Vaterstetten:Rathaus als Bürge

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Vaterstetten garantiert einem Hausbesitzer die Mieteinnahmen, weil dieser an eine bedürftige Familie vermietet. Bürgermeister wie Gemeinderäte sehen darin eine Möglichkeit, Obdachlosigkeit zu verhindern

Von Wieland Bögel, Vaterstetten

Die Großgemeinde geht neue Wege bei der Verhinderung von Obdachlosigkeit. Zum ersten Mal wird Vaterstetten einem Hausbesitzer eine Mietbürgschaft geben, damit dieser Wohnraum an eine Familie vermietet, die auf Sozialleistungen angewiesen ist. Dies beschloss der Gemeinderat am Donnerstag mit großer Mehrheit.

Die Entscheidung dazu fiel hinter verschlossenen Türen. Zwar war der Tagesordnungspunkt zunächst für den öffentlichen Teil vorgesehen, wurde dann aber auf Antrag der stellvertretenden CSU-Fraktionschefin Christl Mitterer in den nichtöffentlichen Teil verschoben. Grund dafür sei, dass einige der Details zu privat seien, um öffentlich debattiert zu werden. Einzelheiten sind trotzdem bekannt, da die Sitzungsunterlagen bereits am Nachmittag auf der Website der Gemeinde eingestellt waren, als der Punkt noch als für die Öffentlichkeit geeignet galt.

Konkret geht es um eine Familie aus Syrien, welche in Vaterstetten als geflüchtet anerkannt ist. Damit wäre laut Gesetz die Gemeinde für deren Unterbringung zuständig, falls die Familie keine eigene Bleibe findet. Eine solche wurde zwar gefunden, der Besitzer und Vermieter verlangt aber zuvor eine Ausfallbürgschaft. Die Laufzeit der Garantie soll bis Ende des Jahres 2023 laufen oder so lange, wie das Mietverhältnis besteht. Die Mietzahlungen sollten abgesichert werden, "falls die staatliche Leistungen auf Grund von Beschäftigungsverhältnissen gekürzt oder eingestellt werden", heißt es in der Vorlage der Verwaltung. Konkret befürchtet der Vermieter wohl den Fall, dass jemand in der Familie zu viel verdienen könnte, um vom Amt Wohngeld zu bekommen, aber zu wenig, um von dem Verdienst die Miete zahlen zu können.

Diese Fälle gebe es tatsächlich, bestätigt Norbert Neugebauer, Büroleiter des Landrates nach Rücksprache mit dem Jobcenter. Allerdings falle dann nicht die gesamte Miete aus, es gebe trotzdem die Möglichkeit Zuschüsse vom Amt zu bekommen - wenn auch nicht immer in voller Höhe, "da kann sich eine Differenz ergeben." Aus Sicht des Landratsamtes als Rechtsaufsichtsbehörde ist an einer solchen Bürgschaft wie sie Vaterstetten leisten will, nichts auszusetzen. "Für die Gemeinde ist das immer noch besser, als dass sie keine Unterkunft für ihre Obdachlosen bekommt", sagt Neugebauer.

Auch für Vaterstettens Bürgermeister Georg Reitsberger (FW) ist dies eine Lösung, von der alle profitieren. Nicht nur die Familie und der Vermieter hätten einen Vorteil, auch für die Gemeinde sei die Mietbürgschaft positiv. Reitsberger erinnert daran, dass schließlich die Kommunen für die Unterbringung von Obdachlosen zuständig sind, da solle man doch lieber frühzeitig verhindern, dass Menschen überhaupt obdachlos werden. "Das ist besser, als wenn wir Pensionszimmer anmieten müssten", sagt der Bürgermeister. Auch in finanzieller Hinsicht sei die Bürgschaft für die Gemeinde die beste Lösung: "Das kostet uns nichts, das Risiko dabei ist klein."

Ähnlich sieht man es in den Fraktionen, auch hier ist man der Meinung, eine Entscheidung getroffen zu haben, die kein Risiko für die Gemeinde bedeutet: "Das wird nie zum Tragen kommen", sagt CSU-Fraktionschef Michael Niebler über die Ausfallbürgschaft, schließlich sei die Miete durch das Jobcenter abgesichert. SPD-Fraktionssprecher Sepp Mittermeier lobt die Verwaltung ausdrücklich dafür, das nun beschlossene Vorgehen vorgeschlagen zu haben, "die haben einen guten Job gemacht." Wie Niebler und Reitsberger sieht er auch vor allem Vorteile für die Gemeinde. "In dieser Situation ist das die vernünftigste Lösung - auch aus wirtschaftlichen Gründen." Denn das Risiko, die Bürgschaft tatsächlich leisten zu müssen, schätzt auch Mittermeier als äußerst gering ein. Außerdem bedeute diese Lösung auch deutlich weniger Aufwand für die Gemeinde, als etwa selber ein Haus oder eine Wohnung an- und an die Bedürftigen unterzuvermieten. "Damit wären wir langfristig verpflichtet", gibt auch Grünen-Fraktionschef Axel Weingärtner zu bedenken, nun bleibe die Vermietung Sache des Eigentümers und der Bewohner.

Einen Präzedenzfall stelle das nun beschlossene Vorgehen auf keinen Fall dar, ist man sich bei den Fraktionssprechern sicher. Dazu sei die Situation "viel zu speziell", sagt Weingärtner, auch Mittermeier sieht hier eine einmalige Sache, genau wie Niebler: "Das ist eine klassische Einzelfall-Lösung aus sozialen Gründen", ein Nachahmer-Effekt sei darum ausgeschlossen. "Es kann jetzt nicht jeder kommen" und eine ähnliche Bürgschaft von der Gemeinde verlangen, ist der CSU-Fraktionssprecher überzeugt.

© SZ vom 11.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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