Wasserburg:Baugeschichte im Porträt

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Die zweiteilige Ausstellung "Haus und Stadt" zeigt Gemälde des Wasserburger Künstlers Rainer Devens, die sich mit der Gestalt der Gebäude der Stadt am Inn, aber auch mit Assoziationen zum Thema befassen

Von Johanna Feckl, Wasserburg

Vorbei an der imposanten historischen Postkutsche - Liebling der Kinder, wie Museumsleiterin Sonja Fehler erzählt -, hinaus und über den Innenhof und wieder hinein in den weitläufigen Sonderausstellungsraum. Dort hängen 38 Gemälde der Serie "Wasserburger Häuser" sowie einige Skizzen, die den langwierigen Schaffensprozess der Bilder erahnen lassen. Dieser Werkzyklus ist einer von insgesamt zweien des Künstlers Rainer Devens, die das Wasserburger Heimatmuseum in seiner Ausstellung "Haus und Stadt" vereint. 26 weitere Gemälde sind über alle Stockwerke der Dauerausstellung verteilt. In dieser Bildserie "Hausgedanken" beschäftigt sich Devens nicht mehr mit dem Haus als realem Objekt, sondern als Begriff und Symbol.

"Wasserburg ist keine Stadt, die geplant wurde; sie ist einfach gewachsen. Das ist unglaublich spannend!" Wenn Rainer Devens über die historische Kleinstadt am Inn spricht, kann er seine Begeisterung nicht verbergen. Er kennt die Stadt in- und auswendig. 1945 kam der heute 78-Jährige mit seiner Familie als Flüchtling von Breslau nach Bachmehring, eine kleine Ortschaft kurz vor Wasserburg. Seit mehr als drei Jahrzehnten arbeitet er an dem Zyklus "Wasserburger Häuser". Der Titel versteht sich wortwörtlich: Nur sehr wenige Bilder zeigen den Himmel über den Bauten oder die Straßen davor. Bei einigen Werken, zumeist sind es die Anfangswerke aus den 1980er Jahren, hat Devens die Bildausschnitte so gewählt, dass noch ein paar Zentimeter Hinter- oder Vordergrund zu sehen sind.

Blick über die die Dächer der Wasserburger Altstadt auf die Greinbräu-Brauerei. (Foto: oh)

Die Gemälde beeindrucken durch viele Details, der eigentliche Fokus liegt jedoch auf dem Ensemble als Ganzem, indem Devens die Frontsicht nebeneinanderstehender Häuser abbildet. Er habe beim Malen sehr auf eine exakte Darstellung geachtet, sagt er. Jedes noch so kleine Fenster, all die vielen Erker, jeder einzelne Treppengiebel und jede Farbe der schmalbrüstigen Fassaden, selbst die Stellen, an denen das Wetter Spuren auf den Putzschichten hinterlassen hat - alle Details in Devens' Gemälden kann man genauso entdecken, wenn man im realen Wasserburg unterwegs ist. Dadurch ist ein Gang durch die Ausstellung für Besucher, die die Kleinstadt mit ihren verwinkelten Gassen und den bunten Häusern gut kennen, ein besonderes Vergnügen: Man erkennt die abgebildeten Gebäude und weiß, welcher Straßenname zu dem jeweiligen Haus gehört.

Rainer Devens lässt seine Bilder durch viele unterschiedliche Acrylfarbschichten entstehen, an einigen Stellen scheinen die untersten hindurch. Der Malprozess, Schicht um Schicht, wiederholt dadurch auf raffinierte Weise das, was die Gemälde abbilden und was Devens an Wasserburg so beeindruckt: das langsame Wachsen der Stadt, das die Häuser immer dichter aneinandergedrängt hat. Ihr Zentrum ist ebenso voll wie es diese Gemälde sind.

Zu Devens "Wasserburger Häuser"-Zyklus gehören jedoch auch Gemälde, auf denen nur Hausausschnitte zu sehen sind. Bei manchen davon hat er sogar auf eine Farbgebung und auf Elemente wie Fenster und Türen vollkommen verzichtet. "Häuser, besonders die in Wasserburg, haben für mich immer eine monumentale Dimension, für die es keine Farben oder andere Details braucht", erklärt er. Bei diesen Gemälden wollte er die Skulptur der Bauten in den Mittelpunkt stellen, indem er deren bloße architektonische Form abbildete.

Maler Rainer Devens. (Foto: Sonja Fehler)

Der zweite Teil der Ausstellung, der Zyklus "Hausgedanken", beschäftigt sich mit den verschiedenen Assoziationen, die der Begriff "Haus" hervorrufen kann. Die Bilder dieser Serie, die sich innerhalb der Dauerausstellung des Museums verteilt finden, hat Devens zumeist in Rottönen gehalten. Für den Künstler strahlt diese Farbe Wärme und Ruhe aus, sie passt also zu der wohl dominantesten gedanklichen Verknüpfung, die aus einem bloßen Haus ein gemütliches Zuhause macht. Gleichzeitig besitze Rot aber viele verschiedene Pigmente, sodass man damit auch neue Ideenverbindungen hervorrufen könne, so Devens.

Das gelingt dem Künstler nicht nur durch seine Farbkompositionen hervorragend, sondern auch durch die Wahl der einzelnen Ausstellungsorte. So zeigen sieben großflächige Porträts an einer Wand ehemalige Bewohner des Hauses, in dem heute das Museum ausstellt. Inmitten dieser Reihe unterbricht nun Devens' Bild "Mein Haus" den Stil der blassen Porträts: ein dunkelroter Hintergrund, vor dem sich mittig ein hellerer Rotton abhebt, der die Umrisse eines Hauses andeutet. Die Darstellung wirkt wie ein Paukenschlag, dank dessen man den eher farblosen Gesichtern daneben einen zweiten Blick schenkt. Und genau das ist das Ziel der "Hausgedanken": die Dauerausstellung des Heimatmuseums einmal ganz anders zu sehen.

Die Ausstellung "Haus und Stadt" von Rainer Devens kann bis Freitag, 6. Januar, im Museum Wasserburg besucht werden. Es gibt eine Finissage mit Musik um 16 Uhr. Das Museum hat geöffnet Dienstag bis Sonntag, 13 bis 16 Uhr, an den Adventswochenenden Freitag bis Sonntag 13 bis 18 Uhr, am 24. und 25. Dezember ist geschlossen.

© SZ vom 07.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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