Vaterstetten:Groß ohne Markthallen

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Auch nach dem Rückzieher der Fruchthändler wird nördlich der A 94 in Parsdorf bald Gewerbe angesiedelt

Von Wieland Bögel, Vaterstetten

Über eine bereits gefallene Entscheidung zu debattieren, noch dazu, wenn es nicht die eigene ist, macht wenig Freude. Dementsprechend knapp fiel nun im Vaterstettener Gemeinderat die Aussprache zu einem Antrag der Parsdorfer Bürgerversammlung aus. Diese hatte gefordert, die Gemeinde möge sich gegen die Ansiedelung der Münchner Großmarkthallen nördlich der A 94 aussprechen. Am Vortag der Gemeinderatssitzung war dies aber durch den Münchner Stadtrat bereits erledigt worden, dieser votierte für einen Neubau am alten Platz in Thalkirchen.

"Eine Beschäftigung mit dem Thema ist nicht mehr notwendig", befand daher Vaterstettens Wirtschaftsförderer Georg Kast, jede Debatte sei nach dem Beschluss der Münchner "obsolet". Der Gemeinderat solle das Thema für "geschäftsordnungsmäßig erledigt" erklären. Etwas zu schnell für SPD-Fraktionschef Sepp Mittermeier. Zwar habe sich das mit den Markthallen tatsächlich erledigt, nicht jedoch die Planungen für das Areal, das als deren neuer Standort diskutiert wurde: "Ich habe den Eindruck, dass durchaus noch Überlegungen da sind, dort ein Gewerbegebiet zu entwickeln." Was man im Prinzip ja tun könne, aber "bevor man die nächste Sau durch Parsdorf treibt, sollte man einmal darlegen, wie die Sau aussehen soll". Mittermeier forderte, einen Kriterienkatalog zu erarbeiten, welches Gewerbe angesiedelt werden soll und unter welchen Bedingungen.

Eine Abstimmung darüber wurde allerdings auf Wunsch der CSU vertagt. "Wir sind nicht grundsätzlich gegen einen Kriterienkatalog und könnten dem auch zustimmen", meinte Fraktionschef Michael Niebler, aber ein in der Sitzung gestellter Antrag sei ihm zu kurzfristig. "Wir würden es gerne in Ruhe überlegen", so Niebler und schlug eine Befassung in der Septembersitzung vor. Schließlich sei die Sache nicht eilig, in der Urlaubszeit werde sicher kein Gewerbe in Parsdorf angesiedelt.

Die Voraussetzungen dafür könnten indes tatsächlich in den kommenden Wochen geschaffen werden. Aktuell gehören die potenziellen Gewerbeflächen noch zum Versuchsgut Grub und damit dem Freistaat. Andere Flächen zwischen Parsdorf und Neufarn dagegen sind seit geraumer Zeit im Besitz der Firma VGP European Logistics, eine belgisch-luxemburgische Gesellschaft, die sich auf Bodenspekulationen in Zusammenhang mit Gewerbegebieten spezialisiert hat. Auf ein solches spekulierte man damals auch östlich von Parsdorf - allerdings hatte die Gemeinde eine Entwicklung in diese Richtung ausgeschlossen, um ein Zusammenwachsen der Ortschaften zu vermeiden.

Daher wäre man bei der VGP an einem Tausch der Flächen mit jenen des Staatsgutes interessiert, dies war bereits vor einigen Jahren im Gespräch, als Vaterstetten und Poing über ein interkommunales Gewerbegebiet in Grub nachdachten. Aus dem Projekt wurde bekanntlich nichts, seitdem liegen die Pläne für ein Gewerbegebiet nördlich der A 94 auf Eis. Grund dafür, dass Vaterstetten und der Investor die Flächen nicht alleine entwickeln konnten, liegt an einer Vorschrift, die bislang im Landesentwicklungsprogramm (LEP) stand: das Anbindegebot. Dieses schreibt vor, dass neue Gewerbegebiete nur angrenzend an bestehende Bebauung entstehen dürfen - die Vaterstettener hätten also die Poinger gewissermaßen als Brücke gebraucht. Im neuen LEP ist das Anbindegebot dagegen so gut wie aufgehoben, nun reicht als Anbindung bereits der Anschluss an eine übergeordnete Straße mit Verbindung zur Autobahn - wie es im Norden der A 94 der Fall ist. Nur darum wäre auch eine Ansiedelung der Großmarkthalle an der Stelle überhaupt möglich gewesen.

All dies bestätigt auch Wirtschaftsförderer Kast auf Nachfrage, zum Stand der Verhandlungen zwischen Freistaat und Investor will er sich indes nicht äußern. Er verweist aber darauf, dass, selbst wenn der Flächentausch zeitnah über die Bühne gehen sollte, das Grundstück an der A 94 immer noch kein Gewerbegebiet sondern Ackerland sei. Die Umwidmung müsse schließlich erst der Gemeinderat beschließen. "Wir werden das Heft des Handelns in der Hand behalten", sagt Kast, dies betreffe auch die Entwicklung des Gewerbegebietes selbst. Geht es nach dem Wirtschaftsförderer, soll die Gemeinde diesmal deutlich mehr mitreden als bei der Entwicklung des bislang letzten großen Gewerbegebietes in Parsdorf. Dabei könne ein Kriterienkatalog, wie ihn die SPD gefordert hat, durchaus nützlich sein: "Das ist grundsätzlich eine gute Idee." In den Sommerferien wolle er sich mit den Antragstellern treffen und einen Entwurf eines Kataloges erarbeiten.

© SZ vom 31.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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