Von Ebersberg in die Welt hinaus:Gegen das Reisefieber

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Die Probleme bei Thomas Cook und seiner Tochterfirma Condor merken auch die Reisebüros im Landkreis. (Foto: Roland Weihrauch/dpa)

Die Insolvenz von Thomas Cook bekommen auch die Anbieter in der Region zu spüren - sie wissen sich jedoch zu helfen

Von Katharina Güntter, Ebersberg

Als das Reiseunternehmen Thomas Cook Insolvenz angemeldet hat, waren rund 600 000 Urlauberinnen und Urlauber mit Angeboten der Firma auf Reisen. Viele steckten an Flughäfen fest, andere konnten ihre Reise gar nicht antreten. Wieder andere fürchteten um ihre Hotelzimmer. Aber nicht nur im Urlaub waren die Auswirkungen zu spüren, auch Reisebüros im Landkreis bekamen einiges mit.

Wie zu erwarten, hatten die Büros im Landkreis Ebersberg in den vergangenen Wochen viel damit zu tun, Umbuchungen zu tätigen und Alternativen zu finden. Keinen Einfluss konnten sie auf die Buchungen der Personen nehmen, die bereits abgereist waren und irgendwo festsaßen. Dafür zuständig waren die Gesellschaften vor Ort, die sich aber auch gegenseitig halfen und Passagiere hin- und hertauschten.

Wie von dem Reisebüro Binder in Grafing, dem Reisebüro Palma in Zorneding und der Wabula Reisen GmbH in München-Trudering zu erfahren ist, leidet durch Thomas Cook die Zahl der Buchungen in den Reisebüros nicht. Die Menschen haben ihren Urlaub genommen und wollen diesen nutzen, halten sich dann aber von Thomas-Cook-Angeboten fern.

"Wie groß die Verunsicherung der Menschen ist, hängt von ihrem Informationsstand ab", sagt Claus-Dieter Binder, Inhaber des Reisebüros Binder. Je mehr die Reisenden sich mit der Insolvenz von Thomas Cook beschäftigen, desto besser wissen sie, dass die Reisebüros selbst nichts mit Thomas Cook zu tun haben und auch nichts dafür können. "Manche Menschen haben nicht einmal mitbekommen, dass Thomas Cook insolvent gegangen ist", sagt Binder. Diese wollten dann im Reisebüro einen Prospekt von einem der Tochterorganisationen erwerben.

Laut einer Mitarbeiterin der Wabula Reisen GmbH machen sich viele Gesellschaften die Insolvenz zunutze, indem sie durch die immens gestiegenen Flugkonditionen die Preise enorm erhöhen und dadurch Gewinn machen. Während die Passagiere keine Wahl haben und auf die teuren Flüge zurückgreifen müssen, um von ihrem Urlaubsort wegzukommen.

Neben den noch überschaubaren Auswirkungen für die Reisebüros, hat die Insolvenz von Thomas Cook gravierende Folgen: 9000 Arbeitsplätze sind in Großbritannien gefährdet; deutsche Kunden von Thomas Cook haben derzeit schon 400 Millionen Euro gegenüber dem Reiseveranstalter ausgelegt. Die gesetzliche Haftung für Pauschalreisende ist aber nur auf 110 Millionen Euro beschränkt.

Die Mitarbeiterin der Wabula Reisen GmbH ist deshalb der Meinung, "die Regierung muss mehr eingreifen und Größeres verhindern", indem sie beispielsweise Geld in Thomas Cook investiert, wie sie das bei Condor bereits getan hat.

Eine weitere für die Mitarbeiterin denkbare Maßnahme: den Vorstand von Thomas Cook austauschen, da das Bankrott gehen des Tourismuskonzerns einigen Managementfehlern zu verschulden sei: Unter anderem, dass sich Thomas Cook zu sehr auf die eigenen Reisebüros konzentrierte statt auf den Direktverkauf im Netz.

Thomas Cook hat mit vielen Problemen zu kämpfen, bei denen unklar ist, ob sie in den Griff zu bekommen sind. Für die Reisebüros und Reisenden im Landkreis sind erst einmal keine schwerwiegenden Folgen in Sicht. Für die bereits betroffenen Urlauber sichert der schweizerische Versicherungskonzern Zurich vorerst Urlaub und Rückreise ab. Doch es steht noch nicht fest, ob auch wirklich alle Kosten übernommen werden, obwohl alle Pauschalreisende versichert sind. Als Folge der Insolvenz stoppten die Tochterunternehmen von Thomas Cook den Verkauf von Reisen komplett. Auch Condor darf Urlauber von Thomas-Cook-Veranstaltern nicht mehr transportieren. Sonstige Flüge verkehren weiterhin. Condor bezahlt diese erst einmal mit dem noch vorhandenen Geld; solange der Vorrat reicht.

© SZ vom 08.10.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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