Vaterstetten:Von Bach bis Bachianas Brasileiras

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Musikalische Leckerbissen, virtuos dargebracht: Das Trio Avi Avital präsentiert in Vaterstetten eine Mischung aus Klassik und mitreißender Folklore. (Foto: Endt)

Das Trio Avi Avital präsentiert auf Mandoline, Akkordeon und Schlagwerk musikalische Delikatessen aus verschiedenen Epochen und Erdteilen

Von Claus Regnault, Vaterstetten

Im Seniorenpark Vaterstetten war ein Konzertprogramm angekündigt, das aus einer Mehrzahl kurzer Stücke verschiedener Herkunft bestand, nicht unähnlich der "Buffetkultur", wie sie in feinen Häusern als Ersatz für gehaltvolle Frühstücke und Diners häufig angeboten wird. Dies hat mit den Programmen der vielen Reisemusiker zu tun, die in wechselnder, manchmal eher zufälliger Kombination spielen. Was kann man aus einer Kombination von Mandoline, Akkordeon und Percussion machen, für die es in der Musikliteratur kaum Beispiele gibt?

Beim Trio Avi Avital, mit Avital an der Mandoline, Ksenija Sidorova am Akkordeon und Itamar Doari, Percussion, wurde das Publikum eines Besseren belehrt: Es wurde ein "Stückerl-Abend" aus lauter Delikatessen, und dies nicht nur wegen der ausgesuchten Qualität der Stücke, sondern vor allem wegen der atemberaubenden Virtuosität dieser drei Musiker. Ihnen gelang diese Mischung aus klassischen Highlights und mitreißender türkischer, israelischer, bulgarischer und spanischer Folklore in einer Perfektion, die beim Publikum immer wieder Ovationen auslöste.

Avi Avital, inzwischen weltweit bewunderter Meister der Mandoline, beherrscht sein zartes Instrument im Wechsel zwischen gezupfter melodischer Linie und geschlagener Tremolotechnik so bezaubernd, dass man die sensible Eigenheit der Mandoline wiederentdeckt. Höhepunkte waren das Stück von Ernest Bloch "Nigun from Baal-Shem", die arrangierte Bach-Sonate "BWV 1019 in G-Dur" und Fritz Kreislers wie immer amüsante Barock-Annäherung "Prélude und Allegro".

Siderova, lettisch-russischer Herkunft, beherrscht ihr oft missbrauchtes Instrument mit einer Zartheit und Flexibilität der Tongebung (so ihre fabelhaft gehandhabte Technik des Balgshake, der subtilen Luftregulierung der "Lunge" des Akkordeons), die dem Akkordeon bis in alle Nuancen Gestaltung ermöglicht. Aber eigentlich spielt sie mit zwei Instrumenten, denn über ihrem Akkordeon strahlt sie ein permanentes, gewinnendes Lächeln zu Mitmusikern und zum Publikum aus und über-setzt ihr Spiel in emotionale Mimik. Großartig ihre Interpretation von Bachs "Sarabande aus der Ouvertüre BWB 831", in der sie ihre Kunst des beim Akkordeon technisch nicht leicht zu bewältigenden Legatospiels bewies.

Ein Sensibilissimus der Percussion zeigte Doari in seinem relativ kleinen Schlag-Ensemble: neben dem Tomtom eine Art Conga, durch eine Glühlampe im Innern zum Zweck der Fellspannung erwärmt, und diverse Becken verschiedener Größen, sodass Rhythmus mit Handschlag und Fingerspiel ungemein vielfarbig zur Entstehung gebracht werden kann. Sein Glanzstück war ein Türkei-Traditional "Nacyem Nacyem". Alle drei präsentierten sich als Meister des Ensemblespiels, wobei besonders angesichts der überwiegend rhythmisch fundierten Stücke die Akkuratesse der rhythmischen Übereinstimmung bestach. So war auch die einzige Originalkomposition für das Trio, das "Concerto in a-Moll" von Nicolai Budashikin, wohl der Höhepunkt des Abends: zwei rasche, rhythmisch überwältigende Sätze umrahmen ein zärtliches Adagio.

Und natürlich gab es im Programm auch Lieblinge des Publikums, so die "Miniaturen nach georgischen Volksmusikthemen" von Tsintsadze mit dem georgischen Herzenslied "Suliko" und die Nummer 5 der "Bachianas Brasileiras" des Heitor Villa-Lobos, ein textloses Lied für Frauenstimme, dem Bach den Namen, Brasilien aber seine Innigkeit verliehen hat.

Alles in allem ein großartiges Konzert dreier großartiger und sympathischer Musiker. Das Publikum machte danach einen beglückten Eindruck.

© SZ vom 10.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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