Kreisklinik:Psychosomatik in Ebersberg: Therapeuten kritisieren geplante Schließung

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Claus Krüger, Chefarzt der Psychosomatischen Station der Kreisklinik, die geschlossen werden soll, darf über die Entscheidung nicht sprechen. (Foto: Christian Endt)

Eine Arbeitsgemeinschaft wendet sich per Brief an den Klinikchef und den Landrat. Es gibt bereits eine Reaktion.

Von Anja Blum, Ebersberg

Die Arbeitsgemeinschaft der Psychotherapeuten im Landkreis stellt sich klar hinter die Patienten der Psychosomatischen Station (PSO) der Ebersberger Kreisklinik: Die Therapeuten sind "sehr empört" über die bevorstehende Schließung des stationären Angebots der PSO wegen Platzmangels auf anderen Stationen. "Die Argumente der Patienten treffen voll und ganz zu", schreibt Anton Speierl, Sprecher der Arbeitsgemeinschaft, in einem Brief an den Aufsichtsrat der Klinik samt deren Vorsitzendem, Landrat Robert Niedergesäß (CSU), sowie an den Geschäftsführer des Krankenhauses, Stefan Huber.

In der Arbeitsgemeinschaft haben sich laut Speierl seit mehr als 20 Jahren so gut wie alle psychotherapeutisch tätigen Ärzte und psychologischen Psychotherapeuten zusammengeschlossen, um die Angebote auf der regionalen Ebene zu fördern und zu verbessern. Alle Therapeuten im Landkreis hätten schon oft Patienten zur PSO geraten oder nach stationären Aufenthalten dort Therapien weiter geführt.

"Gerade das wohnortnahe Angebot mit der Beibehaltung der Lebensbezüge der Patienten ist ein großer Vorteil gegenüber weit entfernten Rehakliniken", schreibt der Sprecher. Außerdem werde in der Ebersberger PSO intensivere Psychotherapie geleistet als in den meisten Kliniken des Bezirks Oberbayern (KBO), wohin Betroffene künftig ausweichen müssen.

"Dort ist man meines Wissens nach stärker auf eine medikamentöse Behandlung ausgerichtet", erklärt Speierl auf Nachfrage. In der Kreisklinik hingegen sei bislang ein breites psychotherapeutisches Spektrum geboten. Zugleich aber kümmere sich hier seit Jahren ein Facharzt für Psychiatrie um entsprechende Fragestellungen. "Wann ist eine Mediaktion sinnvoll, wann eine Verlegung in die Psychiatrie?"

"Zerstörung einer bewährten, funktionierenden Struktur"

Die Arbeitsgemeinschaft warnt jedenfalls vor "der Zerstörung einer bewährten, funktionierenden Struktur" und sieht darin eine "Missachtung" ihres Fachgebiets. Da die Tagesklinik und die stationäre Behandlung der PSO momentan vom selben Team betreut werde, sei damit zu rechnen, dass dieses sich auflösen und die verbleibende Tagesklinik nicht mehr funktionieren werde. Das hinterlasse eine große Lücke, die erst viel später vielleicht geschlossen werde, heißt es in dem Brief.

Geplant ist, dass die Ebersberger Tagesklinik in wenigen Jahren von den KBO-Institutionen übernommen und ausgebaut wird. Doch Speierl sieht auch das kritisch: "Vom Geschäftsführer dürfte man erwarten, dass er weiß, dass der schwerfälligen Koloss KBO oft ewig braucht, um Strukturen aufzubauen." Zudem bemängelt die Arbeitsgemeinschaft, "dass gerade das Prinzip der Kommunikation, das ja die Psychotherapie so hilfreich macht, von den Entscheidern nicht ausreichend angewandt" worden sei: Offensichtlich habe man PSO-Chefarzt Claus Krüger nicht mit in den Prozess einbezogen. "Warum sonst wurde ihm die Schließung mitgeteilt mit der Maßgabe, mit niemanden darüber zu reden?"

Wie der Geschäftsführer der Klinik erläutert, sind Aussagen von Krüger erst geplant, wenn dieser und Vertreter der KBO die genaue medizinische Ausgestaltung der Kooperation besprochen hätten. "Dann ist es sinnvoll und erforderlich, dass die medizinischen Leitungen der beiden Abteilungen das Konzept vorstellen und vertreten", so Huber. Bis dahin aber wären alle Informationen "Wasserstandsmeldungen", die eventuell wieder korrigiert werden müssten, was die Klinik vermeiden wolle. "Bei einem derart komplexen Thema ist die Gefahr einer Falschinterpretation sehr hoch."

Unterdessen hat auch Landrat Robert Niedergesäß (CSU) erneut die geplante Schließung der Station verteidigt. In mindestens drei Sitzungen habe sich der Aufsichtsrat mit dem Thema befasst, in einer sei auch die Einschätzung Krügers ausführlich gehört worden. Wirtschaftliche Gründe seien für die Entscheidung nicht ausschlaggebend gewesen, so der Landrat, es sei aber klar geworden, dass die Station in der jetzigen Größe mit 19 Betten nicht zukunftsfähig sei. Gleichzeitig hätten in den anderen Abteilungen immer wieder Menschen in Gangbetten behandelt werden müssen, dies sei weder Mitarbeitern noch Patienten zuzumuten.

© SZ vom 22.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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