Vaterstetten:Geplatzte Vision vom Bürgersaal

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Nach elf Jahren Diskussion steht Vaterstetten wieder am Anfang: Das Megaprojekt Bürgersaal droht, an der klammen Finanzlage zu scheitern. Nun ist sogar ein Abriss des Rathauses im Gespräch.

Lars Brunckhorst

Das war's dann wohl mit dem bisherigen Entwurf für ein Ortszentrum samt Bürgersaal: Nach elf Jahren der Diskussion und Planung sucht die Gemeinde Vaterstetten nach einer neuen Lösung. Weil eine Realisierung des Megaprojekts an den klammen Finanzen der Großgemeinde zu scheitern droht, sollen nun voraussichtlich Investoren das Vorhaben retten. Dazu ist aber ein kompletter Neuanfang nötig. Für diesen wird sogar ein Abriss des Rathauses erwogen.

Rathaus in Vaterstetten: Der bisherige Entwurf für ein Ortszentrum samt Bürgersaal muss überdacht werden. Nun wird sogar ein Abriss des Rathauses erwogen. (Foto: Christian Endt)

Was der Gemeinderat am Donnerstagabend diskutierte, ist ein grundsätzlicher Strategiewechsel, wie es SPD-Fraktionschef Günter Lenz ausdrückte. Gar von einer "Zäsur" sprach Bürgermeister Robert Niedergesäß (CSU) angesichts des Vorschlags, den eine interfraktionelle Arbeitsgruppe dem Gemeinderat vorlegte. Dieser sieht nicht weniger vor, als die bisherige Planung des Dresdner Architekten Heiko Schellenberg für das Areal rund ums Rathaus aufzugeben.

Die Arbeitsgruppe regt explizit die "Verabschiedung vom Schellenbergschen Entwurf Bürgersaal einschließlich Standort" und überdies den Abriss des Rathauses an. Auf diese Weise soll die gesamte 26.000 Quadratmeter große Fläche zwischen Wendelsteinstraße, Möschenfelder Straße und Polizei frei werden für eine völlig neue Überplanung. Diese soll in einem EU-weiten Investorenwettbewerb erfolgen.

Die Arbeitsgruppe verspricht sich davon nach den Worten ihres Sprechers, Vize-Bürgermeister Martin Wagner (CSU), schlicht die Rettung des Projekts. Der bisherige Entwurf sei auf absehbare Zeit nicht zu verwirklichen: 15 bis 20 Millionen Euro würde wohl allein der Bürgersaal kosten. Von Investoren erwartet man sich eine für die Gemeinde deutlich kostengünstigere und auch schnellere Realisierung. Und noch eine Hoffnung knüpft sich an die Investorenlösung: der Bau eines Kinos, das noch in Baldham geplant ist, dessen Verwirklichung aber seit Jahren nicht vorankommt.

Die Schattenseite des Neufangs ist nach den Worten von SPD-Fraktionschef Lenz allerdings, dass die bisherigen Planungskosten "in den Sand gesetzt sind". Diese summieren sich einschließlich des städtebaulichen Ideenwettbewerbs, den der Dresdner Architekt Schellenberg vor sieben Jahren unter 335 Teilnehmern gewonnen hatte, und seines Honorars auf annähernd eine Million Euro.

Bürgermeister Niedergesäß plädierte am Donnerstagabend im Gemeinderat dennoch dafür, die neuen Vorschläge "ohne Scheuklappen" zu verfolgen. Dazu gehört für ihn auch, "sich Gedanken über die Zukunft des Rathauses zu machen". Ein Abriss des etwa vierzig Jahre alten und stark sanierungsbedürftigen Gebäudes war erstmals vor einem Jahr von den Grünen ins Gespräch gebracht, aber von der CSU abgelehnt worden. Grünen-Fraktionschef Robert Winkler stellte daher am Donnerstag erfreut fest, dass es der Arbeitsgruppe gelungen sei, die "verkrustete" Diskussion aufzubrechen.

Auch wenn auf Wunsch der SPD noch keine Entscheidung fiel - die Fraktion hatte um Bedenkzeit gebeten - und CSU-Chef Michael Niebler betonte, man sei "noch nicht so weit, die bisherigen Pläne aufzugeben", so zeichnete sich bereits eine klare Mehrheit ab, im September das neue Planungsverfahren auf den Weg zu bringen.

Dieses wird nach Einschätzung des Rathauses wohl mindestens zwei Jahre dauern, so dass frühestens 2013 mit einem Baubeginn zu rechnen ist. Wann das Ortszentrum mit Geschäften, Bürgersaal und eventuell einem neuen Rathaus fertig werden könnte, ist noch schwer abschätzbar.

© SZ vom 10.07.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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