Verwaltungsgericht entscheidet:Vaterstetten muss Spielhalle erlauben

Lesezeit: 3 min

Seit Jahren versucht die Gemeinde, ein Automatencasino in Parsdorf zu verhindern. Doch nun muss das Etablissement genehmigt werden

Von Wieland Bögel, Vaterstetten

Die Gemeinde Vaterstetten muss ein Spielcasino in ihrem Gewerbegebiet in Parsdorf zulassen. Dies hat nun das Münchner Verwaltungsgericht entschieden. Geklagt hatte der Mieter eines Geschäftshauses am Posthalterring im alten Parsdorfer Gewerbegebiet. Dieser will in seiner Immobilie ein Automatencasino einrichten, erhielt dafür von der Gemeinde bisher aber keine Genehmigung. Doch nach Auffassung des Gerichtes muss diese Genehmigung nun erteilt werden, möglicherweise geschieht dies bereits in der am kommenden Dienstag anstehenden Sitzung des Bauausschusses.

Etwa vier Jahre lang dauert die Kontroverse zwischen der Gemeinde und dem Antragsteller, einem Hotelier aus Poing, nun bereits. Der hatte zunächst geplant, mehrere Spielhallen in den ehemaligen Büroräumen im Erdgeschoss des Gebäudes am Posthalterring einzurichten, wofür er aber keine Genehmigung von der Gemeinde Vaterstetten erhielt. Im nächsten Anlauf versuchte es der verhinderte Casinobetreiber eine Nummer kleiner: Ende 2013 beantragte er, lediglich eine einzige Spielhalle mit 98 Quadratmeter Fläche und acht Automaten einrichten zu dürfen.

Doch vor gut einem Jahr lehnte der Bauausschuss auf Empfehlung der Verwaltung auch diesen Antrag ab. Begründet wurde die negative Entscheidung mit dem sogenannten "Trading-Down-Effekt". Dieser bezeichnet eine negative Entwicklung eines Gebietes, die mit der Ansiedelung gewisser Gewerbe - wie eben der Spielhalle - seinen Ausgang nimmt. Die Gemeinde argumentierte damals damit, dass Spielhallenbetreiber deutlich mehr Miete zu zahlen im Stande sind, als etwa Nutzer, die Büro- oder Werkstattflächen anmieten. Diese auf den ersten Blick positive Einnahmensteigerung habe aber gravierende Auswirkungen auf die Umgebung, so die Argumentation des Bauamtes. Befürchtet wird, dass mittelfristig die Mietpreise im gesamten Gewerbegebiet massiv ansteigen könnten, so dass sich dort letztlich nur noch weitere Spielhallen und ähnliche Etablissements die Immobilien leisten könnten. Mit der Folge, dass die Struktur des Gebietes leide, wenn andere Gewerbeformen, etwa Handwerksbetriebe, wegen der hohen Preise abwanderten.

Um dieses Risiko einschätzen zu können, begaben sich die Mitglieder des Verwaltungsgerichtes auf einen kleinen Rundgang durch das Gewerbegebiet. In direkter Nachbarschaft zur geplanten Spielhalle befinden sich unter anderem eine Container-Spedition, mehrere Pensionen oder Hotels, Bürogebäude, ein Indoor-Spielplatz und ein Baumaschinen-Verleih. Für die Kammer unter Vorsitz von Richter Josef Beil war schnell klar, dass der von der Gemeinde angeführte "Trading-Down-Effekt" hier nicht als Argumentation gegen das Casino herhalten kann. Grundsätzlich, so Beil, gebe es zwar durchaus Fälle, wo dieser Effekt nach Einrichtung einer Spielhalle zu erwarten sein könnte - aber eben nicht in Parsdorf. Denn dazu müsste das Etablissement entweder besonders groß sein - Beil verwies auf einen Fall, wo ein Casino von 400 Quadratmetern geplant war - oder es müsste "der Eigenschaft des Gewerbegebietes komplett widersprechen". Letzteres sei aber nur der Fall, wenn es sich um ein Gebiet mit ganz spezieller und hochwertiger Nutzung handele. Dies sei allerdings am Posthalterring definitiv nicht der Fall, betonte Beil: "Das ist ein ganz normales Gewerbegebiet und nicht besonders hochwertig." Mit ihrer Ablehnung habe sich die Gemeinde "auf sehr wackeliges Terrain begeben", sagte Beil. Das Gericht könne nicht erkennen, dass die Umgebung durch ein Spielcasino "in irgendeiner Weise abgewertet werden könnte."

Nicht einmal, dass der Antragsteller bisher nicht die fünf benötigten Stellplätze nachgewiesen habe, spreche gegen das Casino. Denn diesen Nachweis könne er auch nach Erteilung der Genehmigung einreichen. Das Fazit des Gerichts war daher eindeutig: "Grundsätzlich sind Spielhallen im Gewerbegebiet zulässig", so Beil und riet den Prozessbeteiligten zu einer gütlichen Einigung. Der Antragsteller solle seine Klage zurücknehmen sowie einen Stellplatznachweis einreichen und die Gemeinde im Gegenzug die Genehmigung erteilen. Wenn beides binnen zweier Wochen passiere, müsse man nicht ins schriftliche Verfahren gehen, was die Sache nicht nur abkürzen, sondern für alle Beteiligten auch deutlich billiger machen würde. Falls die Frist nicht eingehalten werden kann, werde die Kammer ein Urteil fällen, dieses dürfte aller Voraussicht nach im Sinne des Klägers ausgehen.

Ob das Verfahren auf kurzem Wege erledigt werden kann, wird sich wohl bereits am kommenden Dienstag zeigen. Denn dann tagt der Vaterstettener Bauausschuss, dort könnte man die Genehmigung des Spielcasinos eigentlich auf die Tagesordnung setzen. Allerdings gibt es dazu ein formales Problem, wie Bauamtsleiterin Brigitte Littke erklärt: die Einladungen zur Sitzung wurden fristgemäß bereits am vergangenen Dienstag an die Gemeinderäte verschickt. Um einen neuen Punkt auf die Tagesordnung zu setzen, wäre die Zustimmung aller Ausschussmitglieder nötig.

© SZ vom 02.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: