Einheimischenbauland:Nur solange der Vorrat reicht

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Im Norden Vaterstettens wird groß gebaut, ein Teil des neuen Wohngebietes soll vergünstigtes Einheimischenbauland werden. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

In Vaterstetten wird bald wieder Bauland für Einheimische vergeben - vielleicht zum letzten Mal

Von Wieland Bögel, Vaterstetten

Die Großgemeinde wird gerade wieder ein Stück größer, im Norden Vaterstettens entsteht ein Wohngebiet für bis zu 1500 Einwohner. Damit diese nicht nur Spitzenverdiener sind, sollen einige Wohnungen und Baugrundstücke im Rahmen des Einheimischenmodells vergünstigt abgegeben werden. Die Kriterien für die Vergabe hat der Gemeinderat nun erneut geändert, nachdem dazu kürzlich neue Leitlinien der EU erlassen wurden. Trotz einstimmigem Votums für die Änderungen gab es viel Kritik an der neuen Rechtslage und die Forderung, künftig andere Wege zu suchen, um bezahlbaren Wohnraum zur Verfügung zu stellen.

Wichtigste Änderung der Vergabekriterien ist, dass künftig die Ortsansässigkeit anders bewertet werden muss. Durfte sich früher nur bewerben, wer bereits eine bestimmte Zeit am Ort gelebt oder gearbeitet hatte, darf dies nach den neuen EU-Vorgaben kein Ausschluss-Kriterium mehr sein.

Die EU bestimmt die Regeln mit

Hintergrund, so erläuterte es Zweiter Bürgermeister Martin Wagner (CSU), war ein Streit in Belgien zwischen Flamen und Wallonen, um die Vergabe von Bauland für die jeweils eigene Bevölkerungsgruppe. In der Folge hatte die EU entsprechende Regelungen für nichtig erklärt - mit den bekannten Folgen für das hiesige Einheimischenmodell. Gewertet werden darf Ortsansässigkeit indes im Rahmen eines Punktekataloges weiterhin, dabei darf sie aber nicht mehr als die Hälfte der zu vergebenden Punkte ausmachen. In Vaterstetten gibt es nun 15 Punkte für jedes Jahr in der Gemeinde, maximal gibt es so 75 Punkte von insgesamt 200. Bis zu 25 Punkte kann sammeln, wer sich ehrenamtlich engagiert.

Eine weitere Neuerung ist, dass die Einkommensobergrenzen weiter angehoben werden dürfen. Bislang konnte sich in Vaterstetten bewerben, wer als Alleinstehender nicht mehr als 40 000 Euro im Jahr verdient, für Paare galt die doppelte Summe. Laut EU soll sich die Grenze dagegen am Durchschnittseinkommen orientieren, aber nicht mehr als 51 000 Euro pro Person und 102 000 Euro für Paare betragen - was in Vaterstetten indes nicht möglich ist. Denn hier liegt das Durchschnittseinkommen bei mindestens 54 000 Euro pro Person und Jahr - oder sogar noch höher, da die Daten aus dem Jahr 2010 stammen. Als neue Einkommensgrenze wurde nun 45 000 Euro pro Person festgesetzt.

Ältere Kinder bringen weniger Punkte

Ebenfalls neu ist, dass die Zahl der Kinder nicht unbegrenzt den Punktestand erhöht. Pro Kind unter zwölf Jahren gibt es zwölf Punkte, für 13- bis 18-Jährige nur noch zehn, allerdings nur für die ersten drei Kinder. Damit will man zumindest einen Rest des alten Einheimischenmodells retten, wie Andreas Ruoff vom Einwohnermeldeamt erklärte. Durch die Deckelung bei der Punktevergabe für die Zahl der Kinder solle verhindert werden, dass Familien, die schon lange in der Gemeinde wohnen, gegenüber sehr kinderreichen Familien ohne Ortsbezug benachteiligt werden. "Es ist eine schwierige Sache", so Bürgermeister Georg Reitsberger (FW), "wir haben versucht, es allen recht zu machen."

Was offensichtlich nicht ganz gelungen ist: "Das ist doch kein Einheimischenmodell mehr", meinte Renate Will (FDP), "es ist nicht erfreulich, dass wir es so anpassen müssen." Wenigstens sei die Einkommensgrenze angehoben worden, wie er es selbst früher bereits gefordert habe, kommentierte Herbert Uhl (FW) die neuen Richtlinien. Er hätte aber lieber den Rahmen von 51 000 Euro pro Person voll ausgeschöpft, "wenn wir bei unseren hohen Bodenpreisen nicht an die Obergrenze gehen, wer sonst?"

Tatsächlich liegt der amtlich festgestellte Richtwert aktuell in Vaterstetten bei 1350 Euro pro Quadratmeter, das vergünstigte Bauland soll 607,50 Euro kosten. Angesichts dieser Differenz kritisierte Uhl, dass die Bindungsfrist - also die Dauer, bis zu der bei Wiederverkauf Geld zurückgezahlt werden muss - auf lediglich zehn Jahre festgelegt wurde. Was allerdings auch eine Vorgabe der EU ist. Wenn die Häuser "gleich wieder auf den freien Markt kommen, können wir endlos bezahlbaren Wohnraum schaffen", so Uhl.

Dies kritisierte auch Stefan Ruoff (Grüne), "man kann nur jedem raten, sich zu bewerben, da hat man in zehn Jahren 100 000 Euro verdient." Er sei eigentlich immer ein Befürworter des Einheimischenmodells gewesen, "aber in Zukunft sollten wir vielleicht andere Sachen machen", etwa genossenschaftlichen Wohnungsbau fördern. Eine Idee, der man auch bei der CSU etwas abgewinnen kann. Wenn sich die Rechtslage nicht ändere, so Wagner, "bin ich auch dafür, künftig das Genossenschaftsmodell zu machen." Eine Aussage, die bei der SPD auf Zustimmung stieß: "Da sind wir uns ja einig", meinte Dritter Bürgermeister Günter Lenz.

Zumindest ein Mal wird in Vaterstetten aber noch nach dem Einheimischenmodell vergeben und das Interesse ist hoch. Für die neun Wohnungen, sechs Doppelhaushälften und 31 Reihenhäuser haben sich bisher 630 Bewerber angemeldet - die Zahl könnte noch steigen. Laut Auskunft der Verwaltung läuft die Bewerbungsfrist noch bis nach den Pfingstferien. Mehr Informationen dazu gibt es auf der Gemeindewebsite unter dem passenden Stichwort: "Wohnen in Vaterstetten ist ein Glücksfall!"

© SZ vom 08.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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