Versäumnisse eingeräumt:Beim nächsten Mal wird alles besser

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Hier entsteht vielleicht Vaterstettens erstes Industriegebiet. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Im Vaterstettener Rathaus reagiert man auf Kritik der Nachbarkommunen am geplanten Gewerbegebiet in Parsdorf. Dieses sei für die Gemeindefinanzen unverzichtbar - was auch an eigenen Fehlern in der Vergangenheit liegt

Von Wieland Bögel, Vaterstetten

Klotzen statt kleckern will die Großgemeinde mit ihrem neuesten Gewerbeprojekt in Parsdorf, rund 40 Hektar sollen nördlich der Autobahn entwickelt werden. Groß ist auch die Kritik der Nachbargemeinden wegen des zu erwartenden Verkehrs. Im Rathaus reagiert man nun darauf, in einem Pressegespräch am Donnerstag betonten Zweiter Bürgermeister Martin Wagner (CSU) und Wirtschaftsförderer Georg Kast die Bedeutung des Gewerbegebietes - und räumten auch Versäumnisse in der Vergangenheit ein.

Dass Vaterstetten bei der Gewerbesteuer eher schlecht dasteht, ist nicht neu. Kast zitierte aus Zahlen des Statistischen Landesamtes, demnach lagen vergleichbare Gemeinden 2016 bei 801 Euro Gewerbesteuer pro Einwohner netto, also abzüglich Umlagen, in Vaterstetten blieben lediglich 323 Euro in der Gemeindekasse. Was, wie Wagner einräumt, auch an verpassten Chancen liegt. Während andere Gemeinden "die Grundlage für gute bis ausgezeichnete Gewerbesteuereinnahmen gelegt" hätten, wurde dies in Vaterstetten versäumt - seit Jahrzehnten. So hätte etwa Anfang der 1970er-Jahre die heutige Allianz-Versicherung ihre Zentrale in der Gemeinde ansiedeln wollen - was diese aber verworfen hatte. Auch in jüngerer Zeit habe man Fehler gemacht: "Parsdorf II ist nicht so gelaufen wie geplant", sagte Wagner.

Dass das 2014 auf 33 Hektar errichtete Gewerbegebiet eher Flop als Top wurde, ist keine ganz neue Erkenntnis, dazu muss man nur die Gewerbesteuereinnahmen betrachten: 2014, bevor die Firmen in Parsdorf den Betrieb aufnahmen, lagen diese bei sieben Millionen Euro. Ein Jahr darauf waren es 7,8 Millionen, 2016 und 2017 jeweils rund 8,3 Millionen Euro. Was deutlich unter den prognostizierten Einnahmen von zwei Millionen pro Jahr liegt, die man aus Parsdorf II erwartete - zumal wenn man die konjunkturell bedingte allgemeine Einnahmensteigerung berücksichtigt. Seitens der Verwaltung galt bislang aber - offiziell zumindest - die Devise, das Gewerbegebiet müsse sich erst entwickeln, das brauche eben ein paar Jahre.

Inzwischen ist dieser Optimismus im Rathaus auch offiziell verflogen - einen Gewinn habe man aus Parsdorf II indes gezogen: Erkenntnis, wie Wagner sagte. "Wir haben daraus gelernt, man darf nicht blauäugig sein und muss selber die Hand drauf halten." Und genau dies sei mit dem Konstrukt für das neue Gewerbegebiet erfüllt, die Gemeinde sei aktiv beteiligt und könne bei der Auswahl der Betriebe mitreden. Derzeit ist geplant, dass im nördlichen Teil der Fläche ein Logistikzentrum - vorzugsweise von BMW - und im Süden ein Maschinenbauunternehmen mit mehr als 1000 Arbeitsplätzen angesiedelt wird. Wenn alles klappt wie geplant, rechnet man im Rathaus mit rund fünf Millionen Euro mehr Gewerbesteuern im Jahr.

Die man auch dringend brauche, sagt Wagner: "Wir sind nicht die reiche Gemeinde, die den Hals nicht vollkriegt, wir sind gezwungen, mehr Einnahmen zu generieren." Etwa für Kinderbetreuung und Schulen. Zu oft sei man auf Grundstücksverkäufe angewiesen gewesen. Eigentlich müssten solche Pflichtaufgaben aus den normalen Einnahmen und Rücklagen zu finanzieren sein, sagt Wagner, schließlich sei dies in anderen Gemeinden auch möglich.

Aber die hätten eben auch so profitable Gewerbegebiete, wie sie nun die Vaterstettener nördlich der A 94 planen. "Man muss jeder Gemeinde das gleiche Recht zubilligen, das man selbst in Anspruch genommen hat", sagt der Vize-Bürgermeister. Die Sorgen vor zu viel Verkehr seien unbegründet, sagt Kast: "95 Prozent des Verkehrs wird über die Autobahn laufen." Wagner verweist auf Parsdorf II, dies habe zu keinem nennenswerten Verkehrszuwachs in den Nachbargemeinden geführt. Er vermutete ohnehin andere Motive hinter deren Kritik: Vaterstetten solle mit Verweis auf das neue Gewerbegebiet die Verkehrsprobleme der Nachbarn lösen. Was als deutlicher Seitenhieb vor allem in Richtung Feldkirchen zu verstehen ist. Ende Juni war dort im Gemeinderat laut über eine Klage beim Verwaltungsgericht gegen Vaterstetten nachgedacht worden - ein Szenario, dem zumindest Kast gelassen entgegen sieht. Bislang gebe es noch keine Klage gegen Parsdorf III, und falls es doch noch dazu komme, "denke ich, sind wir auf der sicheren Seite".

© SZ vom 25.08.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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