Wieder volles Haus:Lachend lernen

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Doktor Georg Eggers konfrontiert das Grafinger Publikum beim Science-Slam in der Turmstube mit der vertrackten Kreuzkorrelation. (Foto: Peter Hinz Rosin)

Science-Slam in Grafings Turmstube

Von Valentin Tischer, Grafing

Wie lässt sich mit Mathematik verhindern, dass ein Bagger die Landschaft zerstört? Wie kommt der Ton ins Fernsehen? Wie lässt sich aus Kochzutaten ein kleiner Feuerlöscher bauen? Und was machen eigentlich Lebensmittelchemiker? Diese und weitere spannende Fragen hat am Donnerstag der zweite Science-Slam in Grafing beantwortet. In der ausverkauften Turmstube der Stadthalle brachten fünf Slammer dem Publikum ihre Wissenschaft kurz und prägnant, mit vielen originellen Beispielen und reichlich Humor näher.

Das Kunststück, einen Vortrag, in dem die Worte "Kreuzkorrelation" und "Wasserrohrbruch" die entscheidenden Begriffe sind, nicht langweilig zu gestalten, gelang dem Physiker und Ingenieur Georg Eggers aus München. "Ausrechnen statt Ausgraben" lautet sein Motto. Wie die Mathematik helfen kann, Lecks in Rohren zu finden, und so verhindert, dass ein Bagger die Landschaft aufgraben muss, demonstrierte er anhand eines Experimentes samt Liveauswertung auf der Bühne. Mit zwei gegenüberstehenden Mikrofonen und einem Lautsprecher simulierte er einen Rohrbruch. Mithilfe der "Kreuzkorrelation" konnte ein auf eine Leinwand projiziertes Programm den Standort des Lautsprechers berechnen, analog verhält es sich auch mit realen Wasserrohrbrüchen. Der humoristische Teil des Slams von Eggers profitierte von seinem Bühnenhabitus als hibbeliger und begeisterter Mathematiker, der gerne auch mal Seitenhiebe verteilt.

Wie kommt der Ton ins Fernsehen? Dieser Frage ging der Münchener Netzwerkingenieur Markus Berg nach. Gespickt mit teilweise absurden Anekdoten - etwa von chaotischer Verkabelung und zerstörerischen Baggern - visuellem und performativem Witz erläuterte er die technischen Herausforderungen der Tonübertragung.

Der hehren Aufgabe, dem Publikum die Forschung zu Dunkler Materie nahezubringen, stellte sich der Physiker Phillipp Gadow aus München. Mit viel Aufwand - etwa einem zum Scheitern verurteilten Versuch, einen kleinen Kuscheltierhund auf der Bühne so nahe an die Lichtgeschwindigkeit zu beschleunigen, dass ein Blauwal entsteht, oder einer interaktiven Version einer Dating-App für Elementarteilchen - und einigen visuellen Gags versuchte der junge Wissenschaftler, den Zuschauern Experimentalphysik nahe zu bringen. Seine Ausführungen waren dabei ziemlich komplex und dürften den ein oder anderen Laien wohl überfordert haben. Aber dafür überzeugte Gadow mit Leidenschaft und dem Willen, sein Wissen zu teilen.

Gleich zwei Lebensmittelchemiker waren unter den Slammern - Zufall. Max Dietz aus München präsentierte seinen Beruf widmete sich dem liebsten Getränk der Bayern: Bier. Unter dem Titel "Angst vor Bierschaumknappheit" stellte er seine Forschung zu Bierschaum vor und paarte den Vortrag mit einigen selbstironischen Witzen zu seinem Metier und Anekdoten - wie etwa von einem Bier, das mit Hefe aus dem Bart eines Forschers gebraut worden sei.

Der zweite Chemiker und der letzte Slammer des Abends war Helmuth Steierwald aus Nürnberg. Mit einem teils derben Stand-Up über seinen türkischen Migrationshintergrund, seinen Beruf als "Scheidekünstler" (eine alte Bezeichnung für Chemiker) und über die komischen Bezeichnungen deutscher Metzger für Fleisch - etwa das Missverständnis, dass Lachsschinken vom Schwein und nicht vom Fisch stammt - setzte er eine hohe Pointendichte und viele Lacher. Auch den wissenschaftlichen Teil des Slams, seine Forschung zu Nierenversagen, untermalte Steierwald mit sehr viel Witz und sorgte dafür, dass das Publikum auch über das ernste Thema lachen konnte.

Eingerahmt wurde die Veranstaltung durch kleine Mitmachexperimente, die Organisator Sebastian Schlagenhaufer dem Publikum kredenzte. Dabei konnte man beispielsweise lernen, wie man aus Essig, Backpulver und einem Reagenzglas einen kleinen Feuerlöscher bauen kann.

Am Ende wurde, wie es bei solchen Veranstaltungen üblich ist, per Publikumsabstimmung der Sieger des Slams gekürt. Die kleine Auszeichnung ging an den Nürnberger Steierwald, wobei es mehrere verdiente Sieger hätte geben können. Zu seiner Auszeichnung sagte Steierwald: "Es war heute ein super besetzter Slam. Ich freue mich darüber, dass die Leute auch meinen manchmal derben Humor teilen und sich für die Wissenschaft begeistern können." Allen Slammern war die Leidenschaft für ihr Fach und ihre Wissenschaft deutlich anzumerken.

Letztlich war dieser zweite Grafinger Science-Slam ein gelungener Abend, der selbst von kleineren technischen Schwierigkeiten und der ein oder anderen Länge nicht eingetrübt wurde. Schade nur, dass es keine weiblichen Teilnehmer gab. Auch Intendant Schlagenhaufer zeigte sich mit der Veranstaltung zufrieden: "Wir hatten einen guten Mix aus Themen und Witz. Normalerweise sind solche Slams immer sehr physiklastig, aber ich glaube, wir hatten heute eine gute Vielfalt." Da auch diese zweite Veranstaltung ausverkauft war, versprach Schlagenhaufer, dass es auf jeden Fall einen dritten Science-Slam geben wird.

© SZ vom 26.01.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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