Vaterstetten:Nur Papier ist geduldig

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Gemeinderäte von CSU/SPD/Grünen fordern bessere Berichterstattung über ihre Arbeit im Gemeindeblatt

Von Wieland Bögel, Vaterstetten

Offizielle Post zu erhalten ist ein zweifelhaftes Vergnügen. Nicht selten geht es um unangenehme oder anstrengende Dinge, wird man zur Zahlung von Steuern, Gebühren, Strafzetteln aufgefordert. Doch einmal im Monat hat der Gang zum Briefkasten zumindest keine unangenehmen Folgen. Immer dann, wenn sich darin die neueste Ausgabe des Gemeindeblattes findet. Bunt und informativ und vor allem harmlos kommt es daher - dachte man zumindest bislang. Für einige Gemeinderäte in Vaterstetten hingegen gibt das kommunale Blättchen Anlass zur Verärgerung.

Denn, so kritisierten die Fraktionen von CSU, SPD und Grünen kürzlich in einem gemeinsamen Antrag, die Arbeit der Gemeinderäte komme im Gemeindeblatt zu kurz. Gefordert wurde daher, dass "künftig über den Inhalt und die jeweiligen Abstimmungsergebnisse der Gemeinderatssitzungen in geeigneter Form berichtet wird". Darüber jedoch, was eine solche Form sein könnte, gingen die Meinungen auseinander.

SPD-Fraktionssprecher Sepp Mittermeier verwies als Beispiel auf die Nachbargemeinde Poing, wo im Gemeindeblatt ausführlich die Beschlüsse der Gremien nachzulesen sind. Für die Antragsteller gehört aber auch unbedingt berichtet, wer wofür und wogegen gestimmt hat, wie Grünen-Fraktionssprecher Axel Weingärtner erläuterte. Für Wolfgang Schermann, Fraktionschef der Freien Wähler kam das nicht in Frage - zumindest nicht ohne zusätzliche Informationen: Wenn man das Abstimmungsergebnis schon so genau veröffentliche, sollte es auch Gelegenheit geben, das Votum zu begründen, forderte Schermann. Einfach nur zu schreiben, wer irgendwo dagegen gestimmt hat - "da bin ich dagegen."

Wer ausführlichere Informationen zum Abstimmungsverhalten eines oder mehrerer Gremienmitglieder wünsche, könne den oder die betreffenden Kollegen doch einfach kontaktieren, schlug Weingärtner vor: "Es gibt E-Mail, oder man kann einfach anrufen." Er selbst hätte jedenfalls kein Problem damit, sein Stimmverhalten fernmündlich zu erläutern. Auch Renate Will (FDP) fand, dass es ausreiche, das Ergebnis der Abstimmung im Gemeindeblatt mitzuteilen: "Ich sehe nicht, dass da auch noch eine Begründung dazugehört."

Ganz im Gegensatz zu Manfred Schmidt (FBU/AfD), der dafür bekannt ist nur sehr selten einem Antrag zuzustimmen, den er nicht selbst gestellt hat. Eine Gremien-Berichterstattung im Gemeindeblatt müsse Gelegenheit für Begründungen geben, forderte auch er. Begründen könne er durchaus, entgegnete Will, aber eben nicht im Gemeindeblatt: "Sie stehen doch in so gutem Kontakt mit den Bürgern, die können Sie doch direkt fragen." Mittermeier fand, dass Schmidt ohnehin keinen Grund habe, sich über zu wenig Aufmerksamkeit im Gemeindeblatt zu beklagen: "Sie hatten doch einen eigenen Artikel in der aktuellen Ausgabe."

Tatsächlich hatte Schmidt in der Juli-Ausgabe über eine Radtour des Gemeinderates zur Besichtigung der Ausgleichsflächen - "die auf Anregung von Gemeinderat Manfred Schmidt einmal jährlich stattfindet" - berichtet und war auch als Autor angegeben worden. Eine Tatsache, die einigen Gemeinderäten Gelegenheit gab, sich erstens als nur sporadische Leser des Blättchens erkennen zu geben, indem sie sich zweitens über Schmidts Ausflug in die Welt der schreibenden Zunft echauffierten.

Bürgermeister Georg Reitsberger (FW) bemühte sich, die Wogen zu glätten: Grundsätzlich dürfe jeder Bürger Texte einreichen, die dann auch veröffentlich würden. Und Schmidt sei nach dem Ausflug eben "sehr fleißig gewesen" und habe gleich einen Bericht dazu verfasst. Weder dies, noch die Versicherung seines Büroleiters Georg Kast, dass die Gemeinde dafür kein Honorar zahle, vermochten die Gemeinderäte komplett von der Harmlosigkeit des Artikels zu überzeugen. "Neutral ist das nicht", ärgerte sich Will, "ich wundere mich, dass der Aufschrei nicht größer ist". Eigentlich "müsste von den Fraktionen jetzt jeder einmal drankommen", befand er. Eine Idee, mit der sich auch Weingärtner anfreunden konnte: "Ich schreibe dann einen Bericht vom Straßenfest", sagte er. Reitsberger kündigte an, künftig "besser darauf aufpassen" zu wollen, dass die Neutralität im Gemeindeblatt gewahrt bleibe: "So was kommt nicht mehr vor".

Gegen die Stimmen der Freien Wähler und Schmidts wurde die verbesserte Berichterstattung über Ausschuss- und Gemeinderatssitzungen beschlossen. Zumindest für die Mehrheit der Gemeinderäte gibt es damit gelegentlich erfreuliche Post im Briefkasten.

© SZ vom 25.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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