Verhandlung vor dem Amtsgericht:Unbesinnliche Weihnachten

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Geldstrafe für 42-Jährige, die das Auto ihrer Nebenbuhlerin beschädigt hat

Von Wieland Bögel, Ebersberg

In der Adventszeit greifen viele Menschen zu Farben, Papier und Nadeln, um ihren Lieben etwas zu basteln. Manche Bastelei indes trifft so gar nicht auf Gegenliebe - so geschehen in Vaterstetten im vorvergangenen Advent. Da tauchten immer wieder selbstgemachte Flugblätter auf, in denen eine Bewohnerin der Gemeinde beschimpft wurde, teilweise mit Foto. Außerdem wurden die Autos der Frau und ihres Freundes beschädigt. In Verdacht geriet schnell die Noch-Ehefrau des Freundes der Geschädigten. Sie bekam einen Strafbefehl in Höhe von 3600 Euro, wogegen sie Einspruch einlegte, weshalb der Fall nun vor dem Amtsgericht verhandelt wurde.

Laut Anklageschrift hat die heute 42-jährige Angeklagte Anfang Dezember 2017 damit begonnen, die Umgebung der Geschädigten mit Flugblättern einzudecken. Darauf gedruckt war ein Foto, der Name und der Arbeitsplatz der 36-Jährigen, sowie der Text, sie "treibt die Ehefrau ihres Stechers in den Selbstmord". Unterzeichnet waren die Zettel mit "Freunde der Familie, die Du zerstört hast". Auf einem anderen Flugblatt wurde mit dem Konterfei der Geschädigten für eine Selbsthilfegruppe gegen Potenzprobleme geworben. Zudem wurden Plakate ähnlichen Inhalts am Geschäft angebracht, wo die Geschädigte arbeitet. Zwei Mal wurde auf ihr Auto ein vulgäres Schimpfwort gesprüht, ein Mal wurden an dem Fahrzeug zwei Reifen zerstochen, ein anderes Mal war ein Reifen am Auto ihres Freundes platt.

Letzteres gehe tatsächlich auf ihr Konto, räumte die Angeklagte ein - wobei ihr wenig anderes übrig blieb. Denn die Geschädigten hatten nach den ersten Reifenstechereien und Farbattacken eine Kamera im Hof installiert, welche die Angeklagte auf frischer Tat gefilmt hat. Sie sei einfach wütend auf ihren Ex gewesen, so die 42-jährige Augsburgerin. Zufällig habe sie im Herbst 2017 herausgefunden, dass ihr Mann seit Monaten mit einer anderen eine Beziehung führte. Was bei ihr psychische Probleme bis hin zu zwei Selbstmordversuchen zur Folge hatte. Die Ärzte diagnostizierten bei der Angeklagten eine schwere depressive Episode. Derzeit nehme sie dagegen Medikamente. Die Reifenstecherei sei eine "Kurzschlusshandlung" gewesen. Ihr Mann habe mit den Kindern und seiner neuen Freundin Weihnachten gefeiert, während sie alleine war, so die Angeklagte. Da habe sie spontan "eine Zopfnadel eingesteckt" und das Auto des Ex sabotiert. Alle anderen Vorwürfe bestritt die Angeklagte jedoch hartnäckig.

Die Geschädigte selbst konnte wenig zur Aufklärung beitragen. Sie schilderte aber ausführlich, wie sie über Wochen belästigt und eingeschüchtert wurde. Irgendwann hätten sie und ihre Familie "einfach nur noch Angst gehabt", was als nächstes passieren wird. Zwar hatte die 36-Jährige Anzeige gegen unbekannt gestellt, aber bei der Polizei auch den Verdacht geäußert, die nun Angeklagte könnte die Täterin sein. So hatte die Geschädigte auch einmal Kontakt mit einer Bekannten der Angeklagten, diese hätte ihr erzählt, die 42-Jährige habe angekündigt, sie werde ihre Nebenbuhlerin "fertigmachen".

In einem Rechtsgespräch einigten sich Richterin, Verteidigung und Staatsanwaltschaft auf eine Absprache: Die Angeklagte gibt auch die zweite Reifenstecherei zu, im Gegenzug wird das Verfahren in Bezug auf die Plakat- und Flugblattaktionen eingestellt. Nach kurzer Unterredung nahm die Angeklagte den Deal an. Für die 42-Jährige bedeutete dies am Ende eine Strafe von 50 Tagessätzen zu je 15 Euro. Die vergleichsweise niedrige Strafe lag auch daran, so Richterin Vera Hörauf, dass das Gericht "natürlich Verständnis hat" für die Ausnahmesituation, in der sich die Angeklagte befand. "Aber das ist keine Rechtfertigung und so etwas darf auch nicht wieder vorkommen."

© SZ vom 15.05.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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