Vaterstettener Umfahrung:Der lange Weg nach Westen

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Der aktuelle Plan sieht eine weiträumige Umfahrung von Weißenfeld und Parsdorf vor. (Foto: Gemeinde Vaterstetten/OH)

Eine Umgehungsstraße für Vaterstetten steht seit Jahrzehnten auf der Agenda

Von Wieland Bögel, Vaterstetten

Sollte Bürgermeister Georg Reitsberger (Freie Wähler) die Gemeinderäte am Donnerstag mit seinem Alleingang bei der Ortsumfahrung überrascht haben, setzt er damit eine Vaterstettener Tradition fort. Denn die Trasse, über deren Für und Wider in der Großgemeinde seit Jahren erbittert gestritten wird, hat ihren Ursprung in einem Überraschungscoup von Reitsbergers Amtsvorgänger Robert Niedergesäß (CSU).

Es war auf der Parsdorfer Bürgerversammlung im Juni 2007, als der jetzige Landrat eine neue Variante einer alten Planung aus dem Hut zog: Eine gemeinsame Umfahrung sollte Parsdorf und Weißenfeld vom Durchgangsverkehr entlasten. Die Besucher der Versammlung hatten damit einen Informationsvorsprung vor dem Gemeinderat, dort war bis dahin immer nur über die Pläne für eine Weißenfelder Südumfahrung gesprochen worden.

Diese waren, als Niedergesäß seinen neuen Vorschlag vorstellte, quasi ein Stück Ortsgeschichte. Gut zwei Jahrzehnte hatte die Gemeinde da schon eine Lösung für den Verkehr in Weißenfeld gesucht. Gefunden hatte man Anfang der 1990er schließlich einen Bypass der Kreisstraße EBE 4. Der Plan war, diese von Osten und Westen kommend in einem Bogen direkt mit der Kreisstraße EBE 17 und der Ottendichler Straße im Süden Weißenfelds zu verbinden. Die Umsetzung der Südspange - die Georg Reitsberger nun reanimieren möchte - kam aber nicht so recht voran. Was auch daran lag, dass der Landkreis Ebersberg die Straße hätte bauen sollen, was wegen der angeblich zu hohen Kosten von damals mindestens acht Millionen Mark nicht unumstritten war.

Dieses Problem löste man in Vaterstetten, indem die Gemeinde selbst zum Bauherrn werden sollte. Vor gut acht Jahren beauftragte Vaterstettens Gemeinderat ein Planungsbüro mit der Ausarbeitung von Trassen für die von Niedergesäß 2007 - auch zur Erschließung des neuen Parsdorfer Gewerbegebietes - ins Spiel gebrachte Umfahrung. Der Gemeinderat entschied sich schließlich mehrheitlich für eine neue Variante der Weißenfelder Umgehung. Diese soll zwar weiterhin ein Bypass der EBE 4 sein - aber im Nordosten. An diesen soll dann nördlich der bestehenden EBE 17 eine nordwestlich von Parsdorf am Kreisel in der Heimstettener Straße beginnende weitere Trasse einmünden. Diese würde ebenfalls sehr weiträumig ausfallen, da sie ein vor Jahren von der Autobahndirektion als Ausgleichsfläche angelegtes Biotop umfahren muss. Außerdem muss die Straße die Autobahn 94 überqueren, dazu ist eine Brücke geplant.

Gut 4,5 Millionen Euro kostet die Brücke laut einer Schätzung, auf 18 bis 22 Millionen Euro soll sich das gesamte Vorhaben belaufen. Ganz alleine muss Vaterstetten das Geld nicht aufbringen. So zahlt der Investor des Gewerbegebiets Parsdorf 4,5 Millionen Euro, wenn die Straße bis 2023 fertig ist. Auch der Landkreis, dem die Umgehung als Kreisstraße übergeben werden soll, beteiligt sich, und das gewissermaßen dreifach: Es gibt es einen Zuschuss von 2,5 Millionen Euro, zweitens kann die Gemeinde kreiseigene Flächen im Wert von 1,5 Millionen Euro, die damals für die Weißenfelder Südschleife erworben wurden, als Tauschgrundstücke nutzen. Drittens erhält Vaterstetten nach Übergabe der Umfahrung die jetzigen Kreisstraßen. Auch mit einem Zuschuss des Freistaates wird gerechnet, sodass am Ende der Anteil der Gemeinde auf zwischen fünf und neun Millionen Euro geschätzt wird.

Trotzdem kein Schnäppchen für eine Gemeinde mit rund sechs Millionen Euro Schulden und einem Berg an teuren Großprojekten auf der Agenda. Weshalb es im Gemeinderat auch stets Kritik an der Umfahrung gab. Grüne, Freie Wähler und FBU/AfD bemängelten neben den hohen Kosten aber auch den hohen Landverbrauch. Etwa sieben Hektar, so eine vorläufige Schätzung, werde für den Bau der neuen Straße benötigt - die der Gemeinde indes großteils noch nicht gehören. Wie weit die Grundstücksverhandlungen mittlerweile gediehen sind, ist zwar geheim, ein offenes Geheimnis ist allerdings, dass sie nicht einfach sind. Als letzte Konsequenz könnte die Gemeinde sogar Eigentümer zwangsweise von ihrem Besitz trennen. Eine Enteignung wäre dies indes nicht, das Gesetz spricht von einer sogenannten Besitzeinweisung. Dies bedeutet, die Gemeinde bekommt zwar das Grundstück - muss dafür aber bezahlen. Wie viel, das entscheiden die Gerichte,was eine langwierige und teure Angelegenheit sein kann. So wurden die letzten Verfahren für die Raststätte Vaterstetten erst vor wenigen Jahren abgeschlossen.

© SZ vom 20.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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