Vaterstetten:Tief ist die Hoffnung

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Die Gemeinde Vaterstetten macht offenbar Fortschritte bei der Wiederauflage des Geothermieprojekts. In wenigen Jahren könnte gebohrt werden, um heißes Wasser zu fördern

Von Wieland Bögel, Vaterstetten

Lange hatte es so ausgesehen, als sei die Geothermie in der Großgemeinde tot und begraben - nun sieht es nach einer Exhumierung aus. Gegraben, beziehungsweise gebohrt werden könnte in Vaterstetten schon in wenigen Jahren mit dem Ziel, heißes Tiefenwasser zu fördern. Dass man sich dem Thema wieder widmen sollte, hatte der Gemeinderat bereits Ende vergangenen Jahres beschlossen, mittlerweile scheinen die Pläne ein Stück konkreter zu sein.

Vor knapp acht Jahren scheiterte, was einmal ein Vorzeigeprojekt der Energiewende in der Region werden sollte. Drei Gemeinden - neben Vaterstetten noch Grasbrunn im Landkreis München sowie Zorneding - wollten gemeinsam eine Nahwärmeversorgung aufbauen, die mit Warmwasser aus knapp drei Kilometern Tiefe gespeist wird. Die Vorbereitung dafür lief bereits seit 2006, damals sicherten sich die Gemeinden Grasbrunn und Vaterstetten beim Bergamt Bohrungsrechte. Der Bereich liegt grob in Nord-Süd Richtung zwischen Weißenfeld und Harthausen, die Ausdehnung in westöstlicher Richtung entspricht etwa dem Bereich zwischen Autobahn 99 und Zorneding. Beim 2013 abgebrochenen Projekt hatte man dies auf drei Areale eingegrenzt: eines an der Autobahn, eines an der Wasserburger Landstraße und ein drittes zwischen Möschenfeld und Harthausen.

Genau in diesem Bereich könnten nun tatsächlich Förderanlagen entstehen, sagt Bürgermeister Leonhard Spitzauer (CSU). Bereits in der vergangenen Gemeinderatssitzung - es ging um einen Appell der lokalen Agenda Energiewende für einen schnelleren Ausbau der Erneuerbaren - konnte er Fortschritte verkünden: "Wir setzen uns damit auseinander und hatten gerade wieder einen Termin dazu, der uns hoffentlich weiterbringt."

Auf Nachfrage führt der Bürgermeister aus, die Gemeinde sei in Gesprächen mit interessierten Firmen aber auch mit den Nachbarkommunen. Mit Zorneding hatte es diese schon gegeben, im Oktober sind welche mit Grasbrunn geplant. Dass man sich wieder mit den Partnern vom letzten Versuch zusammentun will, liegt auch an der Geografie. Zum einen an der, die für die Geothermie wichtig ist: Das Tiefenwasser wird nach Westen hin wärmer, die Standorte, die teilweise auf Grasbrunner Flur liegen, versprechen daher bessere Ausbeute. Zum anderen weil die betreffenden Gemeinden die Grundstücke in ihrem Besitz haben - anders als etwa bei der Windkraft, wo es den Kommunen oftmals an entsprechenden Flächen fehlt. Einen Abschluss kann Spitzauer noch nicht präsentieren - aber dafür einen durchaus ehrgeizigen Zeitplan: Mitte der 20er Jahre könnte es in die Umsetzung gehen.

Dieser Termin basiert auf einem anderen Energie-Projekt in der Gemeinde, das seit der Beendigung des Geothermievorhabens nach und nach umgesetzt wird: das kommunale Nahwärmenetz. Das ist zwar deutlich weniger spektakulär als ein Tausende Meter tiefer Brunnenschacht aber dafür wesentlich erfolgreicher. Seit 2013 sind besonders im Westen und Norden der Kerngemeinde neue Netze entstanden und bestehende integriert worden. Vor knapp fünf Jahren ging zudem das neue Heizwerk für das Nahwärmenetz in Betrieb.

Laut Spitzauer habe das Netz derzeit eine Größe, die der Hälfte dessen entspreche, was für den rentablen Betrieb einer Geothermieanlage nötig sei. Der Ausbau soll in den kommenden Jahren fortgesetzt werden, bis in vier oder fünf Jahren käme man dann in den Bereich, wo sich die Geothermie lohnt. Denn das war einer der großen Probleme beim vergangenen Versuch: Es gab in der Gemeinde einfach kaum Abnehmer, der Netzaufbau inklusive Kundenakquise hätte mit und nach dem Bau der Förderanlage erfolgen sollen. Was die Investitionen natürlich in einen ziemlich abschreckenden Bereich trieb: Eine erste Berechnung taxierte das Vorhaben inklusive Bohrung und Netzausbau auf rund 120 Millionen Euro, die Basis-Version, also das Minimum mit einem rudimentären Netz lag bei 70 Millionen.

Zwar schien zunächst eine Lösung gefunden, zusammen mit einem Partner, einem Konsortium um die Firma Daldrup, schien der Ausbau nähergerückt. Als es aber nicht gelang, eine Ausfallversicherung abzuschließen, falls das Wasser doch nicht heiß genug ist, oder man gar keines findet, stieg der Investor aus. Auch wenn das damals nicht so direkt kommuniziert wurde, dürfte die Vorstellung der Versicherungen, was sie als Beiträge verlangen, den Investor von einem Abschluss abgehalten haben - doch nun könnte auch dieses Problem zumindest kleiner geworden sein.

Denn es gebe neue Fördersätze für Geothermie, berichtet der Vaterstettener Bürgermeister, auf bis zu 40 Prozent der Kosten sollen diese sich belaufen. Damit könnte das Vorhaben wieder attraktiver werden, hofft Spitzauer - nicht nur für auswärtige Investoren. Im vergangenen Jahr hatte es noch geheißen, der Bau der auf rund 25 Millionen Euro geschätzte Geothermiezentrale liege außerhalb dessen, was das Kommunalunternehmen leisten könne - dieses baut und betreibt das Wärmenetz in Vaterstetten. Nun schließt der Bürgermeister zumindest nicht aus, dass das Kommunalunternehmen eine führende Rolle bei der Geothermie spielen könnte: "Wir brauchen sicher einen Partner", so Spitzauer, wie hoch dessen Anteile an dem Projekt dann aber ausfallen, "das müssen wir noch diskutieren.

© SZ vom 30.09.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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