Vaterstetten:Wertvolle Relikte

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Der Gartenstadtcharakter in Vaterstetten nimmt immer mehr ab, in drei Gebieten soll er nun geschützt werden

Von Wieland Bögel, Vaterstetten

Ein Häuschen im Grünen, dieser Traum wurde für viele in Vaterstetten und Baldham wahr. Lange Zeit war die Gemeinde geprägt von sehr lockerer Bebauung, auf großen teilweise bewaldeten Grundstücken standen wenige, meist eher kleine Häuser. Doch je mehr Leute den Traum vom Häuschen im Grünen in Vaterstetten wahr machen wollten, desto schwieriger wurde dies: Immer größere Häuser auf immer kleineren Grundstücken prägen heute das Bild der Gemeinde. Doch zumindest an einigen ausgewählten Stellen möchte man das vertraute Ortsbild erhalten. Soeben hat der Bauausschuss zwei weitere sogenannte Sanierungs-Bebauungspläne auf den Weg gebracht, mit denen zu starke Nachverdichtung verhindert werden soll.

Den Zuwachs in einigen ausgewählten Gebieten zu begrenzen, "da tun wir schon lange rum", sagt Vaterstettens Bürgermeister Georg Reitsberger (FW). Drei solcher Areale hat man im Rathaus ausgemacht, wo die Bebauung noch weitgehend den Strukturen des alten Vaterstetten und Baldham entspricht. Diese "Relikte aus der Anfangszeit der Besiedelung", so Reitsberger, die wolle man möglichst erhalten.

Bereits vor einem Monat beschloss der Ausschuss darum einen Bebauungsplan für das Gebiet zwischen Zaunkönigweg und Zeisigstraße in der Nähe des Vaterstettener Bahnhofs. Dort soll nach dem Willen der Gemeinderäte künftig nur noch sehr behutsam nachverdichtet werden dürfen. Keinesfalls, so die einhellige Meinung im Ausschuss, wolle man für das Gebiet die gleiche Entwicklung, wie sie in der Umgebung schon passiert ist: Enge Reihenhausbebauung auf kleinen Grundstücken. Stattdessen soll der "inselartige, kleinteilige Charakter", so die Formulierung des Bauamtes, erhalten bleiben.

Einen solchen sieht man auch bei zwei Arealen in Baldham. Das eine liegt nördlich des ehemaligen Ateliers des Nazi-Bildhauers Josef Thorak, das riesige Gebäude wird heute von der prähistorischen Staatssammlung als Lagerhalle genutzt. Dies gewährt dem parkartigen Grundstück einen gewissen Bestandsschutz, einen solchen wünscht man sich bei der Gemeinde auch für Teile der nördlich davon gelegenen Privatgrundstücke. Dort, so erklärten es die Planer nun im Ausschuss, gebe es wie auf dem Thorak-Grundstück viele alte und wertvolle Bäume, die von Vögeln und Fledermäusen bewohnt würden. Aber auch stadtplanerisch sei für die Gemeinde ein Erhalt der kleinteiligen Siedlungsstruktur wünschenswert.

Bislang gibt es dafür keine Handhabe, denn für das Areal zwischen Waldstraße im Süden, Alte Poststraße im Norden, Buchenstraße im Westen und Franz-Kammerseder-Straße im Osten existiert kein Bebauungsplan. Zwar schreibt das Baugesetzbuch für solche Fälle ein sogenanntes Einfügungsgebot vor. Doch im Allgemeinen wird dies relativ großzügig ausgelegt. Erst vor drei Wochen gab das Verwaltungsgericht einem Bauwerber Recht, der auf einem zuvor mit einem einzigen kleinen Haus bebauten Grundstück am Baldhamer Bahnhof drei Reihenhäuser und ein Doppelhaus bauen wollte. Die Gemeinde hatte diese große Verdichtung zunächst abgelehnt, die Richter sahen dafür keinen Grund.

Zumindest dies wird im Gebiet an der Waldstraße nicht passieren, dort wurde bereits im vergangenen Jahr eine Veränderungssperre verhängt. Genau wie für das Areal südlich der Hochwaldstraße, wo es zwar einen Bebauungsplan gibt, allerdings laut Bauverwaltung einen mit sehr eingeschränkten Festsetzungen. So sind dort zwar etwa die Zahl der Geschosse für Wohnhäuser, nicht aber deren Höhe festgeschrieben. Bei Nachverdichtung auf den Grundstücken sei der Bebauungsplan ebenfalls weitgehend wirkungslos, er regelt zwar die Mindestabstände zum Nachbargrundstück, alles andere richtet sich dann aber nach dem Einfügungsgebot.

Im neuen Bebauungsplan soll dagegen etwa das Verhältnis Grundstücksfläche zu bebauter Fläche genau geregelt werden. Auch der Erhalt beziehungsweise der Ersatz von Bäumen - besonders im Mittelteil der Hochwaldstraße - soll durch den neuen Plan gewährleistet werden. Ebenfalls verbindlich geregelt wird künftig die Nutzung der Gebäude im Planumgriff - so sind etwa Hotel- und andere Herbergsbetriebe ausdrücklich verboten. Hintergrund ist, dass ein Hausbesitzer im Jahr 2014 sein Zweifamilienhaus gegen den Willen der Nachbarn und der Gemeinde als Arbeiterunterkunft mit mehr als 20 Bewohnern umfunktionierte. Der Streit darum ging bis vor den Verwaltungsgerichtshof, dieser gab der Gemeinde schließlich Recht. Wenn der neue Bebauungsplan in Kraft tritt, kann sich Vaterstetten solche Prozesse künftig sparen.

Im Ausschuss gab es weder Diskussionsbedarf, noch Gegenstimmen zu den neuen Bebauungsplänen.

© SZ vom 10.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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