Vaterstetten:Wasser marsch

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Die Pläne zum regenerativen Nahwärmenetz in Vaterstetten werden konkret. In den kommenden Jahren sollen vorhandene Leitungen verbunden und neue Gebiete angeschlossen werden

Von Wieland Bögel, Vaterstetten

Heizen ohne fossile Energiequellen - und ohne eigenen Heizkessel, das soll in der Großgemeinde in einigen Jahren möglich sein, wenn auch nicht überall. Aber zumindest im Ortsteil Vaterstetten nördlich der Bahnlinie sollen die Häuser bald umweltfreundlich beheizt werden, nun wurde eine Studie zum dort geplanten Nahwärmenetz vorgestellt.

Dieses ist gewissermaßen ein Überbleibsel eines gescheiterten Projekts. Bis vor vier Jahren war in Vaterstetten ein weit größeres Nahwärmeprojekt im Gespräch: Zusammen mit den Nachbargemeinden Grasbrunn und Zorneding sowie einem Investor sollte ein Geothermieprojekt umgesetzt werden. Letzterem gelang es allerdings nicht, sich gegen die Risiken einer Fehlbohrung zu versichern, so dass das Geothermieprojekt 2014 dann endgültig begraben wurde.

Allerdings hatte sich in Voruntersuchungen gezeigt, dass ein Nahwärmenetz in Vaterstetten grundsätzlich umsetzbar sei. Darum entstand die Idee, die bereits vorhandenen Wärmenetze zu verbinden, weitere große Abnehmer, etwa die neue Schule und das Hallenbad, ebenfalls anzuschließen und in großen Neubaugebieten wie dem gerade entstehenden Vaterstetten Nordwest gleich von Anfang an Nahwärmenetze einzubauen.

Diese drei Vorgaben, also vorhandene Wärmenetze, große Abnehmer sowie Neubaugebiete, definieren auch den Bereich, in dem in den kommenden Jahren das erste größere Vaterstettener Nahwärmenetz entstehen wird. Dieser umfasst in etwa den gesamten nordwestlichen Teil der Kerngemeinde von der Ottendichler Straße bis zur Bahnlinie im Süden und der Zugspitzstraße im Osten, inklusive Sport- und Schulzentrum. Dort ist auch schon seit diesem Jahr das erste Kraftwerk in Betrieb, es soll vor allem die neue Grund- und Mittelschule versorgen, hat aber darüber hinaus Kapazitäten, etwa auch die nahegelegene Siedlung, die bereits ein Nahwärmenetz hat, zu beheizen.

Allerdings bisher durch das Verbrennen von Erdgas, das dürfte wohl auch nach Inbetriebnahme des neuen Wärmenetzes so bleiben. Zwar hat man sich auch in Vaterstetten zum Ziel gesetzt, bis 2013 von fossilen Energieträgern unabhängig zu sein, komplett wird dies nach der nun vorgestellten Studie aber wohl nicht möglich sein. Im Umweltausschuss präsentierte Maximilian Walch vom Ingenieurbüro "Team für Technik" mehrere Varianten, wie sich das Wasser im Netz erwärmen lassen könnte. Als Energielieferanten kämen sowohl Biomasse, Solarthermie und Wärmepumpen in Frage, nicht untersucht wurde Windkraft und Geothermie.

Je nachdem wie hoch die Anteile der jeweiligen Energieträger sind, richtet sich der Bedarf an Platz und Ausrüstung. Wollte man etwa vorwiegend mit Biomasse heizen, bräuchte es ein drei Stockwerke hohes Kraftwerk, in dem täglich rund 30 Tonnen Hackschnitzel oder Holzpellets verbrannt werden. Soll dagegen überwiegend Sonnenwärme genutzt werden, müssten Kollektoren auf einer etwa fünf Hektar großen Fläche aufgestellt werden - diese würde allerdings nicht komplett zugebaut, sondern könnte naturnah gestaltet werden. Auch ein "Wärmepumpen-Kraftwerk" wäre theoretisch möglich, hier kämen sogar mehrere Energiequellen in Betracht. So könnte die Wärme aus dem Grundwasser aber auch aus der Kanalisation entzogen werden. Noch effektiver könnte das Nahwärmenetz werden, gäbe es statt eines Hin- und eines Rückleiters mit warmem und kaltem Wasser einen dritten Strang für mittlere Temperaturen. Allerdings, so räumte Walch ein, müssten dazu nicht nur sämtliche jetzt vorhandenen Netze ertüchtigt werden sondern auch die derzeit entstehenden für Schule und Neubaugebiet.

Was wohl in absehbarer Zeit nicht gelingt, ist, die komplette Nahwärme aus regenerativen Quellen zu erzeugen. Dies habe weniger technische, als wirtschaftliche Gründe, erklärte Klimaschutzmanager Tobias Aschwer. Denn theoretisch ließe sich das Heizkraftwerk am Sportplatz ohne große Probleme auf Biogas umrüsten - die Kosten dafür machten dies allerdings zumindest im Moment unrentabel.

Wie der Energiemix für das Nahwärmenetz und dieses selbst konkret aussehen werden, ist Inhalt einer zweiten Studie, die derzeit erarbeitet wird. Voraussichtlich im Frühjahr soll sie fertig sein und im Gemeinderat diskutiert werden.

© SZ vom 06.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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