Wechselspiel der Stimmen:Fröhliche Botschafter

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Mit mehr als 40 Sängerinnen und Sängern warten die "Gospels at Heaven" in der Baldhamer Kirche Maria Königin auf. (Foto: Christian Endt)

Zum zehnten Mal geben "Gospels at heaven" ein umjubeltes Benefizkonzert in Baldham: ein lebensfrohes Programm, das sich nicht auf Spirituals beschränkt

Von Ulrich Pfaffenberger, Vaterstetten

Unterschätzen wir nicht den Einfluss von "Soccer Moms" auf das Kulturleben im Allgemeinen und auf die Konzertszene in Baldham im Besonderen. So begab es sich anno 2009, dass zwei Mütter sich kennenlernten, deren Buben beim Sportclub Baldham-Vaterstetten dem Fußball frönten. Sie kamen ins Gespräch und dabei überein, dass sie mehr für den Verein tun könnten, als ihren Nachwuchs zum Training zu bringen. War und ist doch die eine von ihnen, Gabriele Wallner, im bekannten Münchner Ensemble Gospels at Heaven engagiert; was die Idee für ein Benefizkonzert reifen ließ, das 2009 Premiere und nun seine bereits zehnte Ausgabe feierte.

Ums vorweg zu nehmen: Im Gegensatz zu manchem anderen adventlich-vorweihnachtlichem Ritual hat es dieses Konzert nicht nötig, entstaubt und von altem Lametta gereinigt zu werden. Im Gegenteil: Es strahlt es aus eigener Kraft so hell und klar, dass seine Anziehungskraft weit über Baldham, die SC-Gemeinde und die Kirche Maria Königin hinausgeht. Schon eine halbe Stunde vor Beginn ist das Gotteshaus dicht besetzt und keiner der Anwesenden vermittelt den Eindruck, zum Besuch gezwungen worden zu sein. Es vibriert der Raum so stark vor Vorfreude, dass selbst erstmalige Besucher angesteckt werden.

Frei nach der Maxime von Chorleiterin Sonja Lachenmayr, "Gospel ist dann Gospel, wenn wir ihn dazu machen", belässt es das Programm nicht bei klassischen Spirituals oder Songs mit religiösem Thema. Braucht es auch nicht. "Frohe Botschaft" bezieht sich ja nicht nur auf den Inhalt, sondern auch auf die Wirkung beim Empfänger. Ein Kunstlied wie "Adiemus" gleich zu Beginn weist die Richtung und gibt eine Einstimmung auf einen Klangkörper, der sich präzise und dynamisch seinen Aufgaben stellt. Mehr als 40 Sängerinnen und Sänger haben die Gäste aus München aufgeboten, darunter ein Dutzend bemerkenswert guter Solisten, die von Zeit zu Zeit nach vorne treten, um einem Song ihre persönliche Färbung zu geben. Die Auswahl ist gut getroffen; sie verstärkt, frei von allen Showeffekten, wirkungsvoll den Charakter des Songs dorthin, wo er einen im Inneren trifft. Solche Chöre möchte man bei Wettbewerben auf dem Treppchen sehen.

Die Abläufe sind perfekt choreografiert, nicht nur gesanglich, sondern auch bei den Bewegungen, mit denen das Ensemble seinen Melodien zusätzliche Wirkung verleiht. Das gibt diesem Gospel-Stil eine sehr deutsche Prägung, eher von klarem Isarwasser gespült als vom schlammigen Mississippi. Wo dort der Soul Raum für freie Improvisation und emotionale Ausbrüche lässt, erfreuen wir uns hier an der Perfektion im Wechselspiel der Stimmen und Dynamiken. Das ist souverän einstudiert, löst sich gleichwohl flott von jeder Routine - und so erscheint der Auftritt durchgehend natürlich, heiter und von Fröhlichkeit und der reinen Freude am Singen getragen.

Mit "I will follow him" und "Hail Holy Queen" hat der Chor unter anderem zwei Ohrwürmer im Programm, die über den Film "Sister Act" mit Whoopy Goldberg Standards gesetzt und eine Erwartungshaltung für Gospelmusik geweckt haben, die sich aus dem Kirchenraum heraus und in die Rock-, Pop- und Hip-Hop-Szene hinein bewegt. Es spricht für die Klasse des Ensembles, wie es den Geist der Originale in eigene Arrangements ummünzt und dennoch die Reverenz vor dem Wegbereiter nicht vergisst. Das sind Lieder, von denen man sich wünscht, sie mögen einen begleiten, wenn es einmal heißt: "In Ewigkeit, Amen." Für ein Konzert am Totensonntag ist das genau der richtige Ansatz. Auch Eric Claptons "Tears in Heaven", in Erinnerung an den Unfalltod seines Sohnes geschrieben, erweist sich unter diesem Blickwinkel als "Gospel" im besten Sinne: Ist "Jenseits der Tür ist Frieden, da bin ich mir sicher" nicht eine großartige Hoffnung? Und genau der geben die Gospels at Heaven eine Stimme, die den Gedanken lange nachhallen lässt.

Markus Minarek am Klavier und Hans Mühlegg am Schlagzeug, die sich auch anderweitig schon auf blauen Noten begegnet sind, tragen ein ordentliches Scherflein zum Groove und zur Sinnlichkeit der Melodien bei. Mitunter sind es Kleinigkeiten, mit denen sie einer Nummer eine ganz eigene Wendung geben, aber gerade ihre Sorgfalt im Detail und ihre Begeisterung für Momente des Wandels sorgen für feine Würze im Menü. Der liebe Gott freut sich beim Gospel genau wegen solcher Zutaten nicht nur an Sängern, sondern auch an Instrumentalisten - und an Licht- und Tonkünstlern, wenn sie seiner frohen Botschaft eine solch starke Bühne bereiten wie Jonas Schweighöfer und Hubsi Widmann. Pochende Herzen und Stehbeifall sind der verdiente Lohn für dieses Gesamtkunstwerk auf hohem Niveau.

© SZ vom 27.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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