Vaterstetten:Wohin mit den Kindern?

Lesezeit: 2 min

Berufstätige Eltern in Vaterstetten sind verärgert und verzweifelt, weil sie den sicher geglaubten Kita-Platz nicht bekommen

Von Karin Kampwerth, Vaterstetten

Ohne Frage, gut ist das nicht, wenn man sich auf eine neue Stelle bewirbt, seinem künftigen Chef aber leider nicht sagen kann, ob man diese überhaupt antreten werde. So geht es derzeit einer Vaterstettenerin, die eigentlich für den September auf Jobsuche ist. Allein der sicher geglaubte Kindergartenplatz fehlt. "Ich habe fest mit einer Zusage gerechnet", sagt die Mutter von drei Kindern und klingt dabei recht verzweifelt. Denn eigentlich war sie davon ausgegangen, dass ihr Jüngster in der Awo-Kita am Offenen Haus in Vaterstetten automatisch auf den Platz rutscht, den die ältere Schwester frei macht, weil diese in die Schule kommt. Doch bei der Awo herrscht Aufnahmestopp. Der Grund: Zu wenig Personal.

Das Dilemma bestätigt Awo-Kreisgeschäftsführerin Ursula Bittner. Tatsächlich fällt in besagter Kita eine Fachkraft krankheitsbedingt länger aus und die Hausleitung hat um Versetzung gebeten. Die Folge: "Ich kann derzeit keine Zusagen rausgeben", so Bittner. Hintergrund ist eine rechtliche Vorgabe: Wenn eine Einrichtung den gesetzlich vorgeschriebenen Personalschlüssel nicht einhält, müssen Fördergelder gegebenenfalls zurück bezahlt werden. "Wenn man sich nicht daran hält, passiert, was wir gerade in nächster Umgebung erst mitbekommen haben", sagt Bittner und verweist auf Poing und den inzwischen insolventen Diakonieverein, der dort zwei Kitas betrieben und deren Vorsitzende aus Personalnöten heraus bei der Angabe der Fachkräfte geschummelt hat. Dafür wurde sie kürzlich wegen Betruges zu einer Haftstrafe verurteilt. Hinzu kommen Rückforderungen in Millionenhöhe.

Eltern allerdings interessiert das wenig. Sie sind auf eine verlässliche Kinderbetreuung angewiesen, die derzeit in Vaterstetten nicht in jeder Einrichtung gegeben ist. Wer sein Kind in der Kita "Pusteblume" im Max-Loidl-Weg untergebracht hat, musste vergangenen Freitag auf einen verständnisvollen Chef hoffen. Denn, so erzählt eine Mutter, nur einen Tag vorher hatte man den Eltern mitgeteilt, dass die Kita am Freitag schon um 12 statt wie üblich um 16.30 Uhr schließe. Der Grund auch hier: Personalmangel.

Wie Otto Knauer vom Träger, der Diakonie in Rosenheim, versichert, sei das aber eine absolute Ausnahme gewesen, die mit den Eltern und dem Elternbeirat besprochen worden war. Dennoch ist die Personalsituation in der "Pusteblume" kritisch. Knauer zufolge haben dort nicht nur drei Fachkräfte gekündigt, sodass von der eigentlich viergruppigen Einrichtung ohnehin nur drei Gruppen besetzt sind. Hinzu kommt Knauer zufolge noch der Umstand, dass die Leiterin in Elternzeit ist und deren Stellvertreterin auch schwanger wurde. Die Diakonie kann zwar auf Springer aus ihren anderen Einrichtungen zurückgreifen, doch wird die Personalnot zum Flächenbrand, funktioniert das nicht mehr. Auch in den anderen Diakonie-Einrichtungen, im Luise-Bayerlein-Haus und in der Kinderkrippe Weißenfeld, herrscht Personalnot und Aufnahmestopp. Jeweils eine Gruppe wird überhaupt nicht betrieben.

Eng ist es ebenfalls im katholischen Kinderhaus St. Nikolaus in Parsdorf, das Bürgermeister Georg Reitsberger Eltern empfohlen hat, die anderswo keinen Platz bekommen haben. Dort sind bereits getroffene Zusagen zurückgenommen worden, weil ebenfalls Erzieherinnen gekündigt haben. Wobei die Parsdorfer Einrichtung für manche Eltern ohnehin nur eine Notlösung gewesen wäre. Wie bei einer Mutter von drei Kindern, die dann drei verschiedene Einrichtungen anfahren müsste, um ihre Kinder unterzubringen . "Wenn ich zwei Stunden täglich nur mit Hinbringen und Abholen beschäftigt bin, wann soll ich dann noch in München teilzeit arbeiten gehen?", fragt sie.

© SZ vom 11.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: