Vaterstetten:Gratis-Hendl von der Gemeinde

Lesezeit: 2 min

Es ist Volksfestzeit in Vaterstetten und für Hendl gilt Mitnahmeverbot. Die Senioren zeigen sich von der Anordnung des Bürgermeisters allerdings nicht beeindruckt.

Wieland Bögel

Vaterstetten-"Eine liebgewonnene Tradition" sei der Seniorennachmittag auf dem Volksfest, meint Bürgermeister Robert Niedergesäß in seiner Begrüßung. Er freut sich über das "traditionell volle Zelt" und klärt seine Zuhörer darüber auf, dass die Tradition des Seniorentages mittlerweile so stark sei, dass sie selbst im Gemeinderat zu merken sei. Denn dort gebe es seit Jahren eine traditionelle Diskussion um die Volksfesteinladung für ältere Gemeindebürger, so Niedergesäß. "Jedes Jahr wird die Frage gestellt: Muss das sein?"

Denn Vaterstetten lässt sich den Seniorentag einiges kosten: Jeden Bürger, der älter als 70 ist, lädt die Gemeinde auf eine Maß Bier und ein halbes Hendl ein. Rund 3500 Einladungen wurden heuer verschickt. Und die meisten Eingeladenen nahmen das Angebot auch heuer wahr, bis zum frühen Montagnachmittag haben an die 1800 Senioren ihre Brotzeitmarken abgeholt. Und ihnen versichert Niedergesäß, auch in den kommenden Jahren werde es dazu Gelegenheit geben. Forderungen nach Einsparungen erteilte er eine klare Absage: Der Seniorennachmittag sei ein Dankeschön Vaterstettens an seine älteren Bürger, die viel für die Gemeinde geleistet hätten. Auch den Vorschlag, das Mindestalter der Eingeladenen auf 75 Jahre heraufzusetzen, lehnt Niedergesäß ab, stattdessen begrüßt er die 70-jährigen als "die Jungen, die heute zum ersten Mal dabei sind".

Eine der Forderungen der Kritiker des Seniorennachmittages scheint allerdings in diesem Jahr erfüllt worden zu sein: Es gibt nichts mehr zum Mitnehmen. Zumindest steht es heuer so auf der Einladung: "Aus organisatorischen Gründen", so heißt es dort, könne das Hendl "ausschließlich an den Tischen serviert werden." Genau dies war vor einigen Wochen eine Forderung im Gemeinderat gewesen: Die Veranstaltung solle der Kommunikation im Festzelt dienen, begründete FBU-Gemeinderat Manfred Schmidt seinen Antrag. Dazu sei es nötig, die Senioren zum Vor-Ort-Verzehr zu zwingen.

Doch ein direktes Mitnahmeverbot für gegrilltes Geflügel gebe es auch heuer nicht, versichert Festwirt Walter Dausinger. Wer sein Hendl zuhause verzehren möchte, dem werde es eingepackt. Allerdings sei es im vergangenen Jahr zu einem Engpass am Grill gekommen, erklärt Dausinger. "Um Punkt 12 Uhr haben alle ihre Hendl geholt," sagt der Wirt, für die Gäste im Zelt sei dann kein Geflügel mehr übrig gewesen.

Diese Hühnerknappheit habe zu "berechtigten Beschwerden" geführt, bestätigt Bürgermeister Niedergesäß. Deshalb wolle man heuer die Situation entzerren, erklärt Grammatiki Ebertowski von der Rathausverwaltung. Wer sein Hendl im Zelt genießen möchte, solle dies am Montag tun, wer das Knuspergeflügel lieber daheim verzehrt, war angehalten, seinen Gutschein erst dienstags einzulösen. Ein Mitnahmeverbot sei dies nicht, beruhigt Ebertowski, auch gestern konnte man sich seine Brotzeit einpacken lassen.

Bei den anwesenden Senioren ist das ohnehin kein Thema. "Hier essen oder mitnehmen, das soll doch jeder machen wie er will," meint Josef Kunsky. Allerdings verpasse man zuhause die gute Stimmung im Zelt, meint seine Frau Edeltraud. "Wir sind wegen der Atmosphäre hier, nicht wegen der Hendl." Auch Siegfried Gaeler freut sich über das fröhliche Beisammensein, dass es heuer keine Brotzeit zum Mitnehmen geben soll, stört ihn überhaupt nicht. "Ich hätte mein Hendl sowieso hier gegessen", meint er. Das Schönste am Seniorennachmittag sei es doch ohnehin, Leute zu treffen, sagt Anneliese Ziegler. Die Aufforderung zum Direktverzehr von geflügeltem Grillgut "ist mir egal; wir haben schon immer hier gegessen", meint Ziegler. Falls die Portionen dafür zu groß sind, hat sie einen Brotzeitbeutel dabei:"Was wir nicht packen, das packen wir ein."

© SZ vom 21.07.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: