Vaterstetten:Notnagel für Obdachlose

Lesezeit: 3 min

Vaterstetten will sich an der geplanten interkommunalen Unterkunft der Diakonie beteiligen. Eine spürbare Entlastung bei der Unterbringung erwartet man in der Gemeinde dennoch nicht

Von Wieland Bögel, Vaterstetten

Die Unterbringung von Obdachlosen wird in der Großgemeinde zunehmend schwierig. Trotz der neuen Unterkunft im ehemaligen Polizeicontainer neben dem Rathaus geht man seitens der Verwaltung davon aus, dass "unsere Kapazitäten ganz schnell erschöpft sein" könnten. Die Verwaltung empfahl daher nun im Gemeinderat, dass sich Vaterstetten an der geplanten interkommunalen Obdachlosenunterkunft der Diakonie beteiligt, was das Gremium ohne Gegenstimmen beschloss. Die aktuelle Situation bei der Unterbringung von Obdachlosen, zu der die Gemeinden verpflichtet sind, stellte Andreas Ruoff, Leiter der Abteilung Öffentliche Sicherheit und Ordnung, Sozial- und Personenstandsrecht vor. Bis vor einigen Wochen brachte die Gemeinde Vaterstetten Obdachlose in einer Unterkunft am Wertstoffhof unter. Diese wird demnächst abgerissen, auf dem Grundstück wird der Freistaat heuer eine Einrichtung für Flüchtlinge bauen. Zwar entstehen dort auch Zimmer für Obdachlose, aber bis die neue Unterkunft fertig sein wird, dürfte es mindestens bis Mitte des Jahres dauern.

Die Gemeinde hat darum im Herbst die ehemalige Polizeistation zu einer Obdachlosenunterkunft umgebaut. Vier Zimmer sind dort entstanden, eines davon für Familien, ein weiteres ist als Einzelzimmer für Frauen vorgesehen. Die beiden übrigen Zimmer könnten maximal mit je drei Personen belegt werden, so Ruoff. Bereits jetzt lebten in der Unterkunft vier alleinstehende Männer und eine Frau. Möglicherweise müsse noch in dieser Woche eine Familie mit Kindern dort einziehen.

Denn, auch darauf verwies Ruoff, die Klientel habe sich sehr verändert. So waren in den vergangenen Jahren die Bewohner in der Obdachlosenunterkunft ausschließlich alleinstehende Männer. Inzwischen müsse die Gemeinde aber auch immer mehr Frauen unterbringen, "und es sind mittlerweile Familien mit Kindern von Obdachlosigkeit betroffen". So hat die Gemeinde aktuell eine fünfköpfige Familie in einer Personalwohnung untergebracht.

Gerade für obdachlos gewordene Familien, etwa nach einer Zwangsräumung, sei es sehr schwierig, schnell geeignete Räume zu finden, erläuterte Ruoff. Da die Gemeinde aber verpflichtet ist, Obdachlose unterzubringen, "bleibt meist nur die sehr teure Unterbringung in einer Pension." Dies kostet laut Ruoff mindestens 50 Euro pro Nacht und Person, also 1500 Euro pro Monat. Das meiste davon muss die Gemeinde selbst bezahlen, da lediglich "ein sehr geringer Teil von der Hartz IV-Behörde erstattet" werde. Zudem sei es oft kaum möglich, überhaupt kurzfristig einen Platz in einer Pension zu finden: "Während der Messe- oder Oktoberfestzeit ist es schlichtweg unmöglich." Es gebe aber noch ein weiteres Problem, so Ruoff, "unter den Bewohnern sind auch psychisch kranke Personen". Diese gälten zum einen als "nicht mietfähig", hätten also "auf lange Sicht keine Aussicht auf einen Auszug aus der Unterkunft". Zum anderen bräuchten diese Menschen auch Betreuung, etwa durch Sozialpädagogen, was die Gemeinde aber nicht leisten könne.

In der geplanten Sammelunterkunft der Diakonie sei eine solche Betreuung aber gewährleistet. Auch preislich sei das Angebot deutlich günstiger als auf dem freien Markt, pro Platz und Tag würden 17 Euro fällig. Weitere Kosten sollen den beteiligten Kommunen nicht entstehen. Allerdings sind auch die neuen Kapazitäten begrenzt: Die Diakonie plant zwei Einrichtungen, eine im Norden und eine im Süden des Landkreises mit je zehn Plätzen.

Dass sich dadurch die Probleme bei der Obdachlosenunterbringung wohl nicht werden lösen lassen, war Konsens im Gremium: "Das ist nur ein Tropfen auf den heißen Stein", meinte Jo Neunert (SPD). "Wir werden mehr Plätze brauchen", erwartet Renate Will (FDP). Davon geht auch Bürgermeister Georg Reitsberger (FW) aus: "Das ist nur ein Notnagel für uns."

Wie nötig dieser ist, zeigte sich bereits Anfang dieser Woche. Am Montag gab Bürgermeister Reitsberger bekannt, dass die Obdachlosenunterkunft am Rathaus erweitert wird. Die Gemeinde hat drei zusätzliche Wohn- und zwei Sanitärcontainer beschafft, die demnächst auf dem Parkplatz vor der ehemaligen Polizeistation aufgestellt werden sollen. Hintergrund ist, dass anerkannte Asylbewerber, wenn sie keine Wohnung finden, als Obdachlose in die Zuständigkeit der Gemeinden fallen. Derzeit dürfen sie zwar noch in den Flüchtlingsunterkünften als sogenannte Fehlbeleger bleiben, das Landratsamt hat aber bereits erklärt, dass man, sollte die angespannte Lage in den Flüchtlingsunterkünften anhalten, die Gemeinde hier in die Pflicht nehmen werde. In Vaterstetten wären mindestens drei Personen davon betroffen.

© SZ vom 26.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: