Vaterstetten:Viel Geld und große Pläne

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Die geplante Umgehung führt in der Parsdorfer Bürgerversammlung kaum mehr zu Diskussionen. Defizite sehen die Teilnehmer dafür bei der Kinderbetreuung und im Breitbandausbau

Von Anselm Schindler, Vaterstetten

Öffentliche Toiletten am Friedhof, eine Sekretärin für die Freiwillige Feuerwehr und Neopren-Gummiringe für die Gullideckel, sie klappern sonst so laut: Detailliert trugen die Parsdorfer ihre Anliegen am Dienstag in der Bürgerversammlung vor. Bei der Versammlung, die den Saal der Alten Post fast bis zum letzten Platz füllte, ging es aber auch um Großprojekte wie den Bau der Umfahrung von Weißenfeld und Parsdorf.

Die Pläne für die neue Trasse nehmen nach langem Gezerre langsam Gestalt an, im Saal war man darüber erleichtert, viele Parsdorfer erhoffen sich durch die Umfahrung weniger Durchgangsverkehr und eine bessere Verkehrsanbindung ihres Heimatortes. Die nun vom Gemeinderat abgesegnete Variante 8c sieht einen Kreisverkehr gleich nach der Überquerung der Autobahn vor. Kritisiert wurde bislang vor allem der hohe Flächenverbrauch, doch bei 8c handelt es sich um die bislang kürzeste Variante, sie läuft eng an der A 94 entlang, die Autobahndirektion hatte dieser Variante Ende vergangenen Jahres überraschend zugestimmt.

Und auch die Kritik an den Kosten des Bauprojektes ist weitestgehend verstummt, Vaterstettens Bürgermeister Georg Reitsberger (Freie Wähler) wirkte zufrieden, als sich bezüglich der Umgehung nur wenige Bürger zu Wort meldeten. Im Mai hatte der Kreistag beschlossen, sich an der geplanten Umfahrung finanziell zu beteiligen. Der Zuschuss des Landkreises umfasst 2,5 Millionen Euro sowie zwei Grundstücke im Süden von Weißenfeld. 17,8 Millionen wird der Bau voraussichtlich kosten, die Gemeinde Vaterstetten übernimmt rund 5,5 Millionen Euro, für den Rest kommen die Regierung von Oberbayern und der Investor des neuen Parsdorfer Gewerbegebietes auf. Die Variante 8c ist eine der preiswerteren Versionen, mit überschaubaren 400 000 Euro belastet der Bau der Trasse die Gemeindekasse Vaterstettens in diesem Jahr.

Einen Spatenstich nach dem anderen hat es in den vergangenen Jahren im Gewerbegebiet Parsdorf gegeben - hier für den neuen Obi-Markt. (Foto: Christian Endt)

Rund 80 Millionen Euro beträgt der Etat Vaterstettens in diesem Jahr - 48 Millionen davon entfallen aber auf den Verwaltungshaushalt, aus dem nur die laufenden Kosten der Gemeinde gedeckt werden können. Die verbleibenden 33 Millionen Euro kann die Gemeinde in aktuelle Investitionen stecken. Das klingt nach viel Geld, ungewöhnlich hoch sei dieser Posten in diesem Jahr, erklärte Vaterstettens Kämmerer Markus Porombka den Parsdorfern, ein Teil des Geldes stamme aus den jüngsten Grundstücksverkäufen im Nordwesten Vaterstettens.

Doch um Begehrlichkeiten vorzubeugen, merkte Porombka gleich an: "Das Geld ist faktisch schon wieder ausgegeben." 3,4 Millionen hat die Gemeinde Vaterstetten in diesem Jahr für das neue Schulzentrum zurückgelegt, dabei handelt es sich vor allem um Planungskosten. Insgesamt koste der Bau rund 39 Millionen Euro, deshalb sei trotz der hohen Rücklagen der Gemeinde Sparen angesagt, wie Porombka betonte.

Auch damit sind freilich nicht alle einverstanden, viele Eltern in Vaterstetten vermissen mehr Engagement der Gemeinde, was die Anwerbung von Erziehern für die Kindertagesstätten in der Gemeinde betrifft. "Was bietet denn die Gemeinde, um genug Erzieher zu bekommen?", fragte eine Parsdorfer Bürgerin, die selbst als Erzieherin arbeitet. Ihre Frage zielte auf eine Erzieher-Zulage ab. Die Stadt München beispielsweise zahle Erziehern eine "München-Zulage" von knapp 120 Euro, sie steigt pro Berufsjahr um knapp 23 Euro. Durch die zusätzlichen Zahlungen wollen Kommunen dem Erziehernotstand begegnen und ausreichend Fachkräfte in ihre Kindergärten, Krippen und Horte locken.

Bürgermeister Georg Reitsberger und die Fachleute aus seiner Verwaltung informierten über die Projekte. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Vaterstetten aber will - zum Unmut vieler Eltern - keine Zulage zahlen, im Gemeinderat ist man sich da relativ einig. Und auch die drei großen Trägerverbände haben sich in Vaterstetten gegen eine Zulage entschieden. Man habe es den Trägern allerdings freigestellt, eine Zulage über die Elternbeiträge zu finanzieren, betonte Georg Kast, der das Büro von Bürgermeister Reitsberger leitet.

Und dann wurde zum Ende der Bürgerversammlung hin noch einmal das Reizthema Breitbandausbau aufgewärmt: "Seit 15 Jahren heißt es immer nur Avacomm, was anderes hört man gar nicht mehr", schimpfte ein Bürger und fragte: "Was tut die Gemeinde, um mögliche andere Anbieter zu finden?" Für das neue Parsdorfer Gewerbegebiet habe die Firma Avacomm bereits modernste Breitbandanschlüsse bereitgestellt, doch die Privatkunden warteten bislang vergeblich auf eine bessere Internetverbindung, viele seien deshalb frustriert. Doch der Gemeinde seien die Hände gebunden, betonte Kämmerer Prombka: "Avacomm sind die Einzigen, die bereit sind, da überhaupt zu investieren." In der Gemeinde gehe man davon aus, dass es in der zweiten Jahreshälfte mit dem Ausbau weitergehe.

© SZ vom 15.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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