Vaterstetten:Wir müssen reden

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Petra Köppel, eine der Initiatorinnen der Elternrunde, fasst zusammen, was sich alles ändern muss, damit die Kinderbetreuung in Vaterstetten wieder besser funktioniert. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Eine neue Vaterstettener Elterninitiative will sich für bessere Arbeitsbedingungen für Kita-Personal einsetzen. Dazu sollen der Gemeinde und den Trägern Vorschläge gemacht werden

Von Wieland Bögel, Vaterstetten

Kinderreichtum gilt gemeinhin als Segen, in Vaterstetten gab er im vergangenen Sommer indes Anlass zum Fluchen. Grund dafür waren nicht die Kinder selbst, sondern ein Mangel an Personal in mehreren Krippen und Kindergärten in der Großgemeinde. Teilweise mussten ganze Gruppen geschlossen oder zusammengelegt werden, manche Eltern bekamen eine Absage für schon sicher geglaubte Betreuungsplätze. Der Ärger war so groß, dass sich einige Betroffene bei der Gemeinde beschwerten und Abhilfe forderten. Im Oktober gab es einen Runden Tisch, doch das Gespräch zwischen Vertretern der Eltern, der Träger und der Gemeinde brachte keine konkreten Verbesserungen. Wie man diese erreichen könnte, war nun deshalb Thema eines Treffens von Eltern im Alten Hof. Das Fazit des gut dreistündigen Gesprächs lautet: mehr Kommunikation. In den kommenden Wochen will man mit Einrichtungsträgern, mit Kindergartenleitungen und mit der Gemeinde Ideen austauschen, wie man eine Situation wie im Sommer künftig verhindern kann.

"Kommen Sie morgen lieber nicht wieder", den Spruch bekamen nicht etwa randalierende Gaststättenbesucher zu hören, sondern Eltern aus Vaterstetten, die ihre Kinder in Krippe oder Kindergarten abholten, wo zu viele Mitarbeiter fehlten, um den Regelbetrieb aufrecht zu erhalten. Andere Mütter wurden gleich in der Früh quasi dienstverpflichtet: Sie wurden gefragt, ob sie nicht kurzfristig als Helfer in ihrer Kita einspringen könnten, weil Personal erkrankt war oder kurzfristig gekündigt hatte. Fast alle Mütter, die sich am Montagabend im Alten Hof trafen, hatten ähnliche Dinge erlebt und bemühen sich seitdem, eine Lösung für das Problem zu finden.

Die grundsätzliche Frage sei, fasste Petra Köppel, eine der Initiatorinnen der Initiative zusammen, "wie kann man die Arbeitsbedingungen für Erzieher in Vaterstetten attraktiver machen"? An Vorschlägen mangelte es nicht, allerdings zeigte sich im Verlauf des Abends, dass nicht alle davon in der Realität umsetzbar sein dürften. Etwa die Forderung nach einer sogenannten Ballungsraumzulage, die die Eltern bereits im Sommer erhoben hatten. Dabei zahlt die Gemeinde einen Bonus für Kita-Personal - aber eben nicht für alle, wie zwei teilnehmende Mitarbeiter eines örtlichen Kindergartens zu bedenken gaben: Denn die Zulage komme nur Erzieherinnen, aber nicht Kinderpflegerinnen zugute, die ohnehin schon weniger verdienen. Zudem, so gab Cordula Koch zu bedenken, die an dem Abend "in Doppelfunktion als Mutter und Gemeinderätin" dabei war, gebe es weitere Ungerechtigkeiten: So seien bei größeren Trägern manche Mitarbeiter in mehreren Einrichtungen tätig, auch über Gemeindegrenzen hinaus. Würde also eine Erzieherin etwa in Vaterstetten und Poing tätig sein, bekäme sie bestenfalls die halbe Zulage ausbezahlt, ihre Kollegin, die ausschließlich in Vaterstetten arbeitet, dagegen den vollen Betrag. Außerdem sei derzeit im Gemeinderat keine Mehrheit für die Zulage aus der Gemeindekasse absehbar.

Ohnehin klinge so ein Bonus besser, als er tatsächlich sei, sagte einer der beiden Kita-Mitarbeiter. Natürlich freue sich jeder über einen Gehaltszuschuss, aber wenn die Arbeitsbedingungen, etwa durch ein schlechtes Betriebsklima oder zu viele Überstunden nicht passten, werde man damit niemanden zum Bleiben überreden können: "Man muss den Arbeitsalltag so gestalten, dass die Leute daran nicht kaputtgehen." So gebe es etwa in seiner Einrichtung externe Kräfte, die beispielsweise mit den Kindern Sport oder Musik machen, was das Kernpersonal auch entlaste. Allerdings, gab seine Kollegin zu bedenken, schlage sich dies auch auf die Gebühren nieder.

Ein Problem, dem man vielleicht beikommen könnte, würden die Elternbeiträge nicht pauschal erhoben, sondern je nach Einkommen, wie eine Teilnehmerin vorschlug. Eine andere berichtete, dass sie bei ihrem Träger einmal genau nach solchen Extra-Angeboten gefragt hatte, dort aber zur Antwort bekommen habe, dies sei unerwünscht, weil es den Tagesablauf in der Kita zu sehr störe. Eine Erfahrung, die auch eine andere Mutter gemacht hatte, "die Träger sind oft viel zu lahm".

Dies will die Elterninitiative nun ändern. In den kommenden Wochen sollen die Teilnehmer - viele gehören dem Elternbeirat ihrer Kitas an - mit den Trägern und Leitungen darüber Gespräche führen, welche Verbesserungen die Eltern sich wünschen, und was die Betreiber glauben umsetzen zu können. Auch mit der Gemeinde soll es ein weiteres Gespräch geben, in dem dann auch konkretere Forderungen gestellt werden als im Oktober. Koch regte an, das Thema Wohnen stärker zu betonen und etwa anzuregen, dass auf allen neuen Kindergärten oder Krippen, welche die Gemeinde baut, grundsätzlich Dienstwohnungen entstehen sollen.

Erste Ergebnisse der Träger-Gespräche könnten bereits auf dem nächsten Treffen präsentiert werden, das voraussichtlich am 24. Januar stattfindet. Bis dahin will sich die Initiative auch organisatorisch neu aufstellen, so sollen bis dahin bis zu drei Sprecherinnen bestimmt werden.

© SZ vom 14.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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