Vaterstetten:Vaterstetten heizt ein

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Das Heizkraftwerk an der Baldhamer Straße soll stillgelegt werden, dafür ist ein leistungsfähigerer Neubau geplant. (Foto: Christian Endt)

Die Gemeinde will über ihr Kommunalunternehmen in den kommenden Jahren mehrere Nahwärmenetze aufbauen. Diese sollen Wohngebiete, aber auch öffentliche Gebäude versorgen

Von Wieland Bögel, Vaterstetten

Die Großgemeinde steigt ins Energiegeschäft ein. Von Juni an wird das Kommunalunternehmen, das sich komplett im Besitz der Gemeinde Vaterstetten befindet, das Nahwärmenetz in der sogenannten Reitsbergersiedlung an der Baldhamer Straße übernehmen. Bis Jahresende soll das bestehende Heizkraftwerk dann durch eine moderne Anlage ersetzt werden, die auch das Sportzentrum versorgen soll. Doch das ist nur der erste Schritt, in den kommenden Jahren will die Gemeinde im Norden Vaterstettens bis zu fünf weitere Nahwärmenetze übernehmen oder neu bauen.

Gegründet wurde das Kommunalunternehmen Ende 2008 und sollte zwei Hauptaufgaben erfüllen. Erstens Kauf, Bebauung und Verkauf von Grundstücken für die Gemeinde und zweitens die Realisierung des interkommunalen Geothermieprojektes, das Vaterstetten zusammen mit Grasbrunn und Zorneding umsetzen wollte. Aus beidem ist nie so richtig etwas geworden, ihre Grundstücksgeschäfte wickelte die Gemeinde lieber direkt ab und die Geothermie wurde nach dem Ausstieg des Investors im vergangenen Jahr endgültig für gescheitert erklärt. Allerdings beschloss der Gemeinderat damals, das Projekt Nahwärme auch ohne heißes Tiefenwasser voranzutreiben. Statt eines an eine zentrale Geothermiestation angeschlossenes Netz für drei Gemeinden sollen sogenannte "Insel-Netze" entstehen, also eine dezentrale Nahwärmeversorgung für einzelne Ortsteile. Bereits im Herbst hatte der Gemeinderat entschieden, das Kommunalunternehmen mit der Umsetzung zu beauftragen, nun stellte Wirtschaftsförderer Georg Kast dem Gremium vor, was in den kommenden Jahren geplant ist.

Zunächst werde man in der Reitsbergersiedlung aktiv, zum 1. Juni soll das Kommunalunternehmen das dortige Nahwärmenetz und das Heizkraftwerk an der Baldhamer Straße übernehmen. Letzteres wird aber nur relativ kurze Zeit im Besitz der Gemeinde sein, denn man plane, es spätestens zum kommenden Frühjahr stillzulegen. Grund dafür ist wohl, dass dieses Heizwerk seit einiger Zeit ein dauerhaftes Provisorium ist. Seit einem Brand vor mehr als zwei Jahren wird das Wasser nicht mehr mit Hackschnitzeln oder Holzpellets erwärmt, sondern durch zwei Ölkessel.

Etwas sauberer soll die neue Heizzentrale sein, die Anfang 2016 den Betrieb aufnehmen wird. Diese wird an der Johann-Sebastian-Bach-Straße südwestlich des Minigolfplatzes entstehen und zunächst mit Erdgas betrieben. Dies, so Kast sei derzeit die wirtschaftlichste Variante. Allerdings sei zu einem späteren Zeitpunkt auch der Umstieg auf Biogas möglich und ein Teil der Energie stammt von Anfang an aus regenerativen Quellen. Denn das Nahwärmenetz soll an die nahe Biogasanlage angeschlossen werden und dessen Abwärme nutzen. Versorgen soll das neue Blockheizkraftwerk zunächst die Siedlung an der Baldhamer Straße und das Sportzentrum, dort steht demnächst ein Austausch der Heizung an. Wenn in drei Jahren dann die neue Grund- und Mittelschule samt Schwimmbad und Dreifachturnhall fertig ist, soll auch diese angeschlossen werden. Genau wie das bestehende Wärmenetz in der Gluckstraße, das bislang vom Heizwerk des alten Hallenbades versorgt wird.

Ebenfalls vom Kommunalunternehmen betrieben werden sollen die Nahwärmenetze in der Fasanenstraße, dort wäre das Seniorenheim der größte Abnehmer, und im neuen Baugebiet Vaterstetten Nordwest. Deren Heizzentrale soll am Bauhof entstehen. Auch möglich wäre ein zusätzliches Nahwärmenetz im Bereich Millöcker- und Richard-Wagner-Straße, dieses Projekt wurde bereits vor einiger Zeit im Umweltausschuss vorgestellt. Dieses Netz wäre aber nur rentabel, wenn sich mindestens die Hälfte der 114 Haushalte in der Millöckersiedlung und die benachbarte Gärtnerei anschließen lassen. Allerdings könnte das Netz in der Millöckerstraße auch als Verbindung dienen zwischen jenem im Süden, das die Reitsbergersiedlung, das Sportzentrum und die Schule versorgt, und dem im Norden in der Fasanenstraße und im neuen Wohngebiet.

Die Wärmenetze sind aber nur ein Teil der künftigen Aufgaben des Kommunalunternehmens. Denn dieses soll sich in den nächsten Jahren zu einer Art Gemeindewerke entwickeln. So ist als erster Schritt geplant, dass das Kommunalunternehmen das neue Schwimmbad übernehmen wird. Damit, so Kast, könnte man Verluste aus dem Badbetrieb mit Gewinnen aus den Nahwärmenetzen gegenfinanzieren.

Kritik an den Plänen gab es im Gemeinderat keine, lediglich einige Anregungen. So schlug Axel Weingärtner (Grüne) vor, beim Ausbau der Wärmenetze könne man doch gleich Breitbandleitungen für schnelles Internet verlegen. Dies sei bereits geplant, so Kast, "wir werden sehr große Leer-Rohre mitverlegen". Für Sepp Mittermeier (SPD) ist das Nahwärmenetz eine letzte Chance für die Gemeinde in Sachen Energie: "Dieses Projekt muss laufen, wir können uns keinen weiteren Fehlschlag wie bei der Geothermie leisten."

© SZ vom 22.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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