von morgens bis nachmittags ist die Unterkunft unter der Woche leer", sagt Burwick. Auch der 20-jährige Seyou Samaki möchte zwar regelmäßig in der Werkstatt helfen, unter der Woche hat er jedoch jeden Tag Schule und lernt Deutsch. "Ich komme dann einfach, wenn ich weiß, dass ein Fahrrad repariert werden muss", sagt er. "Am Nachmittag und Abend habe ich ja Zeit." Das Reparieren hätten ihm Freunde hier beigebracht, berichtet er und weist stolz in den neuen Werkstattraum. Darin steht Michael Hofmann vom Betrieb Zweirad Hofmann in Zorneding, der geduldig einige Fragen beantwortet und den Blick über die Arbeitsmaterialien schweifen lässt.

Mit Unterstützung vom Mechaniker und durch ausprobieren

Hofmann hat den jungen Männern beispielsweise beigebracht, Achter aus Reifen wieder herauszubekommen. Auch bei der Beschaffung von Werkzeug wurde der "AK Radl" durch den Zweiradmechanikermeister unterstützt. Ansonsten haben die jungen Männer viel durch Ausprobieren gelernt. "Seyou ist tatsächlich ein Phänomen", berichtet ein Mann aus dem Arbeitskreis. "Wenn er sich ein Fahrrad anschaut, versteht er, wie die Mechanik funktioniert und findet so den Fehler." Inzwischen sind zwei der jungen Männer, die regelmäßig in der Werkstatt arbeiten, dafür verantwortlich, Neuankömmlingen die Grundlagen beizubringen, erklärt Burwick die Arbeitsaufteilung.

"Ich finde es toll, was hier auf die Beine gestellt wurde", betont auch Schauspielerin Katharina Böhm, die Schirmherrin des Projekts. Für die Eröffnung verzichtete sie sogar auf einige Stunden hart verdienten Schlafs: "Wir hatten gestern einen Nachtdreh, das wirft den Organismus immer ein bisschen durcheinander", sagt sie lachend. Doch die Radlwerkstatt ist es ihr wert.

Schirmherrin Böhm lobt die Initiative, die Menschen zusammenbringt

"Eigentlich würde ich gerne regelmäßig etwas machen - eine Patenschaft übernehmen zum Beispiel", erklärt Böhm ihr ehrenamtliches Engagement. Allerdings kollidiere das mit ihren unregelmäßigen Arbeitszeiten. Da sie sich dennoch irgendwie einbringen wollte, kam sie zur neuen Radwerkstatt. Natürlich könne es in der aktuellen Flüchtlingssituation Schwierigkeiten und kulturelle Barrieren geben - "aber durch Abblocken baut man die sicher nicht ab", betont die Schauspielerin, die seit 2012 beim ZDF die Hauptkommissarin Vera Lanz in der Krimiserie "Die Chefin" spielt.

Ihr selbst sei das Misstrauen gegenüber anderen Nationalitäten fremd: "Ich war ja selbst irgendwie immer Ausländerin - meine Mutter war ein polnischer Hippie", erinnert sie sich. "Unser Haus war immer voll mit Musikern aus aller Herren Länder." Und wer in der Werkstatt den Blick über die bunt gemischten Gäste der Feier schweifen lässt, der bekommt den Eindruck, dass auch hier längst zur Normalität geworden ist, was man andernorts noch fürchtet.

© SZ vom 25.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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