Verbandsversammlung:Funkstille am Rohr

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Baldhamer Wasserverband verzichtet auf neuartige Zähler

Von Wieland Bögel, Vaterstetten

Wer Mitglied im Wasserverband Baldham ist, schreibt mindestens einmal im Jahr eine Postkarte. Idyllische Fotos und Urlaubsgrüße sind darauf nicht zu finden, stattdessen der aktuelle Stand des Wasserzählers. Denn das Kärtchen geht, für den Absender übrigens portofrei, an den Wasserverband. Ob man das auch in Zukunft so handhaben will, darum ging es nun auf der Verbandsversammlung.

Gut 1800 Mitglieder hat der Wasserverband, jeder Haushalt in Baldham wird automatisch aufgenommen. Schätzungsweise bis zu 7000 Baldhamer werden aus den Brunnen des Verbandes mit Wasser versorgt. Was ganz offenbar zu deren vollster Zufriedenheit geschieht, jedenfalls bleiben die allermeisten Mitglieder der jährlichen Verbandsversammlung fern. Diesmal waren genau elf Mitglieder gekommen - darunter Bürgermeister Georg Reitsberger, denn die Gemeinde Vaterstetten bezieht ebenfalls Wasser vom Verband. Für Verbandsvorsteher Claus Ortner keine neue Erfahrung, es sei stets ein "eher intimer Rahmen" begrüßte er das "Häufchen der Aufrechten", die den Weg in den Clubraum von Maria Königin gefunden hatten.

Neben Formalien, wie der Entlastung des Vorstandes und die Billigung der Jahresrechnung 2017, was beides ohne Gegenstimmen geschah, stellte Ortner auch eine technische Neuerung auf dem Gebiet der Wasserversorgung vor: elektronische Zähler. Diese könnten den Mitgliedern die Arbeit des Kärtchenschreibens abnehmen. Stattdessen "fährt der Wasserversorger draußen vorbei", so Ortner, per Funk werden die Zählerstände übertragen. Was, wie in einem Versuch bereits ermittelt wurde, sehr gut funktioniere: Ein entsprechender Sender im Keller des alten Wasserhauses mit seinen 60 Zentimenter dicken Betonwänden sei auf der Brunnenstraße noch gut auszulesen gewesen. Was bei einigen im Publikum nicht so gut ankam, sie befürchteten hohe Strahlungswerte. Laut Ortner seien diese aber geringer, als sie ein Mobiltelefon abstrahle. Ein Mitglied warnte, durch die Echtzeit-Aufzeichnung könnten Einbrecher sehen, wer gerade verreist sei. Dies sei durch die Verschlüsselung zwar eher unwahrscheinlich, so Ortner, "aber absolute Sicherheit gibt es nie."

Aber auch seitens des Vorstandes sei man gegen die Einführung der neuen Zähler, so Ortner, aus ganz praktischen Gründen. Würden alle mechanischen Zähler gegen elektronische mit Funkfunktion ausgetauscht, entstünden dem Verband alleine für den Kauf der Geräte Ausgaben von etwa 165 000 Euro. Was etwa der Hälfte des jährlichen Umsatzes des Verbandes entspricht. Und das regelmäßig, denn Wasserzähler müssen laut Mess- und Eichgesetz alle sechs Jahre gegen neue ausgetauscht werden. Bislang geschieht dies beim Wasserverband, indem die sogenannte "Kartusche" oder "Messpatrone" ausgewechselt wird, also der Teil in dem das Messrad und die Anzeige verbaut sind. Dies kostet etwa 20 Euro. Ein elektronischer Zähler muss dagegen komplett erneuert werden, was jedes Mal gut 90 Euro kostet.

Weitere Kosten würden dem Verband dadurch entstehen, dass man auch eine entsprechende Software braucht. Die dann aber wiederum mit dem bestehenden Abrechnungssystem nicht kompatibel ist. Was besonders dann ein Problem wird, wenn nicht alle Mitglieder ihre Zähler umstellen lassen oder gegen die Fernablesung ihr Veto einlegen, was der Datenschutz durchaus ermöglicht, so Ortner. Alles in allem "empfehlen wir die Umstellung definitiv nicht." Was bei den anwesenden Mitgliedern auf Zustimmung stieß, sie und alle anderen knapp 1790 werden also auch in den kommenden Jahren ein Kärtchen an den Verband schreiben.

© SZ vom 29.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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