Vaterstetten:Riesenhaus, Riesenzoff

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Seit Jahren gibt es um ein Bauprojekt in der Straße "Am Brunnen" bereits Ärger. Nun befasst sich die Regierung von Oberbayern mit dem Fall

Von Wieland Bögel, Vaterstetten

Für die Nachbarn ist er seit Jahren ein Ärgernis, nun wird der Neubau an der Straße "Am Brunnen" ein Fall für die Regierung von Oberbayern. Dort hat sich FBU/AfD-Gemeinderat Manfred Schmidt über die Gemeinde Vaterstetten beschwert mit der Begründung, dass diese bei dem Vorhaben die Bauaufsicht vernachlässigt habe und möglicherweise die gesamte Baugenehmigung für das Vorhaben fehlerhaft sei.

Wäre es nicht so lästig für die Anlieger, man könnte das Bauvorhaben an der Ecke Biberweg und Am Brunnen als "running gag" bezeichnen. In schöner - oder unschöner - Regelmäßigkeit gibt es um die Baustelle Verdruss. Zum Beispiel wiederholt von Nachbarn, die über auf öffentlichen Straßen und Plätzen abgestelltes Baustellengerät klagten, das dort teilweise monatelang den Verkehr blockierte, aber nicht auf der Baustelle zum Einsatz kam. Denn diese war wegen der Pleite eines Bauträgers teilweise stillgelegt, mehr als drei Jahre dauerte es, bis das Haus einigermaßen fertig war.

Doch auch das Ergebnis gefällt nicht allen, zuletzt wurde Kritik daran auf der Bürgerversammlung in Vaterstetten geäußert. Nachbarn hatten sich darüber beklagt, dass das, was dort entstanden ist, viel zu massiv sei. Tatsächlich ist das Haus geradezu ein Musterbeispiel für Nachverdichtung. So wurde der Neubau teilweise bis an die Grundstücksgrenzen herangebaut. Auch in der Höhenentwicklung wird ausgeschöpft, was geht: Um ein zusätzliches Stockwerk in dem Gebäude unterzubringen, hat man einfach das Erdgeschoss zur Hälfte unter die Erde verlegt. Was alles genehmigungsfähig sei und damit auch genehmigt werden müsse, so Bürgermeister Georg Reitsberger (FW) Anfang Mai auf der Versammlung. Hätte man als Gemeinde den Bauantrag abgewiesen, könnte der Bauwerber dagegen klagen, und das mit sehr guten Erfolgsaussichten.

Dennoch sei nicht alles, was auf dem Grundstück entstanden ist, genehmigungsfähig, davon ist Schmidt überzeugt. In einigen Fällen habe der Bauwerber sich sogar über Vorgaben der Gemeinde hinweggesetzt. So seien weder die drei in der Baugenehmigung geforderte Bäume gepflanzt, noch ein ebenfalls verlangter Kinderspielplatz angelegt worden. Ebenfalls ein Verstoß gegen die Baugenehmigung liege vor, weil bei der "Total-Pflasterung" vor dem Haus nicht wie gefordert ein wasserdurchlässiger Belag auf den Parkplätzen verwendet wurde.

Darum hatte Schmidt auch in einer Sitzung des Bauausschusses im Mai die Anfrage gestellt, ob der Gemeinde diese Vorgänge bekannt seien, und was man dagegen zu tun gedenke. Die Antwort des Bürgermeisters gibt Schmidt nun recht: Man habe "bei Überprüfung der Bauunterlagen" tatsächlich "festgestellt, dass die Errichtung des Kinderspielplatzes sowie die Pflanzung von drei Bäumen ausstehen". Als Reaktion darauf habe man "den Bauherrn (...) entsprechend aufgefordert". Auch werde man sich einen Nachweis dafür zeigen lassen, dass die Stellplätze wie gefordert mit einem wasserdurchlässigen Belag versehen wurden.

Was Schmidt nun zum Anlass für seine Beschwerde nimmt. Schließlich sei erst auf seine Anfrage hin aufgefallen, dass der Bauwerber Vorgaben nicht eingehalten hat, für Schmidt ein klarer Fall von "mangelnder Bauaufsicht". Auch das Zustandekommen der Baugenehmigung könnte nach Auffassung Schmidts fehlerhaft gewesen sein. Weder passe das neue Haus "zum viel beschworenen Gartenstadtcharakter unserer Gemeinde", es nehme auch deutlich mehr Grundstücksfläche ein, als der Vorgängerbau. So habe es dort früher im "nördlichen Teil ausreichende Garten-, Grün- und Wegeflächen" gegeben, nun jedoch könne sich auf das gesamten Areal "kein einziger Grashalm verirren." Für Schmidt erscheint es "daher nicht verständlich, dass eine solche Totalversiegelung der gesamten Grundstücksfläche überhaupt genehmigt worden sein konnte." Darum bittet er die Rechtsaufsicht der Regierung von Oberbayern, die Baugenehmigung zu überprüfen. Außerdem wünscht sich Schmidt von der Regierung "auf der Verwirklichung des Kinderspielplatzes ... sowie der Pflanzung der drei Bäume zu bestehen und die Gemeinde zur Verwirklichung dieser Ziele zu verpflichten."

Eine weitere Forderung ist die Abschaffung der "großen Delegation". Seit Ende der 1990er Jahre ist die Großgemeinde ihre eigene Bauaufsichtsbehörde, eine Aufgabe, die normalerweise im Landratsamt erledigt würde. Grundsätzlich kann jede Kommune mit mehr als 20 000 Einwohnern diese Aufgaben, wie etwa die Erteilung von Baugenehmigungen, selbst übernehmen. Wegen des großen Aufwands, der damit verbunden ist, machen davon allerdings bayernweit weniger als 20 Städte und Gemeinden Gebrauch. Auch Vaterstetten solle darauf wieder verzichten, fordert nun Schmidt und begründet dies mit dem "gravierenden bauaufsichtlichen Defizit" sowie der eventuell fehlerhaften Baugenehmigung. Er regt daher an, die Regierung solle der Gemeinde die Befugnisse einer Unteren Baubehörde wieder entziehen.

Seitens der Bezirksregierung teilt man mit, man werde eine Stellungnahme der Gemeinde zu der Beschwerde einholen und die Angelegenheit prüfen.

© SZ vom 03.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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